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Mosjö Halbwüchsig Die Krone

(Auch ein zeitgenössischer Typ)

Ex Oriente lux?

Vom Osten keim’ das Licht? Aus dem die Nacht,
Des Krieges Schreckensnacht, kam vor drei Jahren?
Ban Rußland, das der Welt ein Leid gebracht,
Wie's Menschen seit der Sintflut nicht erfahren.
Bon Rußland, das verdumpft war durch die Macht
Des trug- und blut- und schmachbedeckten Zaren?
Bom Land des Dunkels kam' der erste Schein
Des Friedenslichts? — Das muß ein Märchen sein!

Und doch ist's Ernst! Ihr seht es an der Wut,

Mit der die Feinde Rußlands Botschaft grüßen —
Noch brüllt der Raubgescllen wüste Brut:

Wer Frieden will, der soll es schrecklich büßen!
Noch treten sie in frevlem Übermut
Todmüder Völker Friedenswunsch mit Füßen,
Beschimpfen ihn als unerhörte Tat
Und schrei'n — o, lache Weltall! — von Verrat!

Denn die uns all' den Jammer angetan,

Die fteh'n noch heut' an ihrer Völker Spitze
Und brach' der neue Menschheitsmorgen an,

Sie stürzten jäh' herab von ihrem Sitze
Und büßten ihre Machtgier, ihren Wahn,
Zerschmettert von des Rachegottes Blitze,

Und ihrer Lügen Unzahl kam' an's Licht —

Nein ! Keinen Frieden! Nur den Frieden nicht!

Und Wilson, der den Mord aus „Ethik" treibt,
Als Spekulant sich Millionen schlachtet:

Der will, daß unser Erdteil elend bleibt,

Weil er den Krieg als ein Geschäft betrachtet;

Der toll von Dünkel freche Noten schreibt
Und sich als künft'gen Herrn der Welt erachtet,

Der Mann, den keine Menschlichkeit beirrt —

Wird der erlauben, daß schon Frieden wird?

Ach nein! Die Botschaft, die von Osten klingt,
Noch ist's zu früh, sie gläubig anzuhören,

Denn, was an Stimmen aus dem Westen dringt,
Weiß nur von Rache, Morden und Zerstören —
Daß uns das junge Jahr den Frieden bringt,

Noch darf man nicht begeistert darauf schwören.
Schön wär' das Wort: Ex Oriente lux!

Dach leider heißt's: Ex oeeiclente erux!

F. v. O.

liebe Lugend!

In einer kleinen badischen Garnisonsstadt hat
ein findiger Wirt seinen Wirtschaftssaal in ein
Aino umgewandelt. Was die veranstalteten Vor-
stellungen besonders interessant macht, sind die
regelmäßig wiederkehrenden kstnderniffe, die, durch
den offenbar etwas störrischen Apparat hervorge-
rufen, dem in der Hauptsache feldgrauen Audi-
torium stets Anlaß zu witzigen Bemerkungen geben.

So mußte neulich auch der Kurbelmann eine
längere unfreiwillige Pause eintreten lassen, die
sich so lange ausdehnte, bis die Zuschauer schließlich
ungeduldig wurden und ihrer Stimmung kräftigen
Ausdruck verliehen. Nur einen biederen bayrischen
Landstürmer jüngeren Jahrgangs schien die Störung
nicht zu kümmern. Lr hielt eine Maid vom
Lande zärtlich umschlungen und meinte trocken:
„von mir aus brauchen'« net spuiln, i hob
mei' Unterhaltung!"

5040000

Mark sind in Bagern bis jetzt an Geldstrafen
für Malzschieber ausgesprochen worden und
dabei sind noch 156 Malzschieberprozesse anhängig!
Das ist im Interesse des Staatssäckels ein be-
grüßenswertes Resultat. Am Ende läßt der
Finanzminister noch einen Aufruf anschlagen:
„Schiebt Malz!"

Mein Alter ist im Krieg, — Hurra!

Die Aufsicht bin ich los!

Und meine olle Frau Mama,

Die kümmert mich nicht groß!

Mein Mundwerk macht vor gar nichts Halt,
Ich pfeif' auf Gott und Welt —

Ich bin schon siebzehn Jahre alt
Und verdien' 'nen Haufen Geld!

Die Zigarette quer im Maul,

So schiebe ich drauf los,

Breitspurig wie ein Droschkcngaul,

Als Herr von Gernegroß.

Was Alt're sagen, läßt mich kalt,

Denn ich bin gut gestellt:

Ich bin schon siebzehn Jahre alt
Und verdien' 'nen Haufen Geld!

Mein Schatz Mariechen, die ist rar.

Wie steh ich vor ihr da!

Das Luder ist bald fünfzehn Jahr'

Und nächstens wird's Mama.

Ich führ' sie aus, — der Pfropfen knallt,
Denn Sekt nur wird bestellt -
Ich bin schon siebzehn Jahre alt
Und verdien' 'nen Haufen Geld!

Doch auch für ihren Bildungsschatz
Tu ich etwas als Mann!

Wir sehn im Kino — erster Platz! —

Uns Detektiv-Films an.

Im Messerstechen werd' ich bald
Ein kolossaler Held —

Ich bin schon siebzehn Jahre alt
Und verdien' 'nen Haufen Geld!

Karl Ettlinger

Theo Waidenschiager

Verhör

Dev italienische Gefangene: „von Eng-
land bekommen wie die Aleioung, von Frank-
reich d:e Stahlhelme, von Amerika die Muni-
tion und von Deutschland die Dresche."

Es ist nicht Zeit für wohlgefügte Laute
Ftohblühende Gedanken zu geleiten,

Ais ob ein Frühling erst uns überblaute.

Wir atmen nun die rauhen Wiuterzeitcn,

Wir brauche» alle unsre Lebensgluten
Ein Heimat Haus de» Kriegern zu bereiten.

Warm muß es sein! War' ihnen anzumuten.
Daß auch nur Einer arm und frostig wohne
Von allen, die für unser» Frieden bluten?

In ihre Ferne glanzt des Reiches Krone —
Und was ihr Leuchten kündet, wird sie halten:
Freudige Freiheit jedem treuen Sohne,

Kunst, Wissenschaft und Recht und einig Walte».

Oswald Schmidt

*

Gräßliche Zustände

Lord Cccil hat in einer Rede behauptet, Deutsch-
land führe aus Staatsinterest'e die Doppelehe
ein, und mit einer moralisch und religiös so tief-
stehenden Nation könne man nicht verhandeln.
Wir finden die Entrüstung des edlen Lords be-
greiflich, ja, wir müssen sie sogar noch erhöhen,
indem wir ihm verraten, daß in Deutschland nicht
nur die Doppelehe, sondern sogar die Viel-
weiberei bereits feit langem besteht! In
den Trambahnen, den Kaufhäusern, den Post-,
Bahn-, Bankbüros, in den Fabriken — überall
Biel-Weiberei!

Woher kommt sie? Sie kommt, wie ein eng-
lisches Blatt unlängst entdeckt hat, von den tür-
kischen Truppen in Deutschland! Vor
kurzem, schrieb jener Engländers sei in München
eine Hunger-Revolution gewesen, die nur durch
die schnell herbeigezogenen türkischen Sol-
daten gebändigt werden konnte. Soldaten aus
der Türkenkaserne! Daher ist München be-
reits ganz oertllrkt. Ja, sogar der Sklavenhandel
blüht hier schon wieder, denn täglich werden „alte
Ottomanen" (soll natürlich Osmanen heißen)
zum Verkauf ausgeschrieben. Es gibt ganze S:ädte
und Märkte, die bereits türkisch sind, wie Tür-
kenfeld, Türkheim, sogar ein Obertürk-
heim, indem die ganz besonders amoralischen
„Obertürken" hausen, und in Bayerns Groß-
städten türkische Bäder, türkischen Honig
und einen türkischen Halbmond! Was würde
den Engländern und noch mehr den Englände-
rinnen geschehen, wenn diese Nation siegen würde!
Als Eunuchen und Haremsdamen*) müßten
sie enden! Schauervoll! Höchst schauervoll!

A. I». .V

*) Amu. des Setzers: Engländerinnen in meinem
Harem? Daß i net lach!

— Wir machen Sie aufmerksam, _

daß nur sofortige Erneuerung des Bezugs der „Jugend"
für das e r st e B i c r t e l j a h r 19 >8 Sie vor unliebsamen
Unterbrechungen schützt. Die bei Beginn jedes Viertel-
tahres immer wiederkehrenden Klagen wegen plötz-
lichen Ausbleibens unserer Wochenschrift werden be-
seitigt, wenn die Erneuerung Wochen vorher erfolgt.

Preis für Januar bis März 1918:
Durch den Buch- und Zeitschriftenhandel Mk. 7.50

Durch die Feldpost.Mk. 7.8«

Unmittelbar vom Verlag in starker Rolle Mk. 0.5«

Verlag der „Jugend", München,

Lesfingstraße l.

978
Register
Theo Waidenschlager: Verhör
F. v. O.: Ex oriente lux?
[nicht signierter Beitrag]: 5040 000
Karl Ettlinger: Mosjö Halbwüchsig
Oswald Schmidt: Die Krone
A. D. N.: Gräßliche Zustände
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
 
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