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Die namenlosen Helden

Euch besang »och nie ein Dichter
In dem ganzen große» Krieg:

Minensucher und -vernichter!

Stumme tapfere Verzichter
Auf den Ruhm und auf den Sieg!

hinter allen Kriegsgcwerben
Das gefährlichste habt ihr!

In das schwimmende Verderben
Stürzt ihr euch, bereit zu sterben.

Der Marine Pionier!

Dmch die todverseuchten Meere
Brecht ihr mutig eine Bahn,

Daß kein Ungemach versehre
Die Geschwader und die Heere
Eurer Brüter, wenn sie nah».

Und durch die befreiten Sunde
Stürme» sie zu hellem Ruhm —

Aber ihr geht still zugrunde!

Keine laute Jubelkunde
Sagt von eurem Heldentum!

Heil euch, Minensucher-Boote!

Namenlos und unbekannt,

Treu dem eisernen Gebote
Bis zum Tote, bis zum Tote,

Dient auch ihr dem Vaterland!

A. l>e Nora

*

Deutschlands Zwangserziehung

Der französische Senator Carnet
zählt in der „France" einige der Frie-
densbedingungen auf, die Frankreich
den Deutschen auferlegen wird. Der
tollwütige Tiger-Affe erklärt:

Frankreich wird sich mit den in-
ner» Angelegenheiten Deutschlands be-
fassen, ferner unsere wirtschaftlichen An-
gelegenheiten dahin regeln, dass wir uns fortan
durchaus auf unseren heimischen Markt beschrän-
ke» müssen.

Hauptsää>liä) aber wird unser Unterrichts-
wesen unter französische Fürsorge ge-
stelltwerden und die Franzosen werden uns leh-
ren, aufrichtig, treu und brüderlich zu fein.

Bringt Frankreich allein das alles fertig?'
Am Ende würde besser ein internationales Welt-
Kollegium gebildet unter dem Vorsitz des Herrn
Professors Wilson. Dieser übernähme dann
vicllciä)t auch die Abteilung für Aufrichtigkeit.'
Die Weltprofessur für Treue wäre deut König
Viktor EManuel mit dem savogischen Ehren-
wort zu übertragen, über Brüderlichkeit würde
»ns vielleicht Lord Ce eil oder Balfour, von
denen die Neutralen so brüderlich behandelt wer-
den, Vortrüge halten. Bratianu oder Take
Fonescu könnten uns über Unbesteclilichkeil be-
lehren, Lansing über das Völkerrecht, Poin-
care über Bescheidenheit, Ribot über Wahr-
heitsliebe, B r a n l i n g über Neutralität, Lloyd
George über den guten Ton im internationalen
Verkehr, Mac-Bride, der Baralongkapitän
über Menschlichkeit, D'Annunzio über Sitten-
reinheit und Northcliffe über journalistischen
Anstand.

Bon solchen Schulmeistern gelenkt, müßte der
deutsche Michel ja am Ende doch moralisch ge-
sund werden!

leben, und macht sich durchaus keine
Gedanken darüber, warum der Ge-
heimratshund so mager geworden ist.

Dieser begrüßt ihn nun öfters mit
Schwanzwcdeln, und erlaubt sogar,
daß Lump ihn nach Hundcsitte beriecht.

Allerdings fallen ihm diese Kon-
zessionen außerordentlich schwer und
er sehnt sich nach den alten Zuständen
zurück. „Wann, mein Lieber," hat
er neulich zu seinem Freund, dem Pro-
fessorshund gesagt, „ist dieser greuliche
Krieg vorüber, damit man diese Leute
wieder in die sozialen Schranken zu-
rückweiscn kann, die ihnen gebühren?"

L. M. Schultheis

Das unsichtbare Schiff

Edison hat, wie sich die „Neue
Zürcher Zeitung" aus Washington
melden läßt, ein unsichtbares
Schiff erfunden, das die U-Boote
in kurzer Zeit wirksam bekämpfen
wird. Es ist aus gepanzerter Preß-
luft von den Great-Mouth-Wer-
ken in Owai-oh hergcstellt und am
t. April 1917 auf Stapel gelegt wor-
den. Am 31. September verließ es in
Gegenwart einer unabsehbaren Men-
schenmenge in Bluffalo-Port die
Werften und ging zu Wasser. Ein
kleiner Junge rief zwar: „Fch sehe ja
gar kein Schiff, cs ist gar keines da,"
aber gerade dadurch wird die Existenz
des unsichtbaren Schiffes zur Evidenz
(wenn man so sagen darf) bewiesen.

Seit dem 31. September fährt das
Schiff auf See. Wenn sein Hum-
Bug die Wellen tnirdjfdjneibct, ent-
steht eine ganze Wirbel-Säule von
Blasen, die nichts als amerikani-
schen Wind enthalten. Die Blasen
platzen vor Lachen und der frei wer-
dende Wind treibt das Schiss, mit einer
Geschwindigkeit von 220Rcutcr-
lügen in der Sekunde, vorwärts. Be-
stückt ist es mit zwölf 98prozenti-
gen Alkoholkanonen, die immer
vollgeladen sind und jeden, der die volle
Ladung bekommt, so benebeln, daß er nirijto mehr
sieht als ein unsichtbares Schiff.

Das Großartige an diesem neuen Schiffstyp
ist: daß nid)t nur er selbst, sondern auch sein
Erfolg völlig unsichtbar ist. a. j>.

*

Die Probe

Irgendwo im Schweizerland spazierten drei
Internierte, ein Deutscher, ein Franzose und ein
Engländer. Sie unterhielten sich über die mut-
maßliche Dauer des Krieges und andere zeitge-
mäße Fragen, und dabei kam das Gespräch auch
auf die Standhaftigkeit der kämpfenden Völker.
Bei diesem Kapitel drohte die bisherige versöhn-
liche Haltung der drei Leidensgenossen in die
Brüche zu gehen, denn jeder beanspruchte die größte
Standhaftigkeit für sein eigenes Volk. Schließlich
schien jedoch auch hier eine glückliche Idee einen
friedlichen Ausweg zu zeigen. — In der Nähe
stand ein Ziegenstall, darin ein alter Bock sein
duftendes Dasein fristete. Dem beschlossen die drei
Gesellschaft zu leisten; wer es am längsten in dem
lieblichen Raum aushalten würde, sollte die größte
Standhaftigkeit für sich und seine Nation bean-
spruchen dürfen.

Die drei verschwanden im Ziegenstall.

Nach fünf Minuten lief, das Schnupftuch unter
die Nase gedrückt, der Franzmann ins Freie.
Ihn: folgte bald darauf nüt verzerrten Zügen der
Deutsche. Die Beiden warteten, — warteten fast
eine halbe Stunde. Da endlich wurde die Stall-
türc heftig aufgcstoßen und heraus wankte mit
zitternden Kniecn — der Ziegenbock!-

Theo WaidenschUiger

Japs und Wilson

„Wsedrow, kommst Du zurück von Flandern, meid' Dich bei
mir — zur Nachbehandlung! ..."

Hunde

Er heißt Lump. Oberflächlich gesprochen könnte
man ihn einen Metzgerhund nennen, in Wirklich-
keit ist er dies nicht; er ist der Hund des Metz-
gers. Das ist ein gewaltiger Unterschied, den selbst
der Geheimratshund anerkennt. Freilich bleibt
zwischen dem Hund des Metzgers und dem Hund
des Geheimrats immer noch ein unüberbrückbarer
sozialer Spalt, den selbst das Wort Charkutier,
das sich der Metzger vor dem Kriege beilegte,
nicht zu schließen vermochte.

Trotzdem hat fid) seit dem Kriege allerlei ge-
ändert. Niä>t in Lump selbst, denn er sitzt tüg-
lid) noch vor der Haustür genau so dick wie
früher. Sein winziger Kopf auf dem unförmi-
gen Körper macht den Eindruck, als ob fid) eine
Fliege auf eine Wurst gesetzt habe. Das kommt
von dem reichlichen Futter her, denn in einem
Metzgerladen gibt es immer noch allerlei Abfall.

Dagegen ist der Geheimratshund, der Lump
einst ähnelte wie ein Bruder (was ihm sehr pcin-
iid) war) erstaunlich mager geworden. Und noch
eins — er meidet nicht mehr die Gesellschaft des
Metzgerhundes. Er sucht sic sogar. Er beschnup-
pert Lump und findet, daß er gar nicht so übel
rieä>c. Nach Fett und Geschlinge, behauptet er.
Früher hätte er diesen Anhauch vulgär gefunden;
wenn er jetzt mit seinem Freund, dem Professors-
hund, von Lump spricht, sagt er: „Ein braver
Hund, dieser Lump!" Da war nämlich ein Kno-
chen für ihn abgefallen, als Lump sich übcrfressen
hatte und nicht mehr mochte. Zur Steuer der
Wahrheit muß gesagt werden, daß Lump keine
altruistischen Neigungen hat, er lebt und läßt

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Register
Theo Waidenschlager: Japs und Wilson
A. D. N.: Das unsichtbare Schiff
-Ps- -ps - ps -: Deutschlands Zwangserziehung
L. M. Schultheis: Hunde
A. De Nora: Die namenlosen Helden
 
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