A. Schmidhammer (München)
Parteien
„VMu’n Vätern kennst dich ncc recht aus: der is außen schrvar; und innen rat als wia a Äaucrngselchrs."
Aufbauen!
Um uns ein brodelnd Meer in Sturmgebraus
Und in der Heimat gleichfalls Sturm und Graus!
In Scherben Alles, was uns Jahr für Jahr
Des Rechts, der Ehre leuchtend Sinnbild war..
ilnd jeder Tag, der Kommt mit trübem Schein,
Kann doppelt harter Leiden Wiege fein,
Denn Hunger droht und Feindesübermut
Und bittrer Kampf im Lande, Brand und Blut!
Und nirgends mehr ein Freund in weiter Welt —
Vereinsamt, arm, auf eigne Kraft gestellt,
So trauern wir entschwundnem Glücke nach,
Das fremder Haß und eigne Schuld zerbrach —
Ein Berg von Trümmern liegt vor unfern: Blick,
Gelähmt und matt finkt manche Hand zurück,
Die sich erheben soll zum Auferbau'n —
Und doch: Ihr müht! Ihr müht euch selber trau'n!
Es wächst mit jedem Tage, da ihr schafft,
Der Mut zum Werke, mit dem Mut die Kraft:
Das Rasen wird vertoben, das euch lähmt,
Bon reinem Willen wird der Haß gezähmt
Und unser Name, den die Welt nun schmäht,
Wird leuchten einst in alter Majestät.
Doch Arbeit kostet's, nicht bloß Wunsch und Wort —
Den Boden ebnet, schafft die Trümmer fort,
Dann fügt gelassen Stein auf Stein zum Bau,
Der ragen soll ins reine Aetherblau.
Und fügt ihn gut und baut auf festen Grund,
Und Jeder wirke mit in treuem Bundl
Und jede Stimme gelte, jeder Geist,
Der in die Zukunft rechte Wege weist,
Sei angehört in unseres Volkes Rat!
Ein heilig Müssen fördert uns die Tat —
Sie wird gelingen, soll so rasch ersteh'n,
Das; Alle staunend unsre Arbeit seh'n
Und schon das nächste blühende Geschlecht
In Frieden wohnt, in Freiheit und im Recht!
F. v. O.
Ein Bettelbrief
Hochverehrter Herr Müllkutscherl
Der demütig Unterzeichnete Privatdozent der
Philosophie nimmt sich die Kühnheit, Euer Hoch-
wolgeboren um dero allerwertvollste Protektion an-
zuflehen. Ich habe gelesen, das; es Ihnen ge-
lungen ist, in diesen Tagen des Umsturzes sich
auf dem Weg eines Streiks ein Tageseinkommen
von 25 Mk. zu sichern. Und wenn ich mein
eigenes Einkommen als studierter Mann damit
vergleiche, muß ich sagen: es ist gerecht so! Denn
wer wollte daran zweifeln, daß die Müllkutscher
bedeutend mehr für das Emporblühen und An-
sehen Deutschlands geleistet haben als wir über-
flüssigen Leute der Wissenschaft oder Kunst? Sie
werden als organisierter Arbeiter ja auch sicherlich
wissen, daß Niemand geringere Verdienste um die
Arbeiterbewegung hat als die beiden studierten
Leute Ferdinand Lassalle und Karl Marx?
Ganz in der Ordnung ist es darum, daß unter
der jetzigen provisorischen Regierung Tippfräuleins
und Schreibaushilfen bis 30 Mark Tagesgehalt
bekommen, während von den 800 Millionen, die
der Freiheitsstaat in den ersten zwei Wochen ver-
brauchte, noch kein Pfennig für die Besserstellung
der akademischen Lehrer verwendet wurde. Und
nur mit heller Begeisterung kann ich es begrüßen,
daß in Bayern auch ein paar Vertreter der geisti-
gen Arbeiter huldvollst in einem Nebenparla-
ment geduldet werden sollen.
Und deshalb, sehr verehrter Herr Müllkutscher,
weil ich es eingesehen habe, daß nichts überflüssiger
ist auf der Welt als Wissenschaft, Kunst und ähn-
liche Tagdiebereien, bitte ich Sie inständig um
Ihre hohe Protektion: vielleicht wird einmal in
Ihrem Bekanntenkreis eine Stellung als Müll-
kutscher frei, und Sie denken an mich! Ich möchte
mich, nachdem ich so gut wie Sie jahrelang fürs
Vaterland gekämpft habe, auch einmal als nütz-
liches Mitglied der Gesellschaft fühlen.
Ihr ganz ergebenster
vr. Ueberbescheiden
Prioatdozent der Philosophie
ttarlchen
*
Freiland!
Deutschland, du großes Ackerfeld,
Wie liegst du brach!
Deine Söhne pflügten ein anderes Feld,
Sie düngten mit ihrem Blute die Welt,
Bis unter ihren wunden Gelenken
Der Pflug zerbrach.
Nun kehren sie heim, und gotterbarm,
Die Heimat ist arm
Und elend geworden —
Was soll ihren Söhnen sie schenken?
— Schenk deinen Söhnen, o Heimatland,
Dich selber! Reiße Dich selbst entzwei
In hunderttausende wartender Aecker!
Daß Arbeitsegen wieder gedeih'
Jedwedem Pflüger, Säer und Egger!
Sei wieder das alte Bauernland,
Das du vor tausend Jahren gewesen!
Die Scholle steht, wo sie immer stand!
Wer für sie stritt,
Der soll sie haben und sie bebau'n!
Gib allen so viel Boden mit,
Um drauf zu leben und zu ergrau'n,
Auf seiner Scholle ein jeder sei
Sein Herr, und frei!!
An deutscher Erde wird deutsches Leid genesen !
A. De Nora
>025