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„Das wilde Tier"

Der englische Minister für Pensionen, Barnes,
sagte in einer Rede in Southwark: „Der deutsche
Friedensvor'chlag war kein wirklicher Friedens-
vorschlag. Wir können über unsere Friedeusbedin-
gungen keine Verhandlungen mit einem wilden
Tiere eingehen."

Wenn wir schon sonst als „Hunnen" und

„Barbaren"

Der Menschbeit Grenzen stark benachbart waren,
So haben wir sie jetzo überschritten
Und sind ins Zoologische geglitien.

Und gleich so tief! Anstalt zu sanften Hammeln
Im grünen Klee uns harmlos zu versammeln,
Verleugnen wir der Frommheit letztes R stchen
Und landen zähnefletschend bei den Bestien.

O groher Barnes, Minister der Pensionen,
Verzeihe, daß wir nicht im Schafstall wohnen,'
Uns nicht zum Frühstück lassen frikassieren,
Vielmehr mit Fang- und Reißzahn protestieren.
Wir blieben last zu lange schon im Rahmen
Der Allzumilden und der Allzuzahmen;

Schon schalt Marianne frech uns die „Timiden",
Die jeden Preis bezahlten für den Frieden.

Erst, als das Raubzeug nahte unfern Borden,
Sind wir im besten Sinne „wild" geworden,

Im besten Sinn: in Ehren, nie in Schande!
Nicht etwa wie vom „Baralong" die Bande,
Nicht etwa so, wie jene Erzverruchten,

Die unfern Crampton stumm zu machen suchten!
Der alte Furor ist s, der stets erwachte,

Wenn unsre Freiheit man zu drosseln dachte,
Der Eurer Raubsucht trutzig weist die Schranken
Und unsre Scholle schützt mit Löwenpranken.
Das ist die „Wildheit", die wir unterschreiben,
Und bis Ihr zahm seid, werden wir so bleiben!

Georg; Kiesler

*

„Wie lange dersen S'denn noch dableiben?"

Jeder Feldsoldat wird mir beistimmen daß einem
nichts die paar Aufenthaltstage in der Primat so
verleide» kann, wie die ewiae Frag rei eines jeden
Begegnenden: „wie lange dersen S'denn noch da-
bleiben ?"

Frua mich wieder einmal Liner: „Dersen S’
noch dableiben?"

Ich (düster): „Leider!"

Er: „Leider?"

Ich: „Ja leider!"

Ec (das Interesse wächst): „warum leider?"
Ich: „Ja, sehen Sie: da wstd man alle Augen-
blicke gefragt: ,Dersen S' noch dableiben?‘ — Und,
schauen S', das halten meine Nerven halt nicht
mehr aus. Da Hab' ich angefangen, zur zeitweise»
Entspannung meiner Nerven jeden Zehnten der
Frager totzuschlagen. Jeden Zehnten, das genügt
für den Zweck!"

Er : „Totzu-!"

Ich (freundlich lächelnd): „Ja, totzuschlagen! —
Mein Gott, was will man machen, die Nerven ver-
langen eben ihr Recht. Und dann, w e getagt, nur
jeden Zebnten. Sie haben Glück gehabt, Sie waren
der Neunte heute. Ich gratuliere!"

Nizefeldwebel Jul. Cf. Brunner

Liebe Jugend!

Das Schreibwestn hatte in unseren Ämtern
wieder einmal einen erschreckenden Umfang an-
genommen. Gelegentlich einer Besprechung werde
ich bei der betretenden Vorgesetzten Dienststelle vor-
stellig und erhalte den Bescheid: „Ja, dann reichen
Sie mal einen eingehenden Bericht ein!"

*

Allgemeine Teuerung

Ls gibt keinen Zweifel, daß wirklich alles
teurer wird. Auch auf einer Warnungstafel für
Radfahrer, auf welcher stand „Schnellsahren bei
(0 Ar. Strafe verboten", hat man ge egentlich
eines Neuanstriches der Tafel 20 Kr. gefegt.


Adler-Ruhe

„Hast noch nicht gcnug, närrischer Schreier,
an den Hieben, die Du vor Deinen Noten
gekriegt hast? — Gut, wir können Dich auch
nach Noten verhauen I"

*

Clausewih in England

Lord Northcliffe: „Der Krieg Fortsetzung der
Politik mit andern Miiteln? Blödsinn! wir
lügen doch auch jetzt wie im Frieden!"

*

Wahres Geschichtchen

Einige preußiscke Dffiziere sitzen im Unterstand
gemütlich beisammen. Auf dem Tisch steht eine
Dose kondensierter Milch. Da erhalten sie den Be-
such bayrischer Dffiziere. Bald ist eine sehr lebhafte
Unterhaltung im Gange Lin bayrischer Dberst
erzählt sehr anregend, benützt aber, in der Lrmange-
lung eines Aschenbechers, die noch halbvolle Milch-
dose als solchen. Die Preußen sehen dies mit
Entsetzen. Keiner macht ihn aber auf den Irr-
tum aufmerksam. Nachdem die Bayern wieder
gegangen, sagt ein junger preußischer, Leutnant:

„Famose Menschen, diese Bayern, tüchtige Sol-
daten! — Aber Gebräuche, Gebräuche, alles in
einen Topf."

A. Schmidhammer

Elsaß - Lothringen

„Deutsche Provinzen wellt Ihr? — Deutsche
Prügel könnt Ihr haben!"

„Courtoisie frangaise“

Seit vierzig Jahren hatten sie
Mit Kriegegeschrei die Welt erfüllt,

In hassestrunkner Hysterie

Nach Rache und nach Mord gebrüllt!

Verleumdung, Trug ini Übermaß,

Hat wider uns das Pack gesät,

Was deutsch ist, ohne Unterlaß
Mit Kot beworfen und geschmäht!

Sie kauften die Kosakenbrut
Als Helfer in dem frevlen Spiel
Und gaben Ehre, Preis und Gut
Und starrten heiß nach einem Ziel-

Und endlich brach der Weltbrand los,

Den sie im Wahnsinn angefacht,

Der schrecklich ward und riesengroß —

Doch anders kam's, als sie gedacht!

Aus dem Spaziergang nach Berlin,

Von dem sie träumten, wurde nichts,

Was ihnen leicht erreichbar schien.

Am deutschen Heldentum zerbricht's!

Und unser Wall steht immer noch
So fest, wie er am Anfang stand —

Ihr Nacken trägt des Briten Joch,

Der Krieg verheert ihr eig'nes Land.

Und ihrer Söhne Herzblut floß
In Strönien, und das Volk verarmt —

Und grinsend freut sich ihr Genoss'

Im Norden, den kein Leid erbarmt!

Ein Schauspiel nun erlebt die Welt,

So roh und häßlich, wie noch nie,

Der letzte blanke Firnis fällt
Von ihrer feigen Infamie.

Nun zeigt die rLourtoisie krangaise»

Sich nackt, von allen Flittern leer,

Der gallischen Natur gemäß:

Brutal zu dem, der ohne Wehr!

Habt Ihr vordem vielleicht gemeint,

Daß auch ein Franzmann fühlen mag
Die Achtung vor dem tapsern Feind,

Der schwerer Übermacht erlag?

Ihr irrt! Wer ihrer Hand verfiel
Von deutschen Kriegern, wird bespie'n,

Wird viehischer Genieinheit Ziel,

Sie höhnen und besudeln ihn:

Sie nehmen ihm sein Eigen fort,

Sein Kriegerkleid wird ihm zerfetzt;

Es wird ihm Schimpf durch Schlag und Wort;
Mit Hunden wird er noch gehetzt,

Und Frost und Hunger wird sein Teil
Und Jammer ist sein täglich Brot,

Und seinen Wunden wird kein Heil —

Sie spotten lachend seiner Not!

Ob Weib, ob Mann, ob arm, ob reich,

Ob jung, ob alt, ob dumm, ob klug,

Sie alle tun's einander gleich
Und allen ist's noch kaum genug!

Das ist 6Ioire, das ist La France,

Das Volk, das immer schwatzte nur,

Der Deutsche kämpfe als Barbar
Und Frankreich schütze die Kultur!

Nun wohl: wir tragen's, bis das Recht
Obsiegt und wissen guten Trost:

Es geht der Bande hundeschlecht,

Die so erbärmlich rast und tost!

Mit Schaudern spürt sie nach und nach
Die Schwere des verdienten Lohns
Durch unsre Rache — und die Schmach
In Sklavenketten Albions!

t'. V. o.

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Register
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
[nicht signierter Beitrag]: Wahres Geschichtchen
[nicht signierter Beitrag]: Clausewitz in England
[nicht signierter Beitrag]: Allgemeine Teuerung
F. v. O.: Courteoisie francaise
J. C. Brunner: Wie lange derfen S' denn noch dableiben?
Georg Kiesler: Das wilde Tier
Arpad Schmidhammer: Adler-Ruhe
Arpad Schmidhammer: Elsaß-Lothringen
 
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