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In Erwartung

Ferdinand Staeger (München)

Cosi fan tutte

Mädchen sind wie Mausefallen,

Bon der Herrin dieser Welt
überall im Hause allen
Näschern in den Weg gestellt.

Sie erreicht auch bei den Mäuse-
Männern meistens ihren Zweck,

Denn ins drahtene Gehäuse
Tut sie schlau ein Stückchen Speck.

Ach, und diese selten Schwarten
— Seelennadel? Sinnenreiz? —
Brauchen gar iricht lang zu warten:
Seht, da schnuppert eins bereits.

Schnapp! Da sitzt es in der Falle
Und erwäget den Gewinn.

3a, fürwahr, so machens alle —
Cosi fan — und wir sind drin.

Alfred t>. Ehrmann

*

Liebe Jugend!

Also wir sitzen im kleinen Bekanntenkreise in
siner gemütlichen rheinischen Weinkneipe beim
„Neuen" und ermhlen uns ebenfalls das „Neueste"
aus dem „Nähkästchen". Da die hübsche Wirtin
und ihr „Gustchen", die uns' Gesellschaft leiste»,
„ganz Vhr" sind, müssen wir in der Auswahl der
„Schlager" etwas vorsichtig sein, und ist das Re-
pertoire des „Neuesten" bald erschöpft, sodaß wir
zu älteren Jahrgängen zurückgreifen müssen. Ich
erzähle n. a. ein kleines Geschichtchen, welches
sicher schon vom sel. Mcidinger stammte, von dem
aber einige Anwesende, als id; das „Stichwort"
nannte, behaupteten, es noch nicht z» kennen: Ein
junges Brautpaar vom Lande will heiraten. Da
nun in dein Dorfe, in dem der Schönen Familie
wohnt, ein anständiges Lokal zur Abhaltung der

kjochzeitsfeicr nicht vorhanden ist, beschließt man,
das Fest im ersten Gasthof der benachbarten grö-
Heren Stadt stattfinden zu lassen. Zn diesem
Zwecke begeben sich also die Eltern, Braut, Bräuti-
gam, verwandte u. s. w. schon am Tage vor der
Trauung zur Stadt. Nachmittags ist Trauung
in der Kirche. Alles verläuft schön und würde-
voll, wie es einer solchen Feier angepaßt ist, nur,
als das Brautpaar vor dem Altar niederkniet, um
den Segen zu empfangen, geht ein störendes Kichern
durch die Reihe der Gäste, sodaß der tferr Pastor,
während man bei Tisch saß, sich bei seinein Nach-
barn nach der Ursache der Störung und des Kicherns
erkundigt. „Ach, Herr Pastor, denken Sie nur,"
sagt der Nachbar, es war ja auch zu drollig: Als
das Brautpaar niederkniete, um den Segen zu
empfangen, stand anf den Schuhsohlen der Beiden
die Nummer 36." — Allgemeines verständnis-
inniges Lächeln, aud) Fräulein Gustchen schien be-
griffen zu haben, aber nach einer Viertelstunde
stellte sie plötzlich die unvermittelte Frage an mich:
„Sagen Sie mal, Herr X. hatte der Bräutigam
wirklich einen solch kleinen Fuß?"!!

Der Herr Major besichtigt die Rekruten beim
Geschützexerzieren. Der Herr Leutnant komman-
diert: „Granaten, Aufschlag feindlicher Schützen-
graben, markiert durch den weißen Schimmel,
Entfernung ((00 . .. ." Tiefe Stille, die Richt-
kanoniere bedienen ihre Maschinen. Dem Schimmel
drüben dauert das wohl zu lange, er setzt sich in
Trab. Gleich darauf ertönt die Stimme eines
biederen Kanoniers: „Herr Leutnant! Schützen-
graben rückt vor."

Kanonier Kuffke gibt um Urlaub ein, weil
feine Tante gestorben sei. Nach näherer Erkun-
digung erwidert der Feldwebel: „Na, wenn Ihre
Tante aber bereits vorgestern gestorben ist, können
Sie doch überhaupt nicht mehr redst zur Beerdi-
gung kommen."

„Das macht nichts," wendet Kuffke ein. „freue«
wird sie sich doch, daß td; gekommen bin."

Mahres Geschichtchen

Auch ich machte mal Seitensprünge und hie-
bei wurde mein kleiner hirschroter Dackl zum Ver-
räter, denn eines schönen Tages bekam mein klei-
nes Frauchen einen anonymen Brief.

Zn ihm stand, daß es vielleicht für sie von
Interesse sei zu erfahren, daß jede» Nachmittag
ein Herr (id? war auch ganz flüchtig beschrieben)
mit einem rotbraunen Dackel Besuch im Dause
Nr. X. in der Augustenstraße mache. Unterschrieben
war die Epistel mit „Ein Freund Ihrer Familie".

Darob die iiMidje Szene, au der auch das
meinerseits mit geradezu verblüffender Fertigkeit
angewandte, mir einzig zur Verfügung stehende
Mittel des Leugnens, des Hinweises auf eine Ver-
wechslung u. s. w. nichts änderte. Es kamen einige
trübe Tage. Da kam mir ein rettender Gedanke.
Ich zog einen Freund ins vertrauen und wir
schmiedeten einen Plan. — — —

Ich saß in meinem Studierzimmer, als das
neben der Türe hängende Telephon klingelte. Auf
die Meldung des Dienstmädchens wurde augen-
scheinlich meine Frau verlangt, denn sie trat an
das Telephon und nach kurzer Einleitung hörte
tdj die Stimme meiner Lebensgefährtin wutbebend:
„Lassen Sie mich und meinen Mann in Ruhe, Sie
ganz gemeiner Verleumder, mein Mann sitzt in
meinem Studierzimmer und der rotbraune Dund
steht neben mir, Schluß."

Wütend wurde das Hörrohr eingehängt, die
Türe öffnete fid? und meine kleine Frau flog mir
an den Hals.

„verzeih, Männe. Jetzt sehe idj, wie schlecht
die Welt ist. Eben ruft mich der ,Freund unserer
Familie* an und teilt mir mit, daß der Herr mit
dem rotbraunen Hund soeben wieder in das be-
wußte Haus getreten sei. Ich könne ihn dort
selbst erwarten."

Ich warf mich in die Brust, „verzieh" meiner
kleinen Frau, aber ich besserte mich auch.

Meinem Freunde drückte idi noch am gleichen
Abend dankbar die Hand - und alles war wie-
der gut. Kilo,,

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