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und ich hatten jeder einen kleinen Heimat-
schuß, den wir in einem Badeort aus-
heiltcn. Ernst hatte seine Kur zuerst be-
endet. Bei seiner Abschiedsbowle rutscht
ihm ein unfreiwilliger, dafür um so bes-
serer Witz aus, den ich etwas zurecht-
gestutzt an die „Jugend" schicke. Um-
gehendkommt die Antwort: „Angenom-
men, Postanweisung über Ulk. 5.- folgt."

Stolz berichte ich meiner Frau den
Erfolg und voll Eitelkeit zeige ich das
Schreiben beim Abendschoppcn Da ruft
die ganze Tafelrunde: „was machen wir
mit all dem Geld? Kellner, Weinkarte,
der posta aursatus zahlt!" Ich lief; nrich
schließlich breit schlagen, aber die in Aus-
sicht gestellten 5 Ulk. waren damit mehr
wie zweimal vorschußweise gezahlt. Den
nächsten Tag brachte die Post einen Brief
von meiner Frau. Die Freude, die sie
hatte! „. . . und das Geld, das uns so
ins Haus geflattert kommt, das können
wir mit gutem Gewissen verjuxen, dafür
kaufen mir uns etwas recht Schönes.
Damit Du nicht so lange zu raten brauchst
womit Du mich überraschen sollst, habe
ich gleich heute morgen eine entzückende
Bluse gekauft. Sie kostet allerdings ZssMk.,
aber wenn Du noch mehr au die „Jugend"
schickst ..."

Heimreise, wie ich mich wieder am Stammtisch
sehen lasse, sitzt da Freund Ernst mit der neuesten
„Jugend". Er stürzt auf nrich los: „Das hast
Du gemachtl So eine Gemeinheit, erst lachst Du
mich aus und dann willst Du damit noch Geld
verdienen, das gibt es nicht; Kellner, Weinkarte!"

Zuhause angekommen, werde ich von meiner
Frau nicht mit der erwarteten Gardinenpredigt
wegen zu langen Ausbleibens überschüttet, sondern
mit dem Freudengebeul: „vorhin war der Geld-
bricfträger da und hat die 5 Mark voll der Ju-
gend gebracht!" „Großartig," sage ich, „wo ist
denn das Geld?" „Das Geld? das habe ich den
Kindern in ihre Sparbüchse gesteckt!!!"

’heo Waiden schlaget-

Die Wärmflasche

Von Iucundus Fröhlich

Ich leide an kalten Füßen. Ob
dieses Gebrechen in meinen ver-
krüppelten Zehen seinen Ursprung
hat, weiß ich nicht. Um es des
Nachts zu beheben, bedarf ich einer
Wärmflasche, welche meinen Füßen
die lästige Kälte entzieht und sie
mit wohliger Wärme wie mit dicker
Wolle umhüllt. Leicht sinke ich in
tönende Träume; ich wandle auf
heißem Wüstensande. Die Palmen
stehen wie Staubwedel am Weg.

Kamele trotten schwer beladen mit
Datteln und Feigen, Araber in wei-
ßem Burnus, silberbeschlagene Pi-
stolen und Gewehre schwenkend,
galopieren auf ihren edlen Pferden
an mir vorbei. Auf Gebetsteppichen
knien Gläubige, die Blicke fromm
nach Mekka gewandt. Neckische
Mädchen, völlig nackt, werfen
Perlen schwarzer Blicke nach mir.
wird immer unerträglicher. Der
steht niir steil auf der Stirn. Mein
brennen. Sandflöhe beißen sich zwischen
meinen Zehen fest — am Spätnachmittage
erreiche ich die schattige, schützende Oase.

Bäume fächeln Kühlung, und herrlich er-
wünscht läuft ein lauwarmer Bach über
den Pfad und über meine Füße.... denn
die Wärmflasche ist ausgelaufen. Ich liege
in einem nassen Bett, und auf das Dienst-

„Reurcr"-Meldung aus Tokio

Der iapanischc Minister, Baron Meteno (in der japanischen
Kammer): „Ich bin namentlich über die Entwicklung der Verhält-
nisse Japans zu Rußland hoffnungsvoll gestimmt!"

mädchen fluchend, halb schon wieder im
sanften Schlaf, beginne ich vom Eismeer
zu träumen.

Liebe Lugend!

Beiträge schicke ich Dir keine mehr, die Sache
wird mir zu teuer. Die Briefmarken sind auf-
geschlagen, aber ich brauche keine, weil ich „Feld-
post" drauf schreibe, Papierteuerung ist es auch
nicht, denn was ich schreibe soll sein wie der Dienst:
kurz aber stramm! Aber ein Beitrag hat nrich doch
viel Geld gekostet und das kam so: Freund Ernst
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[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Theo Waidenschlager: "Reuter"-Meldung aus Tokio
Jucundus Fröhlich: Die Wärmflasche
 
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