Am thyrhennischen Meere (Studie)
Otto 6reiner f
Da, Gellebte, Du gehst
Da, Geliebte, Du gehst, bleib ich allein trauererfüllt zurück.
Auf der Wange noch brennt, feuriges Mal, Ruß über Ruß von Vir,
Und Dein Atem beseelt, wie wenn Du selbst da wärst. noch das Gemach,
Und Dein freundliches Bild, schließ ich das Aug, steht noch immer vor mir.
Aber Du gingst, mein Herz. Sehnsuchtbeschwert ließest Du mich zurück.
Und ich denke des Tags — fern liegt er schon! — da, wie dem wandernden
Lieblingsvolke des Herrn feurige Säul' flammend vorangeschwebt:
So aus düsterem Pfad, den mich ein Gott rastlos zu gehn verdammt,
Dein geliebtes Gesicht Frieden und Licht einst mir zuerst gebracht.
Za, bedenk ich's genau, liebt ich Dich stets, unter den wechselnden
Formen, dle das Geschick, launisch gesinnt, an mir vorbelgespült.
Bilder waren sie nur, Bilder von Vir, unvollkommen genug,
wie im Rebe! sich oft, früh, wenn der Tag sich schlaftrunken erhebt.
Fernen Tagesgestirns strahlendes Bild schleierumwunden zeigt:
Steiget der Tag empor, hüllenlos dann leuchtet die Sonn dem Aug — :
So auch hat, als mein weg, steinübersät, langsam zum Gipfel klomm.
Dich ein gütiger Gott, heiterste Form, mir vor das Aug' gestellt.
Liebend Dich zu erfchaun, göttlich Geschenk, war meines Lebens Sinn.
Unnütz war ich bisher! aber mit Dir werd' ich vollendet sein.
Hans von Hülsen
reichen Konnten. Unser Leutnant vereinigte die
„schweren Jungen" zu einer Gruppe. Als niemand
der Geächteten Führer sein wollte, da meldete
ich mich freiwillig.
Ich habe es nie bereut. Mein großes Er-
leben begann. Meine Iungens haben alles für
mich getan, weil sie sahen, daß .ich als ihr Grup-
penführer mit ihnen teilte, hungerte, litt und —
jubelte. Auch das hatten sie wieder gelernt.
Jeden Wunsch lasen sie mir vom Auge ab.
Blumen holten die rauhen Gesellen für mich und
schmückten den Unterstand, sie hungerten nach
einem guten Wort, sie schufteten und hieben mit
der Hacke, daß die Funken stoben und warfen
unermüdlich die schweren Erdklumpen über die
Berme. Und wenn wir abends einrückten, früher
als die anderen, dann waren sie stolz auf einen
freundlichen Blick, auf ein gutes Wort, auf einen
Händedruck.
Als wir im Unterstand im feuchten Gebälk
und Gestein am Tisch abends saßen und ver-
sunken unseren Gedanken nachgingen, ein Lied
von Heimat und Liebe sangen, als dazu das
Holzfeuer im Öfchen einen Heidenspuk anfachle
und das Kerzlein, das nur mühsam den Raum
erhellte, aufzuckte und die Gesichter meiner schweren
Iungens beleuchtete, da sah ich im Kerzenschein
und zwischen den Sträußen von rotem Mohn
manch versteckte Träne glänzen, ein Stück verirrte
Sehnsucht auf rauhem, bärtigem, durchfurchtem
Antlitz....
Dann kam der Tag, wo eine Sängerin von
Ruf mit der Laute zu uns in den Graben kam.
Meine schweren Iungens hatten Arbeitsdienst und
kamen nicl)t mit zur Höhle, wo mehrere hundert
Kameraden ihren Liedern lauschten. Dann aber
führte der Leutnant die Künstlerin durch den
Graben. Auch an „Billa Rauhbein," wo ich mit
meiner Gruppe hauste, kamen sie vorüber. Sie
blieben stehen. Ich hörte, wie eine goldklare
Stimme das Ramcnschild „Billa Rauhbein" ent-
zifferte und lachte: ich fühlte, wie dann plötzlich
ein Paar verträumte Mädchenaugen auf meinen
Ausbläsern ruhten, die als Blumenvasen an
diesem Tage eine Flut von Mohn, blauen Korn-
blumen und weißen Margueriten trugen. Dann
hörte ich den Leutnant im Flüstertöne sprechen...
„Rauhbeine .. . schwere Iungens . . ."
Da kroch ich die Stufen hinauf .. . Wie ein
Traum kam's mir vor. Ich vergaß ganz meine
Umgebung, sah nur ein blondes, deutsches Mädel
mit der Laute. Und die Sonne schien. Und die
Bänder der Laute spielten in der Luft. Und ein
Paar große Augensterne sahen auf mich. Da kam's
über mich, ich vergaß, daß ich im Erdloch hauste,
meine Lippen ruhten auf der kleinen, weichen
Hand . . . Hab' ich die Bitte gesprochen? Haben
Otto 6reiner f
Da, Gellebte, Du gehst
Da, Geliebte, Du gehst, bleib ich allein trauererfüllt zurück.
Auf der Wange noch brennt, feuriges Mal, Ruß über Ruß von Vir,
Und Dein Atem beseelt, wie wenn Du selbst da wärst. noch das Gemach,
Und Dein freundliches Bild, schließ ich das Aug, steht noch immer vor mir.
Aber Du gingst, mein Herz. Sehnsuchtbeschwert ließest Du mich zurück.
Und ich denke des Tags — fern liegt er schon! — da, wie dem wandernden
Lieblingsvolke des Herrn feurige Säul' flammend vorangeschwebt:
So aus düsterem Pfad, den mich ein Gott rastlos zu gehn verdammt,
Dein geliebtes Gesicht Frieden und Licht einst mir zuerst gebracht.
Za, bedenk ich's genau, liebt ich Dich stets, unter den wechselnden
Formen, dle das Geschick, launisch gesinnt, an mir vorbelgespült.
Bilder waren sie nur, Bilder von Vir, unvollkommen genug,
wie im Rebe! sich oft, früh, wenn der Tag sich schlaftrunken erhebt.
Fernen Tagesgestirns strahlendes Bild schleierumwunden zeigt:
Steiget der Tag empor, hüllenlos dann leuchtet die Sonn dem Aug — :
So auch hat, als mein weg, steinübersät, langsam zum Gipfel klomm.
Dich ein gütiger Gott, heiterste Form, mir vor das Aug' gestellt.
Liebend Dich zu erfchaun, göttlich Geschenk, war meines Lebens Sinn.
Unnütz war ich bisher! aber mit Dir werd' ich vollendet sein.
Hans von Hülsen
reichen Konnten. Unser Leutnant vereinigte die
„schweren Jungen" zu einer Gruppe. Als niemand
der Geächteten Führer sein wollte, da meldete
ich mich freiwillig.
Ich habe es nie bereut. Mein großes Er-
leben begann. Meine Iungens haben alles für
mich getan, weil sie sahen, daß .ich als ihr Grup-
penführer mit ihnen teilte, hungerte, litt und —
jubelte. Auch das hatten sie wieder gelernt.
Jeden Wunsch lasen sie mir vom Auge ab.
Blumen holten die rauhen Gesellen für mich und
schmückten den Unterstand, sie hungerten nach
einem guten Wort, sie schufteten und hieben mit
der Hacke, daß die Funken stoben und warfen
unermüdlich die schweren Erdklumpen über die
Berme. Und wenn wir abends einrückten, früher
als die anderen, dann waren sie stolz auf einen
freundlichen Blick, auf ein gutes Wort, auf einen
Händedruck.
Als wir im Unterstand im feuchten Gebälk
und Gestein am Tisch abends saßen und ver-
sunken unseren Gedanken nachgingen, ein Lied
von Heimat und Liebe sangen, als dazu das
Holzfeuer im Öfchen einen Heidenspuk anfachle
und das Kerzlein, das nur mühsam den Raum
erhellte, aufzuckte und die Gesichter meiner schweren
Iungens beleuchtete, da sah ich im Kerzenschein
und zwischen den Sträußen von rotem Mohn
manch versteckte Träne glänzen, ein Stück verirrte
Sehnsucht auf rauhem, bärtigem, durchfurchtem
Antlitz....
Dann kam der Tag, wo eine Sängerin von
Ruf mit der Laute zu uns in den Graben kam.
Meine schweren Iungens hatten Arbeitsdienst und
kamen nicl)t mit zur Höhle, wo mehrere hundert
Kameraden ihren Liedern lauschten. Dann aber
führte der Leutnant die Künstlerin durch den
Graben. Auch an „Billa Rauhbein," wo ich mit
meiner Gruppe hauste, kamen sie vorüber. Sie
blieben stehen. Ich hörte, wie eine goldklare
Stimme das Ramcnschild „Billa Rauhbein" ent-
zifferte und lachte: ich fühlte, wie dann plötzlich
ein Paar verträumte Mädchenaugen auf meinen
Ausbläsern ruhten, die als Blumenvasen an
diesem Tage eine Flut von Mohn, blauen Korn-
blumen und weißen Margueriten trugen. Dann
hörte ich den Leutnant im Flüstertöne sprechen...
„Rauhbeine .. . schwere Iungens . . ."
Da kroch ich die Stufen hinauf .. . Wie ein
Traum kam's mir vor. Ich vergaß ganz meine
Umgebung, sah nur ein blondes, deutsches Mädel
mit der Laute. Und die Sonne schien. Und die
Bänder der Laute spielten in der Luft. Und ein
Paar große Augensterne sahen auf mich. Da kam's
über mich, ich vergaß, daß ich im Erdloch hauste,
meine Lippen ruhten auf der kleinen, weichen
Hand . . . Hab' ich die Bitte gesprochen? Haben