A. Schmidhammer
Maxi im Hilfsdienst
„Sie, Hilfsdienstpflichtiger Harden, bei uns
müssen Sic anständiges Deutsch schreiben!"
Liebe Zugend!
Ich besuchte bei meiner Rückkehr von der West-
front vor einigen Wochen das in einem Wald-
lager zu N. N. gelegene Militär-Kino. Ls war
kurz vor 7 Uhr abends, die Vorstellung sollte gleich
beginnen, da kommen noch einige Infanteristen in
den «roßen Saal, lachend, polternd — Bayern.
Liner davon, ein stämmiger Kerl mit starkem,
blondem, herabhängendem Schnurrbart, kam an-
scheinend eben aus dem Revier, denn feine rechte
Hand zierte ein frischer, weißer verband.
Da der II. Platz gänzlich besetzt war, wies der
aufsichtshabende Gefreite den fidelen Schützen Plätze
weiter hinten an, wo gewöhnlich nur Offiziere und
Feldwebel sitzen — „auf dem I. Platz." —
Erfreut, noch eine solch' gute Sitzgelegenheit
gefunden zu haben, sagte der Mann mit der schief
sitzenden Mütze und dem weißen verband laut in
gut bayerisch:
„I hob 's ja glei' g'sagt, dö Herrn mit dö
weiß'» Handschuh därf'n auf 'ni I. Platz sitzen!"
In einer Universitätsstadt sind einige Professoren
bekannt ob ihres Eifers, die Kolleggelder einzu-
treiben. Täglich statteten sie bei Semesterbeginn
der Rendantur einen Besuch ab, um sich über die
Höhe der Einschreibungen zu erkundigen.
Dieses löbliche Tun setzten sie auch
im Kriege fort. Leider flössen jetzt die
Einnahmequellen recht spärlich, und län-
ger und länger wurden die Gesichter der
Biederen und zweimal täglich kamen sie,
um zu kontrollieren, ob sich nicht noch
ein Schäflein verirrt habe.
Als nun einmal der Herr Rentamt-
mann den Beamten, der die Listen führte,
fragte, ob er wohl den Herrn Professor
3t. 'gesehen habe, antwortete dieser:
',Ia, Herr Rentamtmann, eben war
er da und hat die — Verlustlisten an-
gesehen."
AüMc, Cöeobalcll
Don eme aide franUforder
fldfdjee, tuet Kerner, guder, langer!
fldfdjee! Korz fei die flbfcbiddsredd!
Die Zeit is bees, die Zeit is schwanger,
Du warst die richtig Kebamm net!
Unn doch. Du hast merr net mißfalle,
sch glaab, merr hat Dich oft verkannt:
sn unsrer Zeit der stanzevstralle
Dbat uioJjl e king-bedächtig stand!
Mit l'brafe veifall zu erziele,
war nie Dei Lach, mei übeobald!
Del zögernd Kub, se galt gar viele
711; ängstlich, nüchtern odder kalt,
setz ruh nach Arweit, nach getbaner,
Dich au; unn sei net bees gestimmt
Unn wart' als ebrlicher stantianer,
Ob jetz e vismarchianer kimmt)
Tldschee! Mit rubigem gewisse
Nach stotzenstnows flure zieh’!
Unn bau’, for's Vaterland beflisse,
Dei KobUröpp unn Dem Zellenei
Leb dort vergniegt unn frob als Rentner
Unn bleib gesund unn babb viel Mick!
sch winsch Derr 5äu von siwweZentner
Unn Cier däglich dausend Stick!
, Karl eMingec
Liebe Zugend!
Musikdirektor Pros X. leitet ein Konzert. Als
Schlußstück wird Mendelsohn's „Sommernachts-
traum" gespielt. Beim Hochzeitsmarsch nimmt
Prof. X. das Tempo ungewöhnlich schnell. Ich
sage zu meinem Nachbarn, einem Feldgrauen:
„welch' rasendes Tempo! " worauf dieser erwidert:
„Scheint 'ne Kriegstrauung zu sein!"
Gelegentlich der Erhebung Polens zum König-
reich kamen wir auch auf die polnische Staatsfahne
zu sprechen. Als Freund Stanislaus Maintoczka
erklärte, daß inmitten des roten Fahnentuches ein
gespreizter Adler sei, unterbrach ihn ein Badenser
mit den Worten: „Schwätz nomme kein Bapp,
des tfdj doch e' Staus!"
In den mittleren Klassen einer höhe
ren Töchterschule stellt die Lehrerin das
Thema: „welcher Unterschied in der
Kriegführung besteht zwischen den alten
Germanen und dem jetzigen Weltkrieg?"
In dem Aufsatz der kleinen Llly findet
sich u. a. folgender Satz: „... Die alten
Germanen nahmen ihre Frauen mit in
den Krieg, unsere Soldaten nehmen die
Hoffnung mit."
„Die Zeichen der Zeck muß man verstehen, hat der Bcthmann gesagt!
Trink» ma a Bier, solang' »och eins da is!"
„Und wann, Woodrow, wirst Du Kommandeur
der französischen Ehrenlegion?"
„Sobald die Zinsen der ersten Anleihe von Paris
ausbleiben mein Schatz!"
Reflexion
(Der Entente gewidmet)
Die Menschheit kann sich in der Beweis-
führung nicht genug tun, daß sie trotz viel-
hundertjähriger Humanitälsbestrebungen in
nichts humaner geworden ist: hingegen
ist es den Laternenpfählen gelungen, den
dis jetzt unwiderleglichen Beweis zu erbrin-
gen, daß sie im Verlauf der letzten hundert
Jahre human über die Forderung des
Wortsinns hinaus geworden sind. Während
man elfteres tiefdefchämt als ein himmel-
schreiendes Verharren der Menschen in der
Barbarei anzusprechen gezwungen ist, wird
man hinwiderum versucht, die zweite Tat-
sache als eine unheilvolle Döcadence der
Laternenpfähle tieftraurig zu bedauern. Die
Menschen haben ihre hohe, kulturelle Missi-
on vergessen und die Laternenpfähle ihre
hohe politische: aber, an den Laternen-
pfählen wäre es gewesen, einzugreifen, ehe
es den paar Unmenschen gelang, die Mensch-
heit in das große Pflichtvergessen zu stürzen.
Indes; die Laternenpfähle blieben passiv.
Sollten sie sich aber jetzt noch auf
ihrePflicht besinnen (was viel eher zu
erhoffen ist, als daß sich die Mensch-
heit ihrer Pflicht bewußt wird), so
dürste es zu spät sein. Sie könnten,
wiewohl sie sich seit hundert Fahren
prozentuell viel stärker vermehrt
haben, als die Menschen, ihre Arbeit
kaum mehr bewältigen!
Max Kolmsperger
Liebe Zugend!
In einem Aufsatz über die bayrischen
Könige schreibt mir ein munterer Fünf-
zehnjähriger: Ludwia I. mar ein kerniger
Bayer, was uns schon die gewaltig'
Kolossalstatue der Bavaria in München
zeigt!
*
In einer den Schülern gegebenen Ge
schichtsarbeit über die Verfassung des
Deutschen Reiches las ich folgendes : Mi,
den Einnahmen ans den Verbrauch-
steuern bestreitet das Deutsche Reich die
Unterhaltung seiner vielen Gesandten!
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Maxi im Hilfsdienst
„Sie, Hilfsdienstpflichtiger Harden, bei uns
müssen Sic anständiges Deutsch schreiben!"
Liebe Zugend!
Ich besuchte bei meiner Rückkehr von der West-
front vor einigen Wochen das in einem Wald-
lager zu N. N. gelegene Militär-Kino. Ls war
kurz vor 7 Uhr abends, die Vorstellung sollte gleich
beginnen, da kommen noch einige Infanteristen in
den «roßen Saal, lachend, polternd — Bayern.
Liner davon, ein stämmiger Kerl mit starkem,
blondem, herabhängendem Schnurrbart, kam an-
scheinend eben aus dem Revier, denn feine rechte
Hand zierte ein frischer, weißer verband.
Da der II. Platz gänzlich besetzt war, wies der
aufsichtshabende Gefreite den fidelen Schützen Plätze
weiter hinten an, wo gewöhnlich nur Offiziere und
Feldwebel sitzen — „auf dem I. Platz." —
Erfreut, noch eine solch' gute Sitzgelegenheit
gefunden zu haben, sagte der Mann mit der schief
sitzenden Mütze und dem weißen verband laut in
gut bayerisch:
„I hob 's ja glei' g'sagt, dö Herrn mit dö
weiß'» Handschuh därf'n auf 'ni I. Platz sitzen!"
In einer Universitätsstadt sind einige Professoren
bekannt ob ihres Eifers, die Kolleggelder einzu-
treiben. Täglich statteten sie bei Semesterbeginn
der Rendantur einen Besuch ab, um sich über die
Höhe der Einschreibungen zu erkundigen.
Dieses löbliche Tun setzten sie auch
im Kriege fort. Leider flössen jetzt die
Einnahmequellen recht spärlich, und län-
ger und länger wurden die Gesichter der
Biederen und zweimal täglich kamen sie,
um zu kontrollieren, ob sich nicht noch
ein Schäflein verirrt habe.
Als nun einmal der Herr Rentamt-
mann den Beamten, der die Listen führte,
fragte, ob er wohl den Herrn Professor
3t. 'gesehen habe, antwortete dieser:
',Ia, Herr Rentamtmann, eben war
er da und hat die — Verlustlisten an-
gesehen."
AüMc, Cöeobalcll
Don eme aide franUforder
fldfdjee, tuet Kerner, guder, langer!
fldfdjee! Korz fei die flbfcbiddsredd!
Die Zeit is bees, die Zeit is schwanger,
Du warst die richtig Kebamm net!
Unn doch. Du hast merr net mißfalle,
sch glaab, merr hat Dich oft verkannt:
sn unsrer Zeit der stanzevstralle
Dbat uioJjl e king-bedächtig stand!
Mit l'brafe veifall zu erziele,
war nie Dei Lach, mei übeobald!
Del zögernd Kub, se galt gar viele
711; ängstlich, nüchtern odder kalt,
setz ruh nach Arweit, nach getbaner,
Dich au; unn sei net bees gestimmt
Unn wart' als ebrlicher stantianer,
Ob jetz e vismarchianer kimmt)
Tldschee! Mit rubigem gewisse
Nach stotzenstnows flure zieh’!
Unn bau’, for's Vaterland beflisse,
Dei KobUröpp unn Dem Zellenei
Leb dort vergniegt unn frob als Rentner
Unn bleib gesund unn babb viel Mick!
sch winsch Derr 5äu von siwweZentner
Unn Cier däglich dausend Stick!
, Karl eMingec
Liebe Zugend!
Musikdirektor Pros X. leitet ein Konzert. Als
Schlußstück wird Mendelsohn's „Sommernachts-
traum" gespielt. Beim Hochzeitsmarsch nimmt
Prof. X. das Tempo ungewöhnlich schnell. Ich
sage zu meinem Nachbarn, einem Feldgrauen:
„welch' rasendes Tempo! " worauf dieser erwidert:
„Scheint 'ne Kriegstrauung zu sein!"
Gelegentlich der Erhebung Polens zum König-
reich kamen wir auch auf die polnische Staatsfahne
zu sprechen. Als Freund Stanislaus Maintoczka
erklärte, daß inmitten des roten Fahnentuches ein
gespreizter Adler sei, unterbrach ihn ein Badenser
mit den Worten: „Schwätz nomme kein Bapp,
des tfdj doch e' Staus!"
In den mittleren Klassen einer höhe
ren Töchterschule stellt die Lehrerin das
Thema: „welcher Unterschied in der
Kriegführung besteht zwischen den alten
Germanen und dem jetzigen Weltkrieg?"
In dem Aufsatz der kleinen Llly findet
sich u. a. folgender Satz: „... Die alten
Germanen nahmen ihre Frauen mit in
den Krieg, unsere Soldaten nehmen die
Hoffnung mit."
„Die Zeichen der Zeck muß man verstehen, hat der Bcthmann gesagt!
Trink» ma a Bier, solang' »och eins da is!"
„Und wann, Woodrow, wirst Du Kommandeur
der französischen Ehrenlegion?"
„Sobald die Zinsen der ersten Anleihe von Paris
ausbleiben mein Schatz!"
Reflexion
(Der Entente gewidmet)
Die Menschheit kann sich in der Beweis-
führung nicht genug tun, daß sie trotz viel-
hundertjähriger Humanitälsbestrebungen in
nichts humaner geworden ist: hingegen
ist es den Laternenpfählen gelungen, den
dis jetzt unwiderleglichen Beweis zu erbrin-
gen, daß sie im Verlauf der letzten hundert
Jahre human über die Forderung des
Wortsinns hinaus geworden sind. Während
man elfteres tiefdefchämt als ein himmel-
schreiendes Verharren der Menschen in der
Barbarei anzusprechen gezwungen ist, wird
man hinwiderum versucht, die zweite Tat-
sache als eine unheilvolle Döcadence der
Laternenpfähle tieftraurig zu bedauern. Die
Menschen haben ihre hohe, kulturelle Missi-
on vergessen und die Laternenpfähle ihre
hohe politische: aber, an den Laternen-
pfählen wäre es gewesen, einzugreifen, ehe
es den paar Unmenschen gelang, die Mensch-
heit in das große Pflichtvergessen zu stürzen.
Indes; die Laternenpfähle blieben passiv.
Sollten sie sich aber jetzt noch auf
ihrePflicht besinnen (was viel eher zu
erhoffen ist, als daß sich die Mensch-
heit ihrer Pflicht bewußt wird), so
dürste es zu spät sein. Sie könnten,
wiewohl sie sich seit hundert Fahren
prozentuell viel stärker vermehrt
haben, als die Menschen, ihre Arbeit
kaum mehr bewältigen!
Max Kolmsperger
Liebe Zugend!
In einem Aufsatz über die bayrischen
Könige schreibt mir ein munterer Fünf-
zehnjähriger: Ludwia I. mar ein kerniger
Bayer, was uns schon die gewaltig'
Kolossalstatue der Bavaria in München
zeigt!
*
In einer den Schülern gegebenen Ge
schichtsarbeit über die Verfassung des
Deutschen Reiches las ich folgendes : Mi,
den Einnahmen ans den Verbrauch-
steuern bestreitet das Deutsche Reich die
Unterhaltung seiner vielen Gesandten!
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