A. Schmidhainmer
Aus der Sagenwelt
Michel sprach im Rpffhäuser bei Barba-
rossa vor.
„Das parlamentarische Regime soll eingc-
führt werden?
„Ja, aber den langen Bart dcrscn S' scho
behalten, Majestät I
^Zum ewigen Frieden
Ani Buchenhain von vomplerre
Lag ich auf welkem Laube,
Die Sonne kringelte um midi her
Und tanzte Ballett mit dem Staube.
Am Sekkreis schwirrte ein „aviateur",
Bon deutschen Schrapnellen beschossen.
Ich lag am Walde von vomplerre
Und hatte die Augen geschlossen.
Ein Büchlein hielt ich in der Hand,
„Zum ewigen Frieden" betitelt.
Wie hat die Welt den Meister Kant
Ob dieses Werkes bekritelt!
Auch ich hält' gern Kritik geübt,
An seiner Glücksoffenbarung,
Doch leider war mein Blick getrübt
Durch momentane Erfahrung.
So ist nun die Welt! Sie drängt zuni Licht,
Lägt sich von den Weisen beraten,
Sie bill.gt den Rat, doch befolgt sie ihn nicht
Und fertigt statt dessen Granaten. .
Nachts Hab' ich in meinenr Unterstand
Zm vordersten Schützengraben
Den „Ewigen Frieden" von Kant verbrannt,
Um warmen Kaffee zu haben...
Musleber Erich Hovp
(Frankreich. Schützengraben an der Eombres-Höhe 2., 5., 11)
Gespräch zweier Botschafter
„Guten Tag, Herr Kollege! Wohin so eilig?"
„Ich verreise ein wenig."
„Aus Gesundheitsrücksichten?"
„IchwillzuHauseberichten, wie es hier steht."
„Es fällt hier eher..."
„Finden Sie? Das ist die Freiheit"
„Die Freiheit, nicht mehr mitzutun!
Icl> könnte mir alle Zare nusreihen!"
„Reißen wir lieber selbst aus!"
„Ich habe mir die Revolution anders vor-
gestellt."
„Ich auch! Die Vorstellung hat uns so-
viel Geld gekostet!"
„Welch schöne Wirkung das gewesen wäre:
Rußland vom Zaren erlöst, läßt sich für die
Freiheit schlachten!"
„Die Schafköpfe! Nun wollen sie nicht' —"
„Machen Ernst aus der Komödie! Geben
andere Rollen! Entlassen unsere ersten
Liebhaber, unsere Helden!..."
„Wo blieb die Regie, Herr Kollege?"
„Ich habe getan, was ich konnte. Das Stück
war tadellos einstudiert."
„Vielleicht eine neue Ausstattung?"
Wo die alte noch nicht bezahlt ist?"
„Ich will versuchen, den Onkel aus Ame-
rika dafür zu würzen."
„Und ich werde dieser Schmiere den japa-
nischen Gerichtsvollzieher in den Rücken
hetzen-"
„So wird's vielleicht gelingen. Adieu, Mon-
sieur Buch an an."
„Good by, Mister Paleologue!"
A. I». X.
Das müde Volt
Wir sind nicht müde, uns zu wehren,
Gchwertmüde — nein! Doch ekelsatt
Des Zungen-HoberS. Wir begehren
Im Reichstag eine Friebensstatt.
Fort mit den Gchächern, die entiweien, —
Fort mit dem Brotneid der Barleien!
Was not tut, bürsten wir in hören.
Wir fragen nicht, ob Links ob Rechts.
Wir lassen uns nicht mehr betören
Dom blinden Lärm des Wortgefechts!
Wir wollen still in Bruder-Augen sehen —
And einig an die Arbeit gehen.
Gstvalb Schmidt
Liebe Lugend!
Dieser Tage bekam ein Mann meiner Batterie
eiii Feldpostpaket zugeschickt, dem folgender Brief
seines Vaters beilag:
„Mein lieber Lohn!
In ar,betracht dessen, daß im Mai der Friedens-
kongreß in Stockholm Zusammentritt, sende id;
Dir warme Unterwäsche für den Winter....!"
*
In einem französischen Dorf hinter der feind-
lidjeii Front spazierte ein herkulisch gebauter Neger
ebenso splitternackt wie seelenruhig umher. Darob
großer Ausruhr, vom Maire des Dorfes zur
Rede gestellt uiid auf das verbotene seines Treibens
aufmerksam gemacht, gab der Negersoldat zur Aus-
kunft, er habe ö Wochen Urlaub erhalten und
die Erlaubnis, Zivilkleider zu tragen.
Theo Waidenschlager
Böser ken in Petersburg
„VTa, Brüderchen, wie geht cs Die immer?"
„Danke, man schwört sich halt so durch I"
A. bcltinidliammer
England und Japan
Blähen Sie sich auf, Madame, Sie müssen
jetzt die selige russische Dampfwalze ersetzen!"
Dialektik
Die Entente will Elsaß-Lothringen nicht „annek-
tieren", sondern sie wünscht nur seine „Rückgabe".
Nicht Knapp ist England an Weizen jetzt,
Nein, es „spart" bloß.
Der Zar ist nicht etwa abgesetzt,
Nein, „ent—zart" bloß!
Herr Reuter log im Kriege noch nie,
Er „interpretiert" bloß.
In Rußland herrscht keine Anarchie,
Sie „regiert" bloß!
Das Ist-Boot vernichtet kein Tonnengewicht,
Es „versenkt" bloß.
Zerschossen wurde kein Tank noch nicht,
Nein, „ent—tankt" bloß!
Wer solche Dialektik verzappt,
Dem ist kein Rad, kein Gewind los,
Der ist nicht etwa übergeschnappt,
Nein, der spinnt bloß! Kartellen
*
Heureka!!!
Freude herrscht in den Ententehallen: das
Universalmittel, um Deutschland gänzlich auszu-
hungern, ist endlich gefunden. Naiürlich war es
ein Kolumbusei. Daher wurde cs auch in Wa-
shington gelegt. In einer Konferenz im Staats-
departement, der Balfour und Lansing beiwohnten,
wurde beschlossen: Die Neutralen erhalten
überhaupt nichts mehr!!
Dafür brauchen sie aber auch keinen Ackerbwl
mehr zu treiben und kein Vieh mehr zu züchten.
Es wird einfach tagtäglich in Amerika und Eng-
land für ganz Holland, Skandinavien und die
Schweiz gekocht. Der Einheitsfront tritt die
Einheitsküche und der Einheitsspeisezettel
würdig zur Seite.
Die Zubereitung des Essens erfolgt in den
Gasometern von New-Dork, London und auf
den Hochöfen von Lancashire. 75000 Koä>frauen,
23 000 Kartoffelschälerinnen, 80000 Obstentkerne-
rinnen, 9500 Salatputzerninen und 30000 Knödel-
dreherinnen werden als Hilfsdienst eingezogen.
Küchen-Chefs werden Winston Churchill und
Roosevelt, weil sie die geschmackvollsten
Männer der Entente sind. Transportschwierig-
keiten gibt es keine: die Suppe wird mit riesigen
Feuerspritzen nach ihrem Bestimmungsort gesprttzt,
der Braten mit gigantischen Katapulten nadi dem
Festland gesäileudert und die Knödel mit 7,5 mm
Feldkanonen in alle Himmelsgegenden geschossen.
Bald wird es keine Redensart mehr sein:
jederzeit kann einem jetzt, wenn man grade im
Zeppelin sitzt, eine gebratene Taube in den
Mund fliegen .... Hurrikan
-Erinnern-
möchten wir alte unsere verehrten Leser an die Bezugs-
erneuerung der „Fugend" für das n ächste Viert eljahr.
Rechtzeitige Bestehung liegt Im beiderseitigen Interesse.
Vierteljahrespreis. Mk. 5.50
Durch die Feldpost.MI 6.—
Fn starker Roste.Mk. 7.—
München, Juni 1911. Verlag der „Jugend".
437
Aus der Sagenwelt
Michel sprach im Rpffhäuser bei Barba-
rossa vor.
„Das parlamentarische Regime soll eingc-
führt werden?
„Ja, aber den langen Bart dcrscn S' scho
behalten, Majestät I
^Zum ewigen Frieden
Ani Buchenhain von vomplerre
Lag ich auf welkem Laube,
Die Sonne kringelte um midi her
Und tanzte Ballett mit dem Staube.
Am Sekkreis schwirrte ein „aviateur",
Bon deutschen Schrapnellen beschossen.
Ich lag am Walde von vomplerre
Und hatte die Augen geschlossen.
Ein Büchlein hielt ich in der Hand,
„Zum ewigen Frieden" betitelt.
Wie hat die Welt den Meister Kant
Ob dieses Werkes bekritelt!
Auch ich hält' gern Kritik geübt,
An seiner Glücksoffenbarung,
Doch leider war mein Blick getrübt
Durch momentane Erfahrung.
So ist nun die Welt! Sie drängt zuni Licht,
Lägt sich von den Weisen beraten,
Sie bill.gt den Rat, doch befolgt sie ihn nicht
Und fertigt statt dessen Granaten. .
Nachts Hab' ich in meinenr Unterstand
Zm vordersten Schützengraben
Den „Ewigen Frieden" von Kant verbrannt,
Um warmen Kaffee zu haben...
Musleber Erich Hovp
(Frankreich. Schützengraben an der Eombres-Höhe 2., 5., 11)
Gespräch zweier Botschafter
„Guten Tag, Herr Kollege! Wohin so eilig?"
„Ich verreise ein wenig."
„Aus Gesundheitsrücksichten?"
„IchwillzuHauseberichten, wie es hier steht."
„Es fällt hier eher..."
„Finden Sie? Das ist die Freiheit"
„Die Freiheit, nicht mehr mitzutun!
Icl> könnte mir alle Zare nusreihen!"
„Reißen wir lieber selbst aus!"
„Ich habe mir die Revolution anders vor-
gestellt."
„Ich auch! Die Vorstellung hat uns so-
viel Geld gekostet!"
„Welch schöne Wirkung das gewesen wäre:
Rußland vom Zaren erlöst, läßt sich für die
Freiheit schlachten!"
„Die Schafköpfe! Nun wollen sie nicht' —"
„Machen Ernst aus der Komödie! Geben
andere Rollen! Entlassen unsere ersten
Liebhaber, unsere Helden!..."
„Wo blieb die Regie, Herr Kollege?"
„Ich habe getan, was ich konnte. Das Stück
war tadellos einstudiert."
„Vielleicht eine neue Ausstattung?"
Wo die alte noch nicht bezahlt ist?"
„Ich will versuchen, den Onkel aus Ame-
rika dafür zu würzen."
„Und ich werde dieser Schmiere den japa-
nischen Gerichtsvollzieher in den Rücken
hetzen-"
„So wird's vielleicht gelingen. Adieu, Mon-
sieur Buch an an."
„Good by, Mister Paleologue!"
A. I». X.
Das müde Volt
Wir sind nicht müde, uns zu wehren,
Gchwertmüde — nein! Doch ekelsatt
Des Zungen-HoberS. Wir begehren
Im Reichstag eine Friebensstatt.
Fort mit den Gchächern, die entiweien, —
Fort mit dem Brotneid der Barleien!
Was not tut, bürsten wir in hören.
Wir fragen nicht, ob Links ob Rechts.
Wir lassen uns nicht mehr betören
Dom blinden Lärm des Wortgefechts!
Wir wollen still in Bruder-Augen sehen —
And einig an die Arbeit gehen.
Gstvalb Schmidt
Liebe Lugend!
Dieser Tage bekam ein Mann meiner Batterie
eiii Feldpostpaket zugeschickt, dem folgender Brief
seines Vaters beilag:
„Mein lieber Lohn!
In ar,betracht dessen, daß im Mai der Friedens-
kongreß in Stockholm Zusammentritt, sende id;
Dir warme Unterwäsche für den Winter....!"
*
In einem französischen Dorf hinter der feind-
lidjeii Front spazierte ein herkulisch gebauter Neger
ebenso splitternackt wie seelenruhig umher. Darob
großer Ausruhr, vom Maire des Dorfes zur
Rede gestellt uiid auf das verbotene seines Treibens
aufmerksam gemacht, gab der Negersoldat zur Aus-
kunft, er habe ö Wochen Urlaub erhalten und
die Erlaubnis, Zivilkleider zu tragen.
Theo Waidenschlager
Böser ken in Petersburg
„VTa, Brüderchen, wie geht cs Die immer?"
„Danke, man schwört sich halt so durch I"
A. bcltinidliammer
England und Japan
Blähen Sie sich auf, Madame, Sie müssen
jetzt die selige russische Dampfwalze ersetzen!"
Dialektik
Die Entente will Elsaß-Lothringen nicht „annek-
tieren", sondern sie wünscht nur seine „Rückgabe".
Nicht Knapp ist England an Weizen jetzt,
Nein, es „spart" bloß.
Der Zar ist nicht etwa abgesetzt,
Nein, „ent—zart" bloß!
Herr Reuter log im Kriege noch nie,
Er „interpretiert" bloß.
In Rußland herrscht keine Anarchie,
Sie „regiert" bloß!
Das Ist-Boot vernichtet kein Tonnengewicht,
Es „versenkt" bloß.
Zerschossen wurde kein Tank noch nicht,
Nein, „ent—tankt" bloß!
Wer solche Dialektik verzappt,
Dem ist kein Rad, kein Gewind los,
Der ist nicht etwa übergeschnappt,
Nein, der spinnt bloß! Kartellen
*
Heureka!!!
Freude herrscht in den Ententehallen: das
Universalmittel, um Deutschland gänzlich auszu-
hungern, ist endlich gefunden. Naiürlich war es
ein Kolumbusei. Daher wurde cs auch in Wa-
shington gelegt. In einer Konferenz im Staats-
departement, der Balfour und Lansing beiwohnten,
wurde beschlossen: Die Neutralen erhalten
überhaupt nichts mehr!!
Dafür brauchen sie aber auch keinen Ackerbwl
mehr zu treiben und kein Vieh mehr zu züchten.
Es wird einfach tagtäglich in Amerika und Eng-
land für ganz Holland, Skandinavien und die
Schweiz gekocht. Der Einheitsfront tritt die
Einheitsküche und der Einheitsspeisezettel
würdig zur Seite.
Die Zubereitung des Essens erfolgt in den
Gasometern von New-Dork, London und auf
den Hochöfen von Lancashire. 75000 Koä>frauen,
23 000 Kartoffelschälerinnen, 80000 Obstentkerne-
rinnen, 9500 Salatputzerninen und 30000 Knödel-
dreherinnen werden als Hilfsdienst eingezogen.
Küchen-Chefs werden Winston Churchill und
Roosevelt, weil sie die geschmackvollsten
Männer der Entente sind. Transportschwierig-
keiten gibt es keine: die Suppe wird mit riesigen
Feuerspritzen nach ihrem Bestimmungsort gesprttzt,
der Braten mit gigantischen Katapulten nadi dem
Festland gesäileudert und die Knödel mit 7,5 mm
Feldkanonen in alle Himmelsgegenden geschossen.
Bald wird es keine Redensart mehr sein:
jederzeit kann einem jetzt, wenn man grade im
Zeppelin sitzt, eine gebratene Taube in den
Mund fliegen .... Hurrikan
-Erinnern-
möchten wir alte unsere verehrten Leser an die Bezugs-
erneuerung der „Fugend" für das n ächste Viert eljahr.
Rechtzeitige Bestehung liegt Im beiderseitigen Interesse.
Vierteljahrespreis. Mk. 5.50
Durch die Feldpost.MI 6.—
Fn starker Roste.Mk. 7.—
München, Juni 1911. Verlag der „Jugend".
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