DOI Heft:
Nr. 23
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.3911#0658
Parkweg
Paul S eg iet h (München)
Lin Schutzmann zieht aus den Rippen seiner Brust Notizbuch und Blei-
stift hervor und fragt den Grafen kreuz und quer aus, als wollte er ihn aus
dem Katechismus verhören. Und es sieht aus, als kritzle er dazu in fein
Schreibbuch lauter kleine Raser und Schmetterlinge hinein Und des Grafen
Ausweispapiere sieht er wie Heiligenbilder an ,,,
Bis er mit einem Mal herauszischt „Hochstapler Und den Arm
auf feine Schulter legt, wie ein Zugjoch,
Da sieht Annie, wie dem Grafen aus Angst das Monokel als Mörtel
abfpringt, auf feinem Ropf die Haare ausgehen und in der Nachbarschaft
herumsliegen. Lin Glasauge und Rautschukgebiß retten sich, über Bord
springend, in eine wasserpsühe.
Der Lakai hat sich zu einem warcnhausportier abgefarbt. Und die Herum-
stehenden singen auf sie das Lied vom dreckigen Menfcherl, wie ein lang
eingeübtes Vereinslied,
... Und sie wäre noch so gern mit dem Grafen ins Rino gegangen. Hätte
sich noch mit ihm photographieren lassen wollen,
vom Himmel herunter klopft es vernehmlich.
Um sie her wird alles zu fahrenden Rarufsells. Und die blitzende Heim-
fpihc des Schutzmanns versinkt wie ein papierfchiff. Aus dem Boden wachsen
wände herauf. Mit Rüchengeschirr angehängt.
Und da Annie noch denken kann: „G'rad feinen Charaktec möcht'i'kennen,
g'rad feinen Charakter . .." da hört sie von oben die Worte durch die
Decke tropfen: , Aber grcilein Annie! was is denn heut mit dem
Bicrholcn?"
Und noch einmal schreit die Hebamme,, ,
, Langsam und ganz mechanisch steht Annie auf. Als hätte sie in sich einen
heißen, übervollen Milchtops durch die Rüche zu tragen. Und knickt aus
Seite des Romans ein Lselohr ein.
„Mag auch das Glück verweh'n.."
Und müde, als hätte sie eine Nacht lang aus einer Wagendeichsel geschlafen,
geht sie der Tür zu.
Der Mond klebt als zu dünn gestrichenes Butterbrot am glitzernden
Himmel. Und kann lächeln, still und lang.
Mitten im jungen Frühling ist's.
S91
23'
Paul S eg iet h (München)
Lin Schutzmann zieht aus den Rippen seiner Brust Notizbuch und Blei-
stift hervor und fragt den Grafen kreuz und quer aus, als wollte er ihn aus
dem Katechismus verhören. Und es sieht aus, als kritzle er dazu in fein
Schreibbuch lauter kleine Raser und Schmetterlinge hinein Und des Grafen
Ausweispapiere sieht er wie Heiligenbilder an ,,,
Bis er mit einem Mal herauszischt „Hochstapler Und den Arm
auf feine Schulter legt, wie ein Zugjoch,
Da sieht Annie, wie dem Grafen aus Angst das Monokel als Mörtel
abfpringt, auf feinem Ropf die Haare ausgehen und in der Nachbarschaft
herumsliegen. Lin Glasauge und Rautschukgebiß retten sich, über Bord
springend, in eine wasserpsühe.
Der Lakai hat sich zu einem warcnhausportier abgefarbt. Und die Herum-
stehenden singen auf sie das Lied vom dreckigen Menfcherl, wie ein lang
eingeübtes Vereinslied,
... Und sie wäre noch so gern mit dem Grafen ins Rino gegangen. Hätte
sich noch mit ihm photographieren lassen wollen,
vom Himmel herunter klopft es vernehmlich.
Um sie her wird alles zu fahrenden Rarufsells. Und die blitzende Heim-
fpihc des Schutzmanns versinkt wie ein papierfchiff. Aus dem Boden wachsen
wände herauf. Mit Rüchengeschirr angehängt.
Und da Annie noch denken kann: „G'rad feinen Charaktec möcht'i'kennen,
g'rad feinen Charakter . .." da hört sie von oben die Worte durch die
Decke tropfen: , Aber grcilein Annie! was is denn heut mit dem
Bicrholcn?"
Und noch einmal schreit die Hebamme,, ,
, Langsam und ganz mechanisch steht Annie auf. Als hätte sie in sich einen
heißen, übervollen Milchtops durch die Rüche zu tragen. Und knickt aus
Seite des Romans ein Lselohr ein.
„Mag auch das Glück verweh'n.."
Und müde, als hätte sie eine Nacht lang aus einer Wagendeichsel geschlafen,
geht sie der Tür zu.
Der Mond klebt als zu dünn gestrichenes Butterbrot am glitzernden
Himmel. Und kann lächeln, still und lang.
Mitten im jungen Frühling ist's.
S91
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