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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 25.1920, Band 2 (Nr. 27-52)

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BESCHERUNG DER „JUGEND“

Alleluja, liebe Leut!

Heut' kriegt jeder, wasn g'freut.

^^ann die ^Veihnachtskerz'n flackern,

Soll der Teufel spar'n und rackern!

Unsereins ziagt sei Spendier-

Hos'n an — gehts ber zu mir!

Jeder kriegt was für sei G mut,

— Nacbat gibts vielleicht an Fried !

Du zum Beispiel, Mariandl,

Kriegst a ganz sual? Zuckermandl

(„Förster is hmt' auffibrennt)

— Magst es net als Präsident?

Du, Lloyd Schorscki, bast Genie

Fürs Regier’n wie keiner me.

Mul?t denn Du an fremd n Herrn bam?

Sag lbm beut', er soll Di gern bam!

Nimm mit Widmung „Klein, docb mein

Stolz den Tbron von Liechtenstein!

Alter ^Voodrow, auch für dich

Hatt' leb einen Landerstncb,

Nämlich mit dem Land Armenien

Mocht ich Dich hiemit belehmen.

Ob da Deine Friedenswood

Net am End' noch Wunda tut?

Fur'n d'Annunzio Gabnell

Wul?t' 1 ganz a feine Stell'.

In Fiume drunt werds ranzig;

Geh, probiers amal mit Danzig!

Des is aa a Wassastadt,

Wo noch keinen Kaiser hat!

Die Sahara samt an Sand

Kriegt der Lenin glatt in d Hand,

— auch Kameeler, jung und alt're, —

Dort marschiert alsdann die ^Äfeltre-
Volution im Schritt und Trab

Nach Kommando auf und ab.

Alleluja, kommts nur her!

Wer net gnug hat, kriegt no mehr,
Nobligkeit war ja der Jugend

Allaweil ihr liebste Tugend.

Nobel bis zur letzt n Stund,

Nobel geht die Welt zugrund!

Alleluja, liebe Leut!

Wer was braucht, dem schenk' is heut.
— Bloß allein dem Fntzl Ebert

Wui?t 1 Dimma, was 1 gebert.

Sowas G'sund's und Runds und Dick s!
Gott sei Dank — dem feit ja nix!!

*

KLEINSTADT UM WEIHNACHT

Müde die Post nach Hause knarrt.

Reif hangt an Kutscher Christophs Bart;
ein paar Gesichter an den Scheiben,
und leise, leise Flocken treiben.

Ein Kramladen steht tannbekranzt,
davor ein junges Auge glanzt,
und über alle Herrlichkeiten

zage, fernsuJ?e Lieder gleiten.

Grau fallt die Dämmerung herein,

der Abendhimmel glüht wie ^>Vein,
die ersten Lichter leuchten.

Dann ist ein Sternlem aufgewacht,

ein Märchen steigt vom Himmel sacht
und will die Augen feuchten.

Ludwig Bäte

WEIHNACHTEN 1920

Zwei Gesänge im Sinne des Cb. Morgensterns.

I. PALMSTRÖMS GLÜCK

Palmstrom wünscht sich etwas zu Weih-
nachten,

was sehr billig und doch vornehm sei.
Palmstrom geht in die Selcherei
und gelangt, nach längerem Betrachten,
zu drei echten Regensburger Wursten.

Diese als Boutons in frisch gebleichter
Hemdbrust seines Smokings tragend, gleicht er
(zu nur vier Mark fünfzig!) — einem Fürsten.

II. DER WEIHNACHTENGEL

Der Weihnachtengel stand in den Geschäften,
doch wenn er etwas kaufen wollte, waren
die Waren, selbst in schlechten Exemplaren,
so teuer, dal? sie seine Börse afften.

Der ^Veihnachtengel, einsicht seiner Mangel
sprach einfach: „So ist einfach nichts zu
machen;

ich mul? mich einfach heuer zweifach machen."
Und machte kurz sich zum Weihn-sechzehn-
engel.

Doch wieder fand er nichts, was zu er-
schwingen.

Und ob er sich mit 3, 4, 5, 6, 7

und 8 multiplizierte, immer blieben
die Preise über seinen Silberlingen.

Man sah ihn von Bazaren zu Bazaren
schon als Weihnachtundachzigengel laufen —
doch ob es ihm gelang, etwas zu kaufen
zu diesem Kurse, hat man nicht erfahren.

A, De Nor»
Register
[nicht signierter Beitrag]: Bescherung der "Jugend"
Julius Diez: Finis
A. De Nora: Weihnachten 1920
Ludwig Bäte: Kleinstadt um Weihnacht
 
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