mich mit einem unwilligen Ausruf, den ich
nicht verstehen konnte, zurückhielt.
Aergerlich über den rauhen Griff, der
mich schmerzte, und die Unmöglichkeit cin-
sehend, mich in diesem Sturmgebraus zu
verständigen, machte ich mich los und schritt
weiter gegen die Hütte zu.
Da vertrat mir der Mann den Weg,
riß die Büchse von der Schulter und rich-
tete die Mündung gegen mich.
Er ist verrückt geworden! fuhr es nur
durch den Kopf, während ich einen Augen-
blick überlegte, ob ich ihm Widerstand
leisten oder willfahren sollte. Dann ent-
schloß ich mich, ihm den Willen zu lassen
und wendete mich achselzuckend zum Wei-
tergehen.
Mein Führer senkte sofort die Waffe,
warf sie über die Schulter und eilte mir
mit langen Schritten voran.
Ich folgte in kleinem Abstand, die Hand
am Karabiner, mit gemischten Gefühlen
darüber nachgrübelnd, wie unvorsichtig es
doch ist, sich in diesen weltverlassenen Ein-
öden einem wildfremden, gut bewaffneten
Menschen als einzigem Begleiter anzuver-
trauen, wenn man sich überdies noch mit
ihm kaum verständigen kann. Ich erinnerte
mich an Konsul Zuells Worte, daß plötz-
liches Irrewerden besonders bei der Be-
völkerung gewisser grauenvoll einsamer Ge-
genden nicht allzu selten sei, auch wollte
mir jetzt plötzlich scheinen, als hätte mein
Führer schon während der letzten Tage ein
ganz sonderbares Gebühren gezeigt; ver-
schiedene seiner Eigentümlichkeiten fielen
mir ein, die mich jetzt befremdeten, und
meine Phantasie, beflügelt durch die Däm-
merung, die Wildnis und das Toben der Elemente,
fing an zu schweife», wobei sie mir allerhand
wenig verlockende Bilder malte, deren trostreichstes
noch genügte, mich diese ganze Iagdreise ver-
wünschen zu lassen.
Da plötzlich wandte sich mein Führer nach
mir um und grinste . . . aber durchaus nicht
Feld. Staeger
Wildschütz
Fleischkarte», Rartoffelkarten, Raskarte», Brotkarten,
Butterkarten schicke" f', aba a Iagdkart'» — die
schicken f net I"
geistesgestört! dann bog er in eine schmale Schlucht
Jl’fUUi , vvti.i. -
ein, in der man trotz der schon tiefen Dämmerung
eine Hütte erkannte.
„Hier gut sein für Nacht! Nix droben!"
brummte er vergnügt, schüttelte sich wie ein dem
Bad entstiegener Bär und begann, ein Feuer
anzuzünden.
Der Mensch war so wenig verrückt wie
ich! das wurde mir immer klarer, und diese
Überzeugung weckte den Zorn in mir über sein
unverantwortlich gewalttätiges Auftreten.
„Wie kamen Sie denn dazu, mir vor-
hin mit dem Gewehr zu drohen!" rief ich
entrüstet.
„Herr nix wollten hören ... Saeter
sehr gefährlich .. . und ich trage Verant-
wort ..." sagte er ohne Spur von Schuld-
bewußtsein.
„Ach, irgend ein blöder Aberglaube!"
bemerkte ich geringschätzig.
„Nix Aberglaube!" verwahrte er sich
lebhaft.
„Na, was dann?"
„Zn Saeter lange Zeit Mann mit Aus-
satz gewohnt und im Paar (Frühling) erst
gestorben ... verhungert... setzte er nach-
denklich hinzu ... weil Frau, die ihn hatte
lieb trotz Aussatz und ihm hat gebracht
immer Proviant zehn Kilometer herauf...
im Schneesturm umgekommen. .. Arme
Frau ... ist gewesen meine Schwester ...
Wölfe nix davon haben übrig gelassen ..."
wahres Gcschichcchci,
Bin von Beruf Apotheker und war
gerade einige Tage in einem Städtchen der
Mark Brandeiiburg, in der dortigen Apo-
theke, von Bayern her (ich bin Regensburger)
zum Dienste augetreten. Lben bin ich mit
einem Rezept beschäftigt, als der Stadtschutz-
maiin eiutritt und stramm grüßend mich mit
ernster Amtsmiene fragt: „Sie sind doch
der neue Provisor aus Bayern?" Auf mein „Ja"
erwidert der gewissenhafle Beamte der Nemesis:
„Missen Sie, mit Ihrer Anmeldung ist ja alles
tu Vednung, aber der Ü)rt, woher Sie stammen,
na Ihr Geburtsort... ist auf dem Formular nicht
deutlich zu lesen. Stammen Sie auspharmazut
oder Pharmazeut?"
594 *
nicht verstehen konnte, zurückhielt.
Aergerlich über den rauhen Griff, der
mich schmerzte, und die Unmöglichkeit cin-
sehend, mich in diesem Sturmgebraus zu
verständigen, machte ich mich los und schritt
weiter gegen die Hütte zu.
Da vertrat mir der Mann den Weg,
riß die Büchse von der Schulter und rich-
tete die Mündung gegen mich.
Er ist verrückt geworden! fuhr es nur
durch den Kopf, während ich einen Augen-
blick überlegte, ob ich ihm Widerstand
leisten oder willfahren sollte. Dann ent-
schloß ich mich, ihm den Willen zu lassen
und wendete mich achselzuckend zum Wei-
tergehen.
Mein Führer senkte sofort die Waffe,
warf sie über die Schulter und eilte mir
mit langen Schritten voran.
Ich folgte in kleinem Abstand, die Hand
am Karabiner, mit gemischten Gefühlen
darüber nachgrübelnd, wie unvorsichtig es
doch ist, sich in diesen weltverlassenen Ein-
öden einem wildfremden, gut bewaffneten
Menschen als einzigem Begleiter anzuver-
trauen, wenn man sich überdies noch mit
ihm kaum verständigen kann. Ich erinnerte
mich an Konsul Zuells Worte, daß plötz-
liches Irrewerden besonders bei der Be-
völkerung gewisser grauenvoll einsamer Ge-
genden nicht allzu selten sei, auch wollte
mir jetzt plötzlich scheinen, als hätte mein
Führer schon während der letzten Tage ein
ganz sonderbares Gebühren gezeigt; ver-
schiedene seiner Eigentümlichkeiten fielen
mir ein, die mich jetzt befremdeten, und
meine Phantasie, beflügelt durch die Däm-
merung, die Wildnis und das Toben der Elemente,
fing an zu schweife», wobei sie mir allerhand
wenig verlockende Bilder malte, deren trostreichstes
noch genügte, mich diese ganze Iagdreise ver-
wünschen zu lassen.
Da plötzlich wandte sich mein Führer nach
mir um und grinste . . . aber durchaus nicht
Feld. Staeger
Wildschütz
Fleischkarte», Rartoffelkarten, Raskarte», Brotkarten,
Butterkarten schicke" f', aba a Iagdkart'» — die
schicken f net I"
geistesgestört! dann bog er in eine schmale Schlucht
Jl’fUUi , vvti.i. -
ein, in der man trotz der schon tiefen Dämmerung
eine Hütte erkannte.
„Hier gut sein für Nacht! Nix droben!"
brummte er vergnügt, schüttelte sich wie ein dem
Bad entstiegener Bär und begann, ein Feuer
anzuzünden.
Der Mensch war so wenig verrückt wie
ich! das wurde mir immer klarer, und diese
Überzeugung weckte den Zorn in mir über sein
unverantwortlich gewalttätiges Auftreten.
„Wie kamen Sie denn dazu, mir vor-
hin mit dem Gewehr zu drohen!" rief ich
entrüstet.
„Herr nix wollten hören ... Saeter
sehr gefährlich .. . und ich trage Verant-
wort ..." sagte er ohne Spur von Schuld-
bewußtsein.
„Ach, irgend ein blöder Aberglaube!"
bemerkte ich geringschätzig.
„Nix Aberglaube!" verwahrte er sich
lebhaft.
„Na, was dann?"
„Zn Saeter lange Zeit Mann mit Aus-
satz gewohnt und im Paar (Frühling) erst
gestorben ... verhungert... setzte er nach-
denklich hinzu ... weil Frau, die ihn hatte
lieb trotz Aussatz und ihm hat gebracht
immer Proviant zehn Kilometer herauf...
im Schneesturm umgekommen. .. Arme
Frau ... ist gewesen meine Schwester ...
Wölfe nix davon haben übrig gelassen ..."
wahres Gcschichcchci,
Bin von Beruf Apotheker und war
gerade einige Tage in einem Städtchen der
Mark Brandeiiburg, in der dortigen Apo-
theke, von Bayern her (ich bin Regensburger)
zum Dienste augetreten. Lben bin ich mit
einem Rezept beschäftigt, als der Stadtschutz-
maiin eiutritt und stramm grüßend mich mit
ernster Amtsmiene fragt: „Sie sind doch
der neue Provisor aus Bayern?" Auf mein „Ja"
erwidert der gewissenhafle Beamte der Nemesis:
„Missen Sie, mit Ihrer Anmeldung ist ja alles
tu Vednung, aber der Ü)rt, woher Sie stammen,
na Ihr Geburtsort... ist auf dem Formular nicht
deutlich zu lesen. Stammen Sie auspharmazut
oder Pharmazeut?"
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