Der Kriege blinde
Ich Hab' die schöne, schöne Welt geschaut
lind sah die Fluren all' im Fn'ihlingskleid! —
-O, müßt' ich's nicht! — Viel leichter war'
mein Leid! —
Nun aber weiß ich, wie der Himmel blaut,
Und weiß, wie purpurschwer die Rosen blüh'»!
Und wie der Tannenwald so finster ist!
Und wie der Sturzquell sich vom Fels ergießt,
Auf dessen Grat des Abends Strahlen glüh'n.
Weiß, wie sich an den Fels mein Hültchen schmiegt,
Wie hold im Morgenrot das Dorf erwacht
Und um es her das Korn im Frühwind wiegt!
— Ich sah die ganze, zaubervolle Pracht —
Und darf sie nie mehr schau'n — denn glanzlos liegt
Und ewig um mich her die tote Nacht!! — —
Violet Blaeker
*
Tannhäuser an der Westfront
Kino! — Line kleine Scheune in einem halb-
zerschoffenen Dorf. An den Wänden Bilder. Line
ifundekälte. Keine Musik. Dafür aber die trockenen
Randbemerkungen der Landser. Köstlich! —
Programm: Großes Drama von Tannhäuser.
Zunächst stellen sich die Damen vor. Lebhaftes
„Ah"-Rufen und Gejohle. Wieder mal ein Weib;
wie das elektrisiert! Die Schauspieler werden als
„Papser" und „Unabkömmliche" wenig beachtet.
Das Drama beginnt. Sängerwettstreit. Großer
Hofstaat, viele reichgekleidete Weiber. „Die brau-
chen keine Kleiderkarte!" Lin würdiger Priester
mit langwallendem vollbart war auch unter der
bunten Menge. „Laß Dich nur nicht von unserem
Spieß Feldwebel erwischen, da geht Dein Bart
stöten!" ruft einer aus der Lcke. Unterdessen treten
die einzelnen Sänger auf. Schon wird der Preis
Wolfram zuerkannt, da erscheint Tannhäuser. „Je-
denfalls ein Kriegsfreiwilliger " Lr singt und ge-
winnt Llifabeth's Liebe. Wider Willen verlobt
sich Llisabeth mit Wolfram. Tannhänser entflieht.
Zögernd steigt er die Burgtreppe hinab. Un-
schlüssig — wohin? Lr blickt nach oben. „Flieger-
deckung," ruft ihm ein Landser zu. — —
Tannhänser kehrt aus dem venusberg zurück.
Im Wartburg-Saale kommt es zum Zweikampf
zwischen ihm und Wolfram. „Ist denn kein Sa-
nitäter da?" Um seine Schuld zu sühnen, wandert
er mit den Mönchen nach Rom. Ziemlich hastig
schreiten die Knttenmänner dahin. Da ruft einer:
„Kurz treten! Vordermann!" Als dann Tann-
häuser nicht die erhoffte Vergebung für seine Schuld
erlangt, entflieht er zerknirscht in die Waldeinsam-
keit. „Seht! Lr hat seine eiserne Portion auf-
gegessen, nun hat er sich verdrückt," sagt ein ganz
Schlauer. Als Llisabeth hört, daß Tannhäuser
nicht entsühnt ist, stirbt sie vor Grain. Neben
der Bahre brennen große Lichter. „Solche müßten
wir im Unterstand haben." Unterdessen hat Tann-
häuser doch noch die ersehnte Vergebung seiner
Sünden erlangt. Lr eilt zur Wartburg. Zu spät!
Tot sinkt er an der Leiche seiner Geliebten um.
„Pier ist jedenfalls unvermutet ein Gasangriff
gemacht worden!"
Schule und Krieg
Professor Zopf sein Leibblalt liest,
Ganz aufgeregt geworden:
„Da hör nur, Frau, der Schreiiier Fritz
Kriegt den Max Zosephs-Orden!
Der Schreiner Fritz, der nie gelernt
Die hypothetischen Fälle,
Die Verbs auf pc stets falsch gemacht,
Trotz seiner Spicktabelle.
Und unser Primus, dessen Fleiß
Die Lehrerschaft entzückte,
Dem auch das schwerste Partizip
In keinem Fall mißglückte -
Ist heut noch ohne Band und Kreuz!!
Ich kann es nicht verhehlen,
Da scheint es doch beim Militär
An der Zensur zu fehlen. «st.
*
Sternenhimmel
Von eme alde Frankforder
Bollmondnacht. Wie des glitzert unn glimmt!
Waaß net, waruni mich's so frehlich stimmt!
Guck ich zu euch, ihr Slerncher, embor,
Grad wie Soldale kimmt'r merr vor.
Jedes am Blatz, wann sei Dienst beginnt'.
Jedes sofort sein Vordermann findt.
Schdellt sich stramm hie, unn wackelt kaa Spur,
Funkelt sei frischgebutzte Montur!
Abendsternche, was stehst de so grad!
Immer der Ehrschte! E guder Soldat!
Guck, wie der Sirius flimmert »nn gliehtl
Hast de die Knöpp odder Tresse gekrieht?
Kimnit der Herr Mond, der gestrenge Major.
Prüft: guckt nerjends e Bäuchelche vor?
Naa, 's is Alles am richtige Platz!
Schnmnzelt sei Schnawwel, schmunzelt sei Glatz'.
Guck ich zu euch, ihr Sterncher embor,
Grad wie Soldale kimmt'r merr vor!
Ei, wie des glitzert unn ei, wie des glimmt!
Waaß net, warum mich's so frehlich stimmt.
* Karl Ettlinger
Aphorismen
Don Dr. Baer (Oberdorf)
Nimm vielem Heiligen seinen Schein, und
du hast alles genommen, was an ihm heilig ist.
*
Durch die schlechten Erfahrungen, die sie
mit andern machen, werden die allzuvielen
Pessimisten, die ander» werden Optimisten
durch die schlimmen Erfahrungen, die sie an
sich selbst machen.
*
Das Schicksal der Menschen ersüllt sich
in den Zeiten der Blüte, nicht in den Jahren
der Reife.
Julius Diez
Im Schwesterndienst
i.
Schützengraben in Wien
Glaubst Du, daß cs in Wien keinen Schützen-
graben gibt? — Oh doch, — mit allen Nnbe-
quemlichkeiten und mit Humor ausgestattet. —
Und Mädels darin! Nichts weiter als neun
deutsche Mädels.
Eigentlich sind es zwei Schützengräben. Aber
zuerst war es nur einer. — Das war, als wir
vier — damals noch „Helferinnen vom roten
Kreuz" — ausgezogen waren, um in Wien das
Arbeitsterrain zu besichtigen. — Als wir gleich
„Hopp" genomnien wurden in einem Spital, wo
Schwestern auf Urlaub gehen wollten. — — Aber
Wohnung mußten wir uns selber suchen. Und
billig mußte die sein. Durchaus billig. —
Da, ein Haus! — Altes Kloster vergangener
Zeiten. — Der Blick über Dächer und Höfe. —
Schwamm in der Mauer. Was lui's? — Dafür
gibt es Bogengänge und Säulen.-Wanzen.
Ja? — Es ist unangenehm. — Aber dafür ist
Efeu an, Fenster und in der Zimmerecke. — Und
aus dem Fenster sieht man einen steinernen Mönch
auf einer Kirche stehen. — — Die Wirtin hat erst
nicht gewollt. Bier in dem schmalen Zimmer! Das
geht ja nicht! — — Aber wir haben selbst die
Betten geschoben — so — und so — da ging es
wirklich. — Wir mußten über die Belten steigen,
uni ans Fenster zu kommen, — das war der
erste Schützengraben. —
Und dann — dieser Tag. „Schwester Suse, —"
sagt die kleine, liebe, kluge Oberin — „Sie können
Ihre fünf deutschen Kameradinnen Nachkommen
lassen." Alle in, selben Spital! Das ist unerhörtes
Glück! — Unerwartet. — „Verzeihen Sie, Frau
Oberin ich vergaß. — die eine ist Böhmin.
Ohne-Examen. — — Ja. Aber s o tüchtig,
— ganz gewiß, Frau Oberin. Sie gehört zu
uns, — sie hat geheult: Wenn die deutschen
Mädels fortgehen, springe ich in die March. —"
„Na — na!" sagt die Oberin. Und zögert.
Mir klopft das Herz ein wenig für Klein-Mila.
— und ich kann nur noch mit den Augen bitten. —
Aber sie zögert. Und dann — „Also gut: Alle
fünf. Aber für Wohnung — wie gesagt, — müssen
Sie sorgen." —
Herrgott, die Mädels. Sind ja toll. — Kriechen
in unfern, alte» Haus die Wendeltreppe zu ihrem
„Schützengraben" in die Höh, — schuppe» sich
und lachen. — „Kinder, — benehnit Euch! Ihr
seid zu Schwestern de-, nein, avanciert! — Also
macht nicht so 'nen Krach." —
Ach, — nichts zu machen l Selbst die lange
Ella kommt aus ihrer Ruhe heraus und wirst
die Hede fünf Stufen runter. —
Uber alles lachen sie. Drei Bette», ein Divan,
— und fünf Mädels. Kostbar! Eine hat ja
meistens Nachtwache, — die schläft dann am Tage
in irgend einen, Bett. - Und sind sie alle fünf
da — was schadet das? — Schlafen vier in drei
aneinander gestellten Beben. — —
In unfern, „Schützengraben" hat jede ein Bett.
— Aber auch bei uns ist nur ein Becken, — ein
Krug — und ein Eimer. — Dies ist das Schlimmste.
— Denn Früh müssen wir zeitig heraus — alles
eilt: Fort, ins Spital, und wer dann zur Mit-
lagspause nach Haus kommen kann — i — das
ist eklig! —
Bin ich schlechter Stimmung, stelle ich mich
Abends ans Fenster und horche hinauf. Schüttle
den Kopf und muß lachen: Was die oben bloß
immer zu gackern haben? — — Ich muß doch
mal nachsehn l — Geh aus den Flur und taste
mich die dunkle Wendeltreppe in die Höh. Ganz
leise. — Mach die Tür aus und steige über Hut-
schachteln und Koffer, — über Schuhbürsten und
Konservenbüchsen bis zum Tisch hin. — Da sitzt
„Herzet" und kaut am Federhalter. Bor ihr ein
Briefbogen, tiefsinnig weih - Trude E. hat ein
Buch vor und sagt grade: „Inkubationszeit drei
bis vier Wochen, Symptome — — —" Das
gilt dem zweiten Examen. Hoffentlich blamiert
306
Ich Hab' die schöne, schöne Welt geschaut
lind sah die Fluren all' im Fn'ihlingskleid! —
-O, müßt' ich's nicht! — Viel leichter war'
mein Leid! —
Nun aber weiß ich, wie der Himmel blaut,
Und weiß, wie purpurschwer die Rosen blüh'»!
Und wie der Tannenwald so finster ist!
Und wie der Sturzquell sich vom Fels ergießt,
Auf dessen Grat des Abends Strahlen glüh'n.
Weiß, wie sich an den Fels mein Hültchen schmiegt,
Wie hold im Morgenrot das Dorf erwacht
Und um es her das Korn im Frühwind wiegt!
— Ich sah die ganze, zaubervolle Pracht —
Und darf sie nie mehr schau'n — denn glanzlos liegt
Und ewig um mich her die tote Nacht!! — —
Violet Blaeker
*
Tannhäuser an der Westfront
Kino! — Line kleine Scheune in einem halb-
zerschoffenen Dorf. An den Wänden Bilder. Line
ifundekälte. Keine Musik. Dafür aber die trockenen
Randbemerkungen der Landser. Köstlich! —
Programm: Großes Drama von Tannhäuser.
Zunächst stellen sich die Damen vor. Lebhaftes
„Ah"-Rufen und Gejohle. Wieder mal ein Weib;
wie das elektrisiert! Die Schauspieler werden als
„Papser" und „Unabkömmliche" wenig beachtet.
Das Drama beginnt. Sängerwettstreit. Großer
Hofstaat, viele reichgekleidete Weiber. „Die brau-
chen keine Kleiderkarte!" Lin würdiger Priester
mit langwallendem vollbart war auch unter der
bunten Menge. „Laß Dich nur nicht von unserem
Spieß Feldwebel erwischen, da geht Dein Bart
stöten!" ruft einer aus der Lcke. Unterdessen treten
die einzelnen Sänger auf. Schon wird der Preis
Wolfram zuerkannt, da erscheint Tannhäuser. „Je-
denfalls ein Kriegsfreiwilliger " Lr singt und ge-
winnt Llifabeth's Liebe. Wider Willen verlobt
sich Llisabeth mit Wolfram. Tannhänser entflieht.
Zögernd steigt er die Burgtreppe hinab. Un-
schlüssig — wohin? Lr blickt nach oben. „Flieger-
deckung," ruft ihm ein Landser zu. — —
Tannhänser kehrt aus dem venusberg zurück.
Im Wartburg-Saale kommt es zum Zweikampf
zwischen ihm und Wolfram. „Ist denn kein Sa-
nitäter da?" Um seine Schuld zu sühnen, wandert
er mit den Mönchen nach Rom. Ziemlich hastig
schreiten die Knttenmänner dahin. Da ruft einer:
„Kurz treten! Vordermann!" Als dann Tann-
häuser nicht die erhoffte Vergebung für seine Schuld
erlangt, entflieht er zerknirscht in die Waldeinsam-
keit. „Seht! Lr hat seine eiserne Portion auf-
gegessen, nun hat er sich verdrückt," sagt ein ganz
Schlauer. Als Llisabeth hört, daß Tannhäuser
nicht entsühnt ist, stirbt sie vor Grain. Neben
der Bahre brennen große Lichter. „Solche müßten
wir im Unterstand haben." Unterdessen hat Tann-
häuser doch noch die ersehnte Vergebung seiner
Sünden erlangt. Lr eilt zur Wartburg. Zu spät!
Tot sinkt er an der Leiche seiner Geliebten um.
„Pier ist jedenfalls unvermutet ein Gasangriff
gemacht worden!"
Schule und Krieg
Professor Zopf sein Leibblalt liest,
Ganz aufgeregt geworden:
„Da hör nur, Frau, der Schreiiier Fritz
Kriegt den Max Zosephs-Orden!
Der Schreiner Fritz, der nie gelernt
Die hypothetischen Fälle,
Die Verbs auf pc stets falsch gemacht,
Trotz seiner Spicktabelle.
Und unser Primus, dessen Fleiß
Die Lehrerschaft entzückte,
Dem auch das schwerste Partizip
In keinem Fall mißglückte -
Ist heut noch ohne Band und Kreuz!!
Ich kann es nicht verhehlen,
Da scheint es doch beim Militär
An der Zensur zu fehlen. «st.
*
Sternenhimmel
Von eme alde Frankforder
Bollmondnacht. Wie des glitzert unn glimmt!
Waaß net, waruni mich's so frehlich stimmt!
Guck ich zu euch, ihr Slerncher, embor,
Grad wie Soldale kimmt'r merr vor.
Jedes am Blatz, wann sei Dienst beginnt'.
Jedes sofort sein Vordermann findt.
Schdellt sich stramm hie, unn wackelt kaa Spur,
Funkelt sei frischgebutzte Montur!
Abendsternche, was stehst de so grad!
Immer der Ehrschte! E guder Soldat!
Guck, wie der Sirius flimmert »nn gliehtl
Hast de die Knöpp odder Tresse gekrieht?
Kimnit der Herr Mond, der gestrenge Major.
Prüft: guckt nerjends e Bäuchelche vor?
Naa, 's is Alles am richtige Platz!
Schnmnzelt sei Schnawwel, schmunzelt sei Glatz'.
Guck ich zu euch, ihr Sterncher embor,
Grad wie Soldale kimmt'r merr vor!
Ei, wie des glitzert unn ei, wie des glimmt!
Waaß net, warum mich's so frehlich stimmt.
* Karl Ettlinger
Aphorismen
Don Dr. Baer (Oberdorf)
Nimm vielem Heiligen seinen Schein, und
du hast alles genommen, was an ihm heilig ist.
*
Durch die schlechten Erfahrungen, die sie
mit andern machen, werden die allzuvielen
Pessimisten, die ander» werden Optimisten
durch die schlimmen Erfahrungen, die sie an
sich selbst machen.
*
Das Schicksal der Menschen ersüllt sich
in den Zeiten der Blüte, nicht in den Jahren
der Reife.
Julius Diez
Im Schwesterndienst
i.
Schützengraben in Wien
Glaubst Du, daß cs in Wien keinen Schützen-
graben gibt? — Oh doch, — mit allen Nnbe-
quemlichkeiten und mit Humor ausgestattet. —
Und Mädels darin! Nichts weiter als neun
deutsche Mädels.
Eigentlich sind es zwei Schützengräben. Aber
zuerst war es nur einer. — Das war, als wir
vier — damals noch „Helferinnen vom roten
Kreuz" — ausgezogen waren, um in Wien das
Arbeitsterrain zu besichtigen. — Als wir gleich
„Hopp" genomnien wurden in einem Spital, wo
Schwestern auf Urlaub gehen wollten. — — Aber
Wohnung mußten wir uns selber suchen. Und
billig mußte die sein. Durchaus billig. —
Da, ein Haus! — Altes Kloster vergangener
Zeiten. — Der Blick über Dächer und Höfe. —
Schwamm in der Mauer. Was lui's? — Dafür
gibt es Bogengänge und Säulen.-Wanzen.
Ja? — Es ist unangenehm. — Aber dafür ist
Efeu an, Fenster und in der Zimmerecke. — Und
aus dem Fenster sieht man einen steinernen Mönch
auf einer Kirche stehen. — — Die Wirtin hat erst
nicht gewollt. Bier in dem schmalen Zimmer! Das
geht ja nicht! — — Aber wir haben selbst die
Betten geschoben — so — und so — da ging es
wirklich. — Wir mußten über die Belten steigen,
uni ans Fenster zu kommen, — das war der
erste Schützengraben. —
Und dann — dieser Tag. „Schwester Suse, —"
sagt die kleine, liebe, kluge Oberin — „Sie können
Ihre fünf deutschen Kameradinnen Nachkommen
lassen." Alle in, selben Spital! Das ist unerhörtes
Glück! — Unerwartet. — „Verzeihen Sie, Frau
Oberin ich vergaß. — die eine ist Böhmin.
Ohne-Examen. — — Ja. Aber s o tüchtig,
— ganz gewiß, Frau Oberin. Sie gehört zu
uns, — sie hat geheult: Wenn die deutschen
Mädels fortgehen, springe ich in die March. —"
„Na — na!" sagt die Oberin. Und zögert.
Mir klopft das Herz ein wenig für Klein-Mila.
— und ich kann nur noch mit den Augen bitten. —
Aber sie zögert. Und dann — „Also gut: Alle
fünf. Aber für Wohnung — wie gesagt, — müssen
Sie sorgen." —
Herrgott, die Mädels. Sind ja toll. — Kriechen
in unfern, alte» Haus die Wendeltreppe zu ihrem
„Schützengraben" in die Höh, — schuppe» sich
und lachen. — „Kinder, — benehnit Euch! Ihr
seid zu Schwestern de-, nein, avanciert! — Also
macht nicht so 'nen Krach." —
Ach, — nichts zu machen l Selbst die lange
Ella kommt aus ihrer Ruhe heraus und wirst
die Hede fünf Stufen runter. —
Uber alles lachen sie. Drei Bette», ein Divan,
— und fünf Mädels. Kostbar! Eine hat ja
meistens Nachtwache, — die schläft dann am Tage
in irgend einen, Bett. - Und sind sie alle fünf
da — was schadet das? — Schlafen vier in drei
aneinander gestellten Beben. — —
In unfern, „Schützengraben" hat jede ein Bett.
— Aber auch bei uns ist nur ein Becken, — ein
Krug — und ein Eimer. — Dies ist das Schlimmste.
— Denn Früh müssen wir zeitig heraus — alles
eilt: Fort, ins Spital, und wer dann zur Mit-
lagspause nach Haus kommen kann — i — das
ist eklig! —
Bin ich schlechter Stimmung, stelle ich mich
Abends ans Fenster und horche hinauf. Schüttle
den Kopf und muß lachen: Was die oben bloß
immer zu gackern haben? — — Ich muß doch
mal nachsehn l — Geh aus den Flur und taste
mich die dunkle Wendeltreppe in die Höh. Ganz
leise. — Mach die Tür aus und steige über Hut-
schachteln und Koffer, — über Schuhbürsten und
Konservenbüchsen bis zum Tisch hin. — Da sitzt
„Herzet" und kaut am Federhalter. Bor ihr ein
Briefbogen, tiefsinnig weih - Trude E. hat ein
Buch vor und sagt grade: „Inkubationszeit drei
bis vier Wochen, Symptome — — —" Das
gilt dem zweiten Examen. Hoffentlich blamiert
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