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Im Mondlicht

B. Brlncour (Luxemburg)

Linsamer -Abschied

Die lieben Sterne strahlen.

vom Dorf heraus rauscht noch das Mühlenrad.

Gab Ihm so reiche Lrntesrucht die Saat,

Daß es so spät must mahlen!

Du alte graue Mühle,

Mit Moos und Mondscheinsunken überweht.
Sprich meinem Mädchen doch ein Nachtgebet
Aus deiner Silberkühle.

An ihre Fensterscheiben —

Nur dast sie nicht aus schönem Traum erwacht —
Sing ihr ein Lied die Hebe lange Nacht;

Du darfst ja bei Ihr bleiben.

Mir braust aus 8 lamm und Lisen

Her durch den Wald ein andrer Rädersang,

Lin Höllenlied auf hartem Schienenstrang,

Mich von ihr fortzurcisten.

Mein Auge sucht voll Sehnen
Die stillen Dächer und den 8lust im Tal.
vorbei! vomMühlwehr schimmert's noch einmal
Hell wie ein Blick in Tränen.

8ranz kangheinrlch

*

Der Feuersalamander

Von Gottfried Kölwel

Christoph Nike, ein junger Dichter, der an
Silberstücken ebenso arm wie an himmlischen
Phantasien reich war, stand am kleinen Fenster
der Dachstube und blickte über die Giebeldächer
der grauen Vorstadt hinweg. Zu war der ganze
Himmel: dichter Regen gitterte, Frösteln schauerte
wie eine Gruft. Wenn Christoph Nike auch den
fadenscheinigen Mantel, der am Nagel der Türe
schiaffte, über seinen Körper zog und sich eng zu-
sammenkauerte, pulsierende Wärme durchschlug
den hageren Leib nicht. Christoph hatte seit Tagen
nur von Brot und Tee gelebt; Honorare, die er
vor einem Monat erhielt, waren fast völlig auf-

gebraucht; die letzten Markstücke zerteilte er in
Nickelmünzen, um sich solange wie möglich durch-
zuhungern. Was aber sollte er tun, wenn selbst
das Brot ausging? Schlafen, immer schlafen?
Christoph gedachte der Toten, die der Speise nicht
mehr bedürfen. Wenn man ihn eines Tages er-
hängt auffände, der dicke Bäckermeister im ersten
Stockwerk würde sagen: „Ist nicht viel schad um
ihn; ob so ein Geschichtenschreiber lebt oder nicht."
Und der mürrische Schuster des zweiten Stock-
werkes, der sich in enger Werkstatt die Finger
krumm geschustert hatte, würde bestärkend hinzu-
fügen: „Hat eh nix gearbeitet, der Faulenzer."

Dennoch sehnte sich der Dichter Christoph Nike
nach belebender Sonne. Daß doch das zitterige
Grau zerbräche und goldene Wärme den Sommer
wieder fülltet Schon sah er sich hinauswandeln
zur Stadt, durch feuchtes, tausendäugiges Gras,
dem Walde zu; Schwarzbeeren tauten aus schwellen-
dem Gebüsch, aus gesegneter Erde drängten Schwäm-
me empor; seine Zunge kräuselte sich im Gefühl
der Süße, auf Sättigung hoffte der Magen.

Am nächsten Tage brach der Himmel wirklich
auf. Christoph Nike lehnte sich in die Sonne
und spürte die wohlige Gold Hand. Auf Gesicht

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Franz Langheinrich: Einsamer Abschied
B. Brincour: Im Mondlicht
Gottfried Kölwel: Der Feuersalamander
 
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