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Teil der deutschen Bergarbeiter , verunglückt jährlich. Sie tragen
alltäglich mit dem Betreten des Förderkorbes das Totenhemd,
aber sie glauben an den Aufstieg Deutschlands . . .

Die Benzinlampe, die spärlich leuchtende, flackert unsicher —
der Bergmann weiß, es sind schlagende Wetter im Bau.

Ein Schuß, eine Unvorsichtigkeit irgend eines Mitarbeiters -—
ein Blitz — Donnerschlag — Stollen stürzen ein — der Tod mäht
Hunderte nieder — giftige Nachschwaden explodierten Kohlen«
staubes töten die Überlebenden ferner Betriebspunkte, die nicht
mehr flüchten können. — Verbrannte, verstümmelte, unkenntliche

Leichen werden in tagelanger gefahrvollster Bergarbeit ans Licht
der Sonne gebracht — droben umlagern Zehntausende jammern-
der, verzweifelnder Menschen den Schacht — Arbeitsbrüder, Wit-
wen, Waisen, Mütter.

Unzählige Male wiederholt sich die Tragik des Massensterbens!
Am nächsten Tage füllen hundert Andere den ausgebrannten Ar-
beitsplatz aus, ringend mit den feindlichen Mächten der Tiefe —
aber den Glauben im Herzen, daß ihr Opfer nötig ist für ein
ganzes Volk und sein Leben in Gegenwart und Zukunft.

So lange ein Volk solche Helden hat, kann es nicht untergehen.

GEDANKEN

Das Güteverhältnis der Dampflokomotive ist achtzehn bis zwanzig
vom Hundert, das der Elektrisierung der Kohle achtzig bis neunzig.
Also ungeheure Kohlenersparnis bei Elektrisierung aller Verkehrs-
mittel, also Verbilligung der Fracht, und so weiter in endloser Kette.

Die Überführung der chemischen Energie der Kohle geht über die
abwegige Zwischenstation der Wärmeenergie. Das Institut für Kohlen-
forschung soll soeben das Problem gelöst haben, diese Umwandlung
auf unmittelbarem Weg zu bewirken. Also ungeheure Ersparnis an
Kohlen. Verbilligung aller Energie, und so weiter in endloser Kette.

Alle Systeme der Kraftübertragung arbeiten unter großem Energie-
verlust. Ingenieur X. hat in der Schweiz ein Patent genommen, das,
wenn es sich bewährt, das Güteverhältnis aller Energieübertragungen
verzehnfachen soll. Also ungeheure Ersparnis an Energie. Verbilli-
gung aller Kraft-, Lieht- und Heizquellen, und so weiter in endloser
Kette.

Ein Luftstrom, der durch ein Rohr gesogen wird, das senkrecht
zu einem fallenden Wasserstrahl steht, soll — so behauptet eine

Gesellschaft von Männern, die Denkschriften im Lande verbreitet
— fast unbegrenzt viel Luftturbinen treiben können, die in jenes
Rohr eingebaut sind. Deren Energie soll nicht nur vermögen, den
fallenden Wasserstrahl wieder zu heben, sondern auch noch Kraft-
überschuß zu leisten. — Perpetuum mobile?

Mit jedem Prozentsatz der Verbesserung des Güteverhältnisses
der Energieumsetzung werden neue Lebensmöglichkeiten fürMenchen
geschaffen, werden sie unabhängiger Von Raum und Zeit, schrumpfen
die Entfernungen der Erde, tasten weiter gespülte Wellen von Energie
zu fremden Sternen, werden die bunten Grenzen der Länder wider-
sinniger.

Vorurteile, Verehrung des Schlagworts und der Gewalt sind An-
zeichen dafür, daß der geheimnisvolle Energieumformer, des Menschen
Gehirn, unter schlechtem Güteverhältnis Wahrnehmungen in Ideen um«
setzt. Verbessert dieses Güteverhältnis, erfindet die Lehre und sprecht
das Wort, das dieses Güteverhältnis um zehn vom Hundert verbessert,
und ihr habt die Probleme der Zeit gelöst. H. G. WELLS

» Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu nehmen

1922 / JUGEND Nr. 2

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Herbert George Wells: Gedanken
 
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