Volkstheater
Hinauf zum großen Podium I
Hernieder aus den Rangen I
Verstummer trifft das Odium
Lei Trug- und Rampfgcsängen.
Die Heimat ist die Lühne,
Gibt Jedem Raum und Licht,
Das Zwerglein und der Hüne
Tut not im ZVcltgcdicht.
Zur Hacke greift, zum Hobel
Der Grüne wie der Greis:
Der Helfer nur ist nobel
Und kriegt de» Nobelpreis.
wir ziehen blaue Lohnen, —
Der Hirte melkt und wacht, —
Mit Rühen und Rationen
Gewinnen wir die Schlacht.
Das Zugstück, das wir spielen,
Ein Sieger hat's gelehrt.
Sein Spruch heißt: „In den Sielen
„Nur stirbt ein braves Pferd."
Hinauf zum großen Podium I
Hernieder aus den Rangen!
Verstummer trifft das Odium
Bei Trutz- und Rampfgesängen.
Oswald Schmidt
Gespräch in Elysium
Bon Walter Bühr
Auf halbrunder Marmorbank, weißleuchtend vor
einer Gruppe dunklen Lorbeers, vier Herren, unter-
schieden durch Alter, Statur und Kleidung. Heitere
Gesprächsworte, die sie — gleich Kindern den far-
bigen Ball — einander zuwarfen, verstummen.. Die
tägliche Hekatombe steigt von den Schlachtfeldern
Europas herauf, bestaubt, erhitzt und blutig, aber
versöhnt: Deutsche, Engländer, Franzosen, Muffen.
Die Herren auf der Bank erheben sich. Drei gehen
den Borüb-rziehenden entgegen, der Vierte, in der Tracht
kastilischer Hidalgos, bleibt zurück. Von den Neuangekom-
menen lösen sich, unaufgehalten durch Frage und Gegen-
frage, die Deutschen, ihren Weg sogleich fortsetzend.
Die Herren kehren zur Bank zurück. Die vorige
Heiterkeit ihrer Mienen ist gewichen. An einem Bank-
ende sitzt der Kastilianer; sein linker Arm, dem die
Hand fehlt, ruht leicht auf dem Korbe des Toledaner-
degens. Das vollbärtige Gesicht se nes Nachbars in
weichen Juchtenstiefeln zeigt Falten der Bekümmernis.
Der Herr in der Allongepcrücke neben ihm kräuselt
die Lippen, nicht mit dem Ausdruck der Befriedigung.
Am anderen Ende zieht der Vierte die Spitzen feines
Knebelbartes nachdenklich durch die Finger. Alle
kommen langsam wieder ins Gespräch.
Cervantes: Sennores, ich hatte nicht den Vor-
zug, Landsleute zu begrüßen.
Dostoicwski: Bruder, daran ist nichts zu tadeln.
Moliöre: Es war Freude und Unbehagen zu-
gleich, iVlsssieurs.
Shakespeare: Qentlemen, rechten wir nicht
darüber.
Dostojewski: Heiliges Rußland, wie Unend-
liches duldest Du, Mütterchen!
Moliöre: Tage Louis le Orancks, selige Tage
des Sonnenkönigs, wo sind Euer Glanz, vietoire
und gloire?
Shakespeare: Merry Old- England! Eine
Träne, Queen Beth, was sind wir geworden?
Cervantes: Ihnen meine Teilnahme, Sen-
nores, mir kein Mitleid. Ihre Klage ist Tat.
Abseits müßte ich stehen, lachen vor Groll und
weinen vor Qual.
Shakespeare: Wir verstehen und beneiden zu-
gleich. Ihr Degen ruht in der Scheide. Ist er
deshalb weniger Waffe?
Cervantes: Bei meiner Linken von Lepanto,
Du wirst mir fremd, Spanien. (Er seufzt tief):
O Gibraltar I
Shakespeare (will sich erheben).
Moliöre (legt ihm die Hand auf die Schulter):
Erhitzen wir uns nicht. Erklären wir uns; klären
wir andere.
Dostojewski: Unmenschlich Akenschliches lernte
h kennen. Brüder, es war wenig, cs ist nichts
egen den Schmerz der Völker, gcgcil das Leid
er Welt. Biel Wille und kein Weg. All das
eben, das blühende Leben!
Moliöre: Das Leben ist wertlos, das man
cweint. (Leise): Sie sollen nicht mehr lachend
erben können!
Shakespeare: Du ritterliche weiße und rote
roses gerade Kraft, Du klarer Blick. Sie ver-
mgnen Dich, die Dunkelwürme, die kurzgeäugten,
ötielbrilligter Gehirnkehricht behauptet, Ihr seid
iid)t gewesen. Sie vcrkrümcrn Eucl>, die Seelen-
ierküufer der Freiheit Englands.
Dostojewski: Sie fielen für Väterchen Iar,
ms große Väterchen. Sie fallen für Mütterchen
Freiheit, das große Mütterchen. Biele wissen nicht
oarum, aber sic fallen. Sie wollen leben und
nässen sterben. (Schluß auf Seite 634 a)
Aus dem Bayrischen Wald: „Der Wurzelmann“
Walter Püttner (im Felde)
633
Hinauf zum großen Podium I
Hernieder aus den Rangen I
Verstummer trifft das Odium
Lei Trug- und Rampfgcsängen.
Die Heimat ist die Lühne,
Gibt Jedem Raum und Licht,
Das Zwerglein und der Hüne
Tut not im ZVcltgcdicht.
Zur Hacke greift, zum Hobel
Der Grüne wie der Greis:
Der Helfer nur ist nobel
Und kriegt de» Nobelpreis.
wir ziehen blaue Lohnen, —
Der Hirte melkt und wacht, —
Mit Rühen und Rationen
Gewinnen wir die Schlacht.
Das Zugstück, das wir spielen,
Ein Sieger hat's gelehrt.
Sein Spruch heißt: „In den Sielen
„Nur stirbt ein braves Pferd."
Hinauf zum großen Podium I
Hernieder aus den Rangen!
Verstummer trifft das Odium
Bei Trutz- und Rampfgesängen.
Oswald Schmidt
Gespräch in Elysium
Bon Walter Bühr
Auf halbrunder Marmorbank, weißleuchtend vor
einer Gruppe dunklen Lorbeers, vier Herren, unter-
schieden durch Alter, Statur und Kleidung. Heitere
Gesprächsworte, die sie — gleich Kindern den far-
bigen Ball — einander zuwarfen, verstummen.. Die
tägliche Hekatombe steigt von den Schlachtfeldern
Europas herauf, bestaubt, erhitzt und blutig, aber
versöhnt: Deutsche, Engländer, Franzosen, Muffen.
Die Herren auf der Bank erheben sich. Drei gehen
den Borüb-rziehenden entgegen, der Vierte, in der Tracht
kastilischer Hidalgos, bleibt zurück. Von den Neuangekom-
menen lösen sich, unaufgehalten durch Frage und Gegen-
frage, die Deutschen, ihren Weg sogleich fortsetzend.
Die Herren kehren zur Bank zurück. Die vorige
Heiterkeit ihrer Mienen ist gewichen. An einem Bank-
ende sitzt der Kastilianer; sein linker Arm, dem die
Hand fehlt, ruht leicht auf dem Korbe des Toledaner-
degens. Das vollbärtige Gesicht se nes Nachbars in
weichen Juchtenstiefeln zeigt Falten der Bekümmernis.
Der Herr in der Allongepcrücke neben ihm kräuselt
die Lippen, nicht mit dem Ausdruck der Befriedigung.
Am anderen Ende zieht der Vierte die Spitzen feines
Knebelbartes nachdenklich durch die Finger. Alle
kommen langsam wieder ins Gespräch.
Cervantes: Sennores, ich hatte nicht den Vor-
zug, Landsleute zu begrüßen.
Dostoicwski: Bruder, daran ist nichts zu tadeln.
Moliöre: Es war Freude und Unbehagen zu-
gleich, iVlsssieurs.
Shakespeare: Qentlemen, rechten wir nicht
darüber.
Dostojewski: Heiliges Rußland, wie Unend-
liches duldest Du, Mütterchen!
Moliöre: Tage Louis le Orancks, selige Tage
des Sonnenkönigs, wo sind Euer Glanz, vietoire
und gloire?
Shakespeare: Merry Old- England! Eine
Träne, Queen Beth, was sind wir geworden?
Cervantes: Ihnen meine Teilnahme, Sen-
nores, mir kein Mitleid. Ihre Klage ist Tat.
Abseits müßte ich stehen, lachen vor Groll und
weinen vor Qual.
Shakespeare: Wir verstehen und beneiden zu-
gleich. Ihr Degen ruht in der Scheide. Ist er
deshalb weniger Waffe?
Cervantes: Bei meiner Linken von Lepanto,
Du wirst mir fremd, Spanien. (Er seufzt tief):
O Gibraltar I
Shakespeare (will sich erheben).
Moliöre (legt ihm die Hand auf die Schulter):
Erhitzen wir uns nicht. Erklären wir uns; klären
wir andere.
Dostojewski: Unmenschlich Akenschliches lernte
h kennen. Brüder, es war wenig, cs ist nichts
egen den Schmerz der Völker, gcgcil das Leid
er Welt. Biel Wille und kein Weg. All das
eben, das blühende Leben!
Moliöre: Das Leben ist wertlos, das man
cweint. (Leise): Sie sollen nicht mehr lachend
erben können!
Shakespeare: Du ritterliche weiße und rote
roses gerade Kraft, Du klarer Blick. Sie ver-
mgnen Dich, die Dunkelwürme, die kurzgeäugten,
ötielbrilligter Gehirnkehricht behauptet, Ihr seid
iid)t gewesen. Sie vcrkrümcrn Eucl>, die Seelen-
ierküufer der Freiheit Englands.
Dostojewski: Sie fielen für Väterchen Iar,
ms große Väterchen. Sie fallen für Mütterchen
Freiheit, das große Mütterchen. Biele wissen nicht
oarum, aber sic fallen. Sie wollen leben und
nässen sterben. (Schluß auf Seite 634 a)
Aus dem Bayrischen Wald: „Der Wurzelmann“
Walter Püttner (im Felde)
633