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Neue Beweise

für Deutschlands Schuld am Kriege

Der U. S. £. D. (Unentwegte Schuldbcweis-
Lommlssion für Deutschland) ist ein Papierkorb-
fund zugegangen, der klar macht, wie der ehemalige
Kaiser Wilhelm den Krieg zur Eroberung der Welt-
macht in frivolster Weise vom Zaun brach. Der
ilrief lautet: Berlin, 15. Jul! 1914

An Herrn Franz Josef, Kaiser in Wien.

Lieber alter Freund!

Ich beabsichige, demnächst ganz Europa im Sturm
zu erobern. Ich falle zuerst in Belgien ein, zerstöre
Paris und London, werde Petersburg dem Erdboden
gleich machen. Die Weltherrschaft ist mir gesichert.
Viele Milliarden Kriegsentschädigung in Gold. Das
Geschäft wird prima. Wollen Sie mittun, so machen
Sie bis l.Aug. mobil. Wilhelm Imp.

Das Schreiben, das uns im Original vorliegt,
enthielt tatsächlich diese zynische Erklärung. Die
U.S.E.D. hat wegen der Papierknappheit einige
unwesentliche Stellen nach dem System Eisner
gestrichen. Ohne diese Kürzungen lautet der Brief:

An Herrn Franz Losessohn, Varietedirektor,
Hotel Kaiserhof in Wien.

Lieber alter Freund!

Ich beabsichtige demnächst mit meinem Damen-
ensemble ganz Giropa zu bereisen und hoffe überall
das Publikum im Sturm zu erobern. Ich werde
in jedem Falle zuerst in Belgien ein großes Gast-
spiel geben und zerstöre dort den Glauben, das;
nur in Paris und London Erstklassiges geboten
werde. Mein Star, die Nackttänzerin Peppi Peters
aus Burghausen ist so großartig, daß auf dem
Erdboden sicher nichts ihr gleich ist. Sie machen
sich keinen Begriff davon. Sowas, wie die, gibls
auf der Welt nicht mehr, viele Herrschaften habe»
es mir bestätigt. Auch die Schlangendame Serpentin»
ist mir gesichert, ebenso viele famose Sängerinnen,
Turnerinnen, ferner die Trapezkünstlcrin Milli und
die vorzüglich ar-beiten den Sisters Garriffon. Ich
kriegS auch noch fertig, die große Isartora Duncan
zu engagieren,- freilich die Entschädigung, die sie
verlangt, kostet mir ihr Gewicht in Gold. Aber
das Geschäft wird dann prima. Wollen Sie miltun,
so machen Sie, daß Sie bis 1. August per Auto-
mobil hierberkommen.

Ihr ergebener Wilhelm Schulze, Imp-resario.

Die charakteristischen Worte sind durch fetten Druck
hervorgehobe». — ps —

Spießgesellen

Wie sind doch alle Tage so froh
Für den gewaltigen Elemenceau!

Das alte, mächtige Deutschland erwürgt.

Und sein Verderben nun ganz verbürgt,

Das Volk zerrüttet, das Land verarmt,

Und auch nicht einer, der sich erbarmt,

Und Ode, wo einst alles geblüht.

Wie herrlich für ein französisch Gemüt!

Und doch genügte es noch nicht so
Dem guten Hasser, Herrn Elemenceau.

Er gönnt uns nicht Licht, er gönnt uns nicht Lust,

Er wills noch schlimmer.

Da kommt ein Schuft,
Der seine deutsche Heimat verrät.

Nun hat den Alten der Stolz gebläht,

Die Feindschaft, die ihm das Herz durchwühlt,
Der grimmigste Haß ist nun gekühlt.

Wie sich ein Schurke zum Ärgsten fand —

Herr Elemenceau drückt Herrn Dorten

die Hand. Wiggl

Die große Hihwelle

Von Amerika wird eine große Hitzwelle ge-
meldet. Sie sollte über den Ozean kommen und
uns ein gutes Erntewetter sichern, ist aber bis
Redaktionsschluß noch nicht eingetroffen. Wir
dachten anfangs, die Amerikaner wollten ihre
Hitze für sich selber behalten. Nach der Monroe-
Doktrin: „Amerikas Hitze den Amerikanern". In
Wahrheit liegen politische Gründe vor. Vor Rati-
fizierung des Friedens will Foch die Hitze nicht
über den Rhein lassen. Nun entstanden Eifer-
süchteleien auf Seiten der Polen und Tschechen.
Wilson befahl, die Hitze auf dem Seeweg über
Danzig nach den slavischen Staaten zu befördern,
was sich aber als meteorologische Unmöglichkeit er-
wies. Jetzt muß Amerika seinen Uberschuß an
Hitze einstweilen behalten. Ein Konsortium von
Grohkapitalisten beabsichtigt, die überschüssige
Hitze einzuwecken oder in Blechbüchsen zu konser-
vieren und damit im Spätherbst zur Linderung
der Kohlennot Europa zu beglücken. Dabei würden
natürlich in erster Linie die Alliierten und Asso-
zierten berücksichtigt und nur was übrig bleibt,
würde nach Deutschland verkauft. Billig, wie der
amerikanische Weizen: die große Kalorie 1 Dollar.
2n Gold oder in amerikanischen Wertpapieren,
jetzt schon vorauszubezahlen. — o-

Ganz kleine Geschichten

. . . Und als sich die Nationalversammlung die
Schuldenlast des Reiches ansah, beschloß sie, die
Postgebühren zu erhöhen. Und als sie im nächsten
Jahre sich den Reichshaushalt ansah, beschloß sie,
die Postgebühren abermals zu erhöhen. Und im
übernächsten Jahre tat sie dasselbe.

Um diese Zeit unterhielten sich drei Kinder.

„Mein Papa ist der reichste!" brüstete sich der
kleine Philipp. „Der hat ein eigenes Automobil!"

„Mein Papa ist noch viel, viel reicher!" überschrie
ihn der kleine Franz. „Der hat ein eigenes Luft-
schiff!"

„Und mein Papa," sagte der kleine Adolf, „ist
der aller-allerreichste Mann, wo 's überhaupt gibt:
der depeschiert sogar!"

«

Wer jemals in einem Krankenhaus war, hat
gewiß die Tabellen an jedem Bett hängen sehen,
auf denen die Fieberkurve ausgezeichnet wird. Nach
einer neuen Verfügung der Reichsregierung (An-
trag Schlaucherl) müssen fortan auch alle Politiker
eine Tabelle auf der Brust tragen, auf der ihre
politische Kurve eingetragen wird.

Die Kurve des Reichsfinanzministers Erzberger
wurde bereits von einer findigen Spielwarenfabrik
als Labyrinth angekaust. Kariche»

Richard Raft

Französische Auszeichnung an Elsässer

Der Generalkommiffar für Elsaß-Lothringen,
Millerand, hat in besonderer Bekundung seines
Wohlwollens beschlossen, die deutschen Auszeich-
nungen, die den Elsässern während des Feldzugs
für Treue und Tapferkeit verliehen wurden, nament-
lich das Eiserne Kreuz, gegen entsprechende fran-
zösische Orden und Ehrenzeichen einzutauschen. Auf
seiner Reise nach dem Elsaß wird Präsident poin-
carä die Ehrenlegionskreuze mitbringen und per-
sönlich überreichen. Die Prozedur wird sich, wie ver-
lautet, folgendermaßen abspielen:

Die Besitzer deutscher Auszeichnungen treten
unter dem Befehl eines Stabsoffiziers, dem ein
Dolmetscher beigegeben ist, in Reih und Glied an.
Auf dessen Befehl „Orden abliefern" geht ein
französischer Sergeant, mit einer Beißzange be-
waffnet, von Mann zu Mann und nimmt mit
diesem Instrument die Eisernen Kreuze etc. ent-
gegen. Die Elsässer müssen sich nun die Hände
waschen und diejenigen Stellen ihres Rockes, die
von der Auszeichnung berührt wurden, mit Benzin
und Salmiak reinigen.

Hierauf treten sie der Reihe nach vor den Prä-
sidenten poincarä, der jedem unter den Klängen der
Marseillaise das Kreuz der Ehrenlegion und einen
dicken Kriegsgreuelband einhändigt. Der Sergeant
übergibt jedem eine Trikolore. Abbe WetterlS spricht
den großen Exorzismus über die Dekorierten, um
sie von Ossmon 1'eutonieus dauernd zu befreien.

Am Abend wird den Elsässern ein großes Fest
gegeben. Weine aller Farben und Kreszenzen,
Schaumweine und Liqueure werden bis zum Mor-
gen dargereicht. Je nach der körperlichen Konsti-
tution und der Quantität des genossenen Alkohols
werden nun die einzelnen Umdekorierten längere
oder kürzere Zeit tatsächlich des Glaubens sein,
daß sie Vollfranzosen wären. Depp

-I«

Kleines Gespräch

„Weshalb rannten Sie denn mit hinter dem
Hunde her, der das Huhn gestohlen hatte? Gehört
das Huhn Ihnen?"

„Nein, ich hatte es auf den dicken Hund ab-
geseh'n." * L. J. G.

Der erste Luftstreik

Daeumig, Ledebour und Haase
Sind in freudigster Ekstase,

Denn aus fernem Tsankeeland
Wird ein Mordserfolg bekannt.

Bisher streikte ihre Herde
Meistens auf und in der Erde,-
Auch zu Wasser ward gestreikt,

Wie die Kriegsgeschichte zeigt.

Haase, Ledebour und Daeumig
Klagten drum: Die Lust ist säumig!

Ach, der schönste Streik verpufft,

Greift er nicht ins Reich der Lust!

Nun an einem schönen Tag (o
Jauchzt, Genossen!) in Chicago
Hat die Luftpost zorngeschwelit
Ihre Arbeit eingestellt!

Daeumig, Ledebour und Haase
Tragen kühner jetzt die Nase,

Denn sie rechnen ganz bestimmt,

Daß ein Generalstreik kimmt,

Ein gewaltiger und krasser,

Der zu Lande und zu Wasser
Und im. Luftraum wütet wild
Und ihr letztes Sehnen stillt! B H.

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Index
B. H.: Der erste Luftstreik
Karlchen: Ganz kleine Geschichten
-Ps- -ps - ps -: Neue Beweise für Deutschlands Schuld am Kriege
Richard Rost: Schieberfreude
Depp: Französische Auszeichnung an Elsässer
-o-: Die große Hitzwelle
 
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