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Gabrieles Pegasus Erichwüke

„'s Hcrrle singt wieder von den ,heiligsten Gütern'! wahrscheinlich is 's Schmiergeld alle!"

Frage und Antwort

„Friedensengel, hjee mich an,

Sage mir kurz und entschieden:

Heißt Du mit Vornamen ,Scheidemann'7
Bist Du der ,Hindcnbur g-Frieden'?

Sage, wie soll ich nennen Dich?

Sage, wie kann ich Dich bannen?
Fricdensengcl, Ersehnter, sprich!

Fliege nicht wieder von dannen!"

— Sprach der Engel milden Gesichts
Zu dem Frager, dem kleinen:

„Frieden heiß' ich, und weiter nichts!
Vornamen habe ich keinen!

willst Du wissen, wie man mich bannt,
Sag' Deinen Vettern und Basen:
„RuftmichmitdemSchwertindccHand,
Nicht mit Gczänke und Phrasen!"

Karlehen

*

Keldgraue Toilettengeheimniffe

Verraten von Vfdw. Walter Iensen

Der Feldgraue trägt zu unterst wie jeder
Mitteleuropäer ein Hemd, Dessen Farbe ist
schwer zu beschreiben, sie ist ein Mittelding zwi-
schen dem Khaki der Engländer und dem Feld-
grau der Deutschen. Während der Zivilist sich
eigentlich recht wenig mit besagtem tiefinnerlichen
Kleidungsstück beschäftigt, kennt der Soldat jeden
geheimen Schlupfwinkel davon und jeden Hinter-
halt, in dem sich kleine Feinde verborgen halten
könnten. Die Patrouillengänge in diese Schlupf-
winkel verlaufen oft sehr ergebnisreich, doch wird
die Beute aus militärischen Gründen in den Ta-
gesberichten unserer Obersten Heeresleitung nicht
erwähnt. — „Zeder Soldat muß sich in dem Ge-
wirr der Laufgräben ebenso gut auskennen wie
in seinem Hemd!" so hat einmal einer unserer
Führer einen armen Kerl angeschnauzt, der sich
verlaufen hatte. —

Das am seltensten sichtbare Kleidungsstück ist
die Unterhose. Von manchem Kameraden geht
die Sage, er besitze überhaupt keine. Manche
tragen leinene, manche ä la Professor Jäger. Ich
habe mich für poröse entschieden. Wie kleine
Sträßchen verbinden die Löcher der Maschen den
Raum diesseits und jenseits der Unterhose, und
die Straße dient dem Verkehr!

Socken oder Fußlappen umschließen die
Pedes Apostolorum. Ich entschied mich für
Socken, da man sich in Fußlappen mindestens
ebenso große Blasen läuft. Eine sinnvolle Öff-
nung ermöglicht es der großen Zehe, Ausguck zu
halten. Wenn sie jedoch keine Deckung gegen
Sicht mehr finden kann, ist es höchste Zeit, sich
nach neuer Fußumhüllung umzusehen.

Wenn ich nun auch die H o s e angezogen habe,
braucht sich keine Leserin niehr zu genieren. Die
Hose ist so recht unser Schmerzenskind: Telephon-
drähte, Nägel, Holzsplitter, Faschinenteile, Pfähle
und andere sonst widerspenstige Gegenstände fühlen
sich beim Marsch durch die Laufgräben so innig zu
ihr hingezogen, daß man sie oft mit sanfter Ge-
walt aus deren Umarmungen befreien muß.

Jetzt zerren und stoßen wir den Marsch-
stiefel über die Füße. Ohne Fluchen gelingt das
nie. Aber kaum sagt man das für welsche und
preußische Ausländer schwierige Wort „Himmel-
herrgotiblutsakra!" so schlüpft der Fuß ganz ge-
schmeidig hinein. Die Schäfte stehen oft in keinem
richtigen Verhältnis zur Wade des Trägers. In
solchem Fall rollt von den Grabenwänden Lehm
und Steingeröll ungehindert bis auf den Grund
der Sohle. Die Betroffenen gewöhnen sich als-
bald einen mephistofelischen Gang an.

Nun kommt bei 10°/» der Mannschaften das
Anlegen der Halsbinde. Die übrigen 90°/»
haben sie als unpraktisch verworfen und reinigen
die Gewehre damit unter freundlicher Mitwirkung
von Stiefelschmiere.

Der Waffenrock ist unser Stolz, denn er
ist wirklich praktisch. Vor allem schützt er pracht-
voll gegen Sicht, weil er sich famos dem Gelände

anpaßt: Grün ist er, wenn wir im Gras liegen;
legen wir uns dagegen in feuchten Lehm, so wird
erbraun. Also tatsächlich die vollendetsteMimicry,
die man sich ausdenken kann.

Jetzt wird es Zeit, umzuschnallen. Daß der
Brotbeutel viel zu klein ist, kann mir jeder
glauben! Deshalb wird der beliebteste Ausrüstungs-
gegenstand, der Tornister, mit Fressalien voll-
gestopft. Die eigentlich hineingehörende Wäsche
läßt man dafür im Quartier zurück; die Schnür-
schuhe, die beim Ausmarsch im August 1914 eben-
falls den „Affen" beschwerten, faulen wohl längst
an einem Bahndamm in der Nähe der deutsch-
belgischen Grenze, wo sie damals vom Zugfenster
aus „deponiert" wurden. Der „eiserne Bestand"
soll ja wohl auch im Tornister sein, aber die
Mehrzahl hielt den Magen für den geeigneteren
Berstauungsplatz.

Die Feldflasche ist mit ihrem Fassungs-
vermögen von einem Liter richtig bemessen, zu-
mal sich wohl jeder im Laufe der Zeit eine zweite
zu verschaffen gewußt hat.

Gewehr und Seitengewehr sind zu
ernste Dinge, um Scherz damit zu treiben; aber
so viel sei doch verraten: Von Seitengewehren
sind jetzt gut ein Dutzend verschiedener Modelle
im Gebrauch. Während die Preußen noch dabei
siird, Untersuchungen darüber anzustellen, welchem
Modell der Vorzug zu geben sei, haben die
Bayern bereits ihr Urteil dahin zusammengefaßt:
„Der Gewehrkolben ist das beste Seitengewehr!"

So, nun denkst du, geneigter Leser: Jetzt
wird er sich seinen unförmigen Stah lhelm auf
den dicken Schädel stülpen und dann kann er
verschwinden! Gewiß, lieber Leser, das tue ich

auch, aber da ich durchaus nicht lebensüberdrüßig
bin, so will ich doch erst noch meine Gasmaske
umhängen, — und nun „Gott befohlen!"

Stockholmer Knacknüsse

Der ständige holländisch-skandinavische Aus-
schuß fordert die nationale Unabhängigkeit und
das freie Selbstbestimmungsrecht der Völker und
hofft, daß nach diesen Grundsätzen die elsaß-
lothringische Frage gelöst werden könne.

Natürlich, die elsaß-lothringische Frage, die von
jeher eine gute deutsche Frage war und ist und
an der überhaupt nichts zu lösen ist! Eine in-
dische. egyptische oder irische Frage gibt's ja
nicht! Am besten lö>en die Stockholmer Herren
die ganze Geschichte überhaupt durch die sofortige
„Wiederherstellung" des — Paradieses. Dann
fängt der neue Adam, der natürlich ein Eng-
länderist, die ganze Räuberei wieder von vorne
an, und in ein paar tausend Jahren sitzen dann
wieder in Stockholm würdige Mummelgreise zu-
sammen und schwitzen Blut bei der Lösung der —
elsaß-lothringischen Frage! c. Franke

— Vergessen Sie nicht —i

uns Ihre Bestellung auf die „Iugend^ für das dritte
Vierteljahr bald zu übersenden, damit Ihnen
der ununterbrochene Bezug gesichert ist.

Merteijahrespreis.Ml. 5.50

Durch die Feldpost.Ml 6.—

In starler Roste.Ml. I.—

München, Iuni i9ii. Verlag der „Fugend".

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Karl Franke: Stockholmer Knacknüsse
Karlchen: Frage und Antwort
Walter Jensen: Feldgraue Toilettengeheimnisse
Erich Wilke: Gabrieles Pegasus
 
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