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Mund auf!

Ward „drüben" der kleinste Erfolg erreicht
2nr Kampfe, ein Kilometer vielleicht
3n schmaler Front nur erstritten,

Gleich schmettern sie Siegesfanfaren hinaus
Und kennen vor Jubel sich schier nimmer aus,
Italiener, Franzosen und Briten....

Wenn aber heut unser heldisches Heer
Das Zehnfache leistet und zehnmal mehr
Die Unzahl der Feinde geschlagen,

Vergißt der Philister es morgen schon
Und kaum wagt's ein Staatsmann dem

Reichstag davon

Ein kräftiges Wörtlein zu sagen!

Hat ein französischer General
Zweihundert Deutsche gefangen einmal,

Gleich heißt er Befreier und Rächer —

Doch den Ludendorfs und den Hindenburg
Die hecheln die „Linken" im Reichstag durch,
Als wären sie Schelme und Schächer!

Und drüben wird ewig geprahlt und gehetzt,
Vom sicheren Sieg und der Zukunft geschwätzt,
Die Deutschland auf immer vernichtet;

Und Keiner, der Schuld trägt am grausigen Spiel
Des Bölkermordens, hat noch auf das Ziel,
Unser Glück zu zertreten, verzichtet. . ..

Vei uns aber reden sie schlapp wie Brei
Am Herzen, am Ohre des Volkes vorbei,
Frommduselig, weich und versöhnlich!

Gar selten nur fällt ein erquickendes Wort,

Rach dem unsre Seele so dürstet und dorrt,

Gar selten — sie schweigen gewöhnlich!

bie schweigen, weil Schweigen viel vornehmer ist
Und weil es nicht schön wär, als Deutscher und Christ
mal zornig die Zähne zu zeigen!

Ob roh uns beschimpfe die geifernde Brut,

Wie täglich ein Northcliffe, ein Balfour tut
Und ein H—err wie der Lansing — sie schweigen!

Verleumdung und Lüge umheult uns und gellt,

Als

waren wir Deutschen der Abschaum der Welt,

-- . W.v VklU|Ujtll UU -C4U | HJVl

Unmenschlich, dem Satan leibeigen —

Das Schmählichste klingt ihrer Wut noch zu lind —
Die aber bestellt zu Verteidigern sind
Der deutschen Ehre — sie schweigen!

Drauß zittern die Feinde vor deutscher Kraft —
Daheim aber scheinen die Herzen erschlafft,
Daheim ist man still und geduldig —

Den Mund auf, wo's Rot tut in zornigem Trotz!
Den gröberen Keil auf den groben Klotz —-
Wer zur Unzeit geschwiegen, gilt schuldig! o.

Oie letzte Karte

»Le populsire," ein französisches Blatt,

Hat die ewigen Nachmusterungen satt
Und es tutet:

»Frankreich hat jetzt genug geblutet,

Wir müssen, um endlich den Sieg zu erzielen,
Die amerikanische Karte ausspielen!"
~ — Na, spielt sie nur aus, die so aparte
Verzweiflungskarte!

lluch mit dieser Karte, Ihr Unglücksraben,
Werdet Ihr bald genug aus gespielt haben!

Kai'lclien

ÜiSmarck: „Oie Deutschen haben nach wie vor
nichts zu fürchten/ » nur die kühlmannfchcn
Reben!"

*

Canto maestoso

Bon Signor Domenico Katzelmacher

Nach dem „Herald“ wurde Wilson am 4. Juli feier-
lich zum Ehrenbürger von Florenz ernannt. Gabriele
d'Annunzio hielt die Festrede.

Ein Festtag sein sie brocken an,

Ein giorno glorioso,

Drum singen ick aus voller Kehl'

Un canto maestoso.

Swar können ick es nil so gut
Wie granäe Gabriele,

Dock leben auck in meiner Brust
So einer Dickterseele.

Nock aben sie wir Triefte nit
Und auck nit der Trentino,

Dock wenigstens aben Wilson wir
Als nostro oittaäino.*)

Der sicken sie soläati uns
Dive si millioni,

Und was wir für guerra brauck:
lVlunitioni und eannoni.

Weil Weg sein weit von America,

So kann sie naturalmente
Nit sicken tutto Subito
II Signor prssiäents.

II nuovo Ehrenbürger wird
Sick nisnts lassen lumpen;

Wir aber geben uns der Ehr'...
Ihn fleißig ansupumpen!

*) Bürger.

Amerikas neuestes Kn'egsziel

Die „Morningpost" meldet aus Washington:
„Mitglieder der Senatskommission glaubten aus
dm Artillerievorbereitungen Amerikas schließen zu
können, daß Amerika beabsichtige, den Rhein zu
überschreiten."

Hochverehrte Alliierte I Die amerikanische Hilfe
kommt. Sie ist schon auf dem Wege. Vorder-
hand haben wir unsere Kriegsziele neuerdings
erweitert. Das ist ja eine ganz einfache Prozedur
und kostet nichts. Wir wollen den Rhein über-
schreiten. Das ist ebenso wichtig als selbstverständ-
lich als auch spielend leicht. Man muß es nur
richtig anfassen. Was wäre uns auch unerreich-
bar! Wozu sollen denn die verdummten deutschen
Barbaren den herrlichen Rheinwein allein saufen?
Der macht ihnen nur noch mehr Schneid. Wir
haben daher bereits eine Rheinwein-Zentral-
genossenschaft m. b. H. gegründet. Mit dem Schlacht-
lied „Es zogen drei Burschen wohl über den
Rhein!" werden wir den Strom überschreiten,
lind zwar werden die Leichen unserer Feinde
dafür die Brücke bilden. Bei Bacharach am Rhein
wird der Übergang stattfinden. Es ist uns ge-
lungen, einen Geheimverlrag mit der Loreley zu
schließen. Deutschland hat sich in seiner höchsten
Not nicht entblödet, diese Dame sowohl ihres gol-
denen Geschmeides als ihres goldenen Kammes
zu berauben, um besagte Gegenstände auf der
Reichsbank abzuliefcrn. Demnächst soll Miß
Loreley auch noch ratzenkahl geschoren werden;
denn auch vor ihrem goldenen Haar macht die
Raubgier dieser Hunnen nicht Halt. Die Loreley
ist daher aus Rache für die ihr widerfahrene
Vergewaltigung unsere begeisterte Bundesgenossin
geworden. Sie wird auf ihrem Felsen sitzen und
ihr betörendstes Lied singen. Mit welcher Wirkung,
belieben Sie bei Heinrich Heine nachzulefen.
Unsere Feinde werden sich in die Wellen stürzen,
ob mit oder ohne Kahn, und von ihnen ver-
schlungen werden. Wer noch daran zweifelt, daß
wir den Rhein überschreiten, zahlt einen Sechser!

Wooclrow Wilson,

Schriftgelehrter und sichtbarer Pharisäer.

*

Ode an das unsterbliche Echo

Das Echo lebt zumeist im Wald:

Wenn man ihn fällt, dann stirbt es bald.

Der Wald jedoch — Metamorphose —
Benimmt sich dann als Zellulose,

Die man, vom Zeitgeist zubereitet.

Als Tagblatt oder Hemd verbreitet.

Das Hemd, nun ja-im Blätterwald

Indeß bestimmt das Echo schallt.

M o r a l:

Bewiesen ist Unsterblichkeit!

Das Sterbliche lebt kurze Zeit —

Nach Kühlmannreden wird orakelt:

Das Echo hat ihn abgetakelt.

pesttlenzisches Votivtaferl

Don Kassian kluiben schadet, Tuifclcmaler

Lloyd George nannte in seiner Rede vom 7. Juni 1918 in den Londoner „Lonnnugbt Rooms“ die Deutschen die „Pest".

von Wut und kjast und Schimpf hat -S seit siahc und rag auf UNS gehagelt,-
v och diese neueste „Schmeichelei" sei auf einem besonüern Tafcrl hiemit angenagelt,
vle Pest nennt 3hr ein Volk, das heldenmütig um sein Dasein ringt,

% aber heißt Euch Gentlemans, weil feige 3hr die kjungerpeitsche schwingt.
v>e Pest ,s, Euch die deutsche Tüchtigkeit, öeS deutschen Volkes ungcbrochnc Kraft,
Ver stolze Siegeswille, der stets Euch schwere Niederlagen schafft

Die Pest, was Euren feilen Krümerfack mit blanker Wehr bedroht,

Die Pest, ÜaS kjöchstc und das kjeiligstc, was je ein Mcnschcnhecz durchloht:

Die Lieb' zu Haus und Herd, zum Vaterland die angestammte Treue ....

Schimpft ruhig weiter!... wir schlagen Lag für Tag Luch immerdar aufs neue
Auf Euer Maul, bis Saß 3hr habt verspritzt des letzten Geifers jämmerlichen Rest
Und alle miteinander seid erstickt an Eurer eignen Lügenpcstl

LS7
Register
[nicht signierter Beitrag]: Amerikas neuestes Kriegsziel
Arpad Schmidhammer: Morgenzeitungslektüre im Elysium
Karlchen: Die letzte Karte
Kassian Kluibenschädl: Pestilenzisches Votivtaferl
G. Qu.: Ode an das unsterbliche Echo
Domenico Katzelmacher: Cantato maestoso
O. [Ostini]: Mund auf!
 
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