Keir- und Äoft-
Apparate
besitzen Weltruf
Überall zu haben
OualMs-Erz-ugnisse der
Auerlicht Gesellschaft
«erlin <v 17
VON F. JOSS
Wie an jedem Morgen nach dem
Frühstück, saß Frau Rechnungsdirektor
Bitterlich auf der Terrasse der kleinen
Tiroler PensionWaldfried und studierte
das Fremdenbuch. Flüchtig glitten ihre
etwas eingekniffenen kurzsichtigen Aus
gen über die Reihe der bereits bekannten
Namen: Hofrat Schneiderhahn, Hof-
rat Werchota, Amtsrat Schlenk, Frau
Baurat Krämer, Schriftstellerin Klothil-
de Bröselman, Rechtsanwalt Dr Zwicks
litzer — Die interessierten sie nicht
mehr besonders. Aber die Neuange-
kommenen — das war etwas anderes.
Da setzte sie sich in Positur, nahm das
Lorgnon vor und prüfte mit strenger
Amtsmiene. — Oberinspektor Wagner.
— Die Frau Rechnungsdirektor nickte
zustimmend. — Frau Fachlehrer Mittel-
mann samt Tochter. -— Ein mitleidiges
Lächeln huschte über ihre Züge. —
Doch was war das? Das war — das
war doch einfach unerhört. Aber sah
sie denn auch recht? Sie rückte mit
ihren kurzsichtigen Augen ganz nahe
an das Buch heran. Aber es stimmte.
Hier stand es ganz deutlich. Es war
kein Irrtum möglich Hier stand : Paul
Österle — ein Mensch. Nicht mehr
und nicht weniger.
Der Frau Rechnungsdirektor bemäch*
tigte sich eine seltsame Unruhe.
Hier galt es ein Geheimnis zu lüf-
ten, vielleicht gar eine drohende ge-
sellschaftliche Gefahr rechtzeitig abzu-
wehren.
Sie empfand plötzlich das dringende
Bedürfnis, sich jemandem mitzuteilen.
Zum Glück humpelte eben die alte
Baurätin Krämer, auf ihren Stock ge-
stützt, langsam heran.
„Denken Sie, beste Frau Baurat, wen
wir da gestern als Gast bekommen
haben.“
„Bekommen haben Sie etwas?“ nickte
die schwerhörige Dame freundlich. „So,
so. Was haben Sie denn bekommen?“
„Nein, nicht ich allein, wir alle,“
trompetete die Rechnungsdirektor der
Baurätin in’s Ohr. „Einen neuen Gast
haben wir bekommen.“
Ah, einen Gast. Ja und — und was
ist er denn, der neue Gast?“
„Ein Mensch.“
„Chrachrachrachra“, gurgelte dieBau-
rätin durch ihren Kropf. „Ein Mensch?
Aber — chrachrachrachra — das ist
doch jeder von uns. Ich wollte wissen,
was er von Beruf ist.“
„Na eben — ein Mensch. Nichts
sonst. Hier steht es ganz deutlich.“
Die Baurätin schüttelte bedenklich
den Kopf und äußerte sich dann mit
großer Bestimmtheit: „Das ist zu wenig.
Nein, das ist viel zu wenig.“
„Das will ich meinen,“ bestätigte die
Rechnungsdirektor, „und ich bin der
Ansicht, daß so etwas nicht geduldet
werden darf in diesem Hause.“
„Da stimme ich Ihnen vollkommen
zu, lieber Rechnungsdirektor, nein, ein
Mensch —■ chrachrachrachra — ein
Mensch, das ist doch gar nichts, rein
gar nichts.“
„Es wird gut sein, wenn wir den
Herrn Hofrat Schneiderhahn auf die
Sache aufmerksam machen.“ — Die
Rechnungsdirektor beugte sich über
das Geländer der Terrasse und rief:
„Herr Hofrat! Dürfte ich einen Moment
bitten?“
Hofrat Schneiderhahn unterzog die
Eintragung im Fremdenbuch einer
kurzen Prüfung und kräuselte dann
verächtlich die Lippen. „Also Mensch.
Mensch! Das ist doch wieder so recht
die Idee einer aus Rand und Band ge-
ratenen Jugend. Keine Autorität. Kein
Respekt. Mensch! Sehr gut. Ich ver-
stehe. Man will frei sein, um keine
Gesetze achten zu müssen. Weder
gesellschaftliche noch andere. Ich werde
den Fall scharf im Auge behalten, ver-
FABRIK FÜR. E I 5 E N H 0 C H - U, B R,
HANNOVER. - HERR.ENHAU.SEN
B&dCKENBAU-WASSERBAU-HOCHBAU-BERGBÜ
E15EN BAHNHOCHBR^CKE dßER. DEN KAI-SERj WILH ELM - KANAL 0 FB.EIVOBBAU D/ IVO MTR./PHTTELÖ FF N U N G
Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu nehmen » JUGEND Nr. 2 / 1922
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Wie an jedem Morgen nach dem
Frühstück, saß Frau Rechnungsdirektor
Bitterlich auf der Terrasse der kleinen
Tiroler PensionWaldfried und studierte
das Fremdenbuch. Flüchtig glitten ihre
etwas eingekniffenen kurzsichtigen Aus
gen über die Reihe der bereits bekannten
Namen: Hofrat Schneiderhahn, Hof-
rat Werchota, Amtsrat Schlenk, Frau
Baurat Krämer, Schriftstellerin Klothil-
de Bröselman, Rechtsanwalt Dr Zwicks
litzer — Die interessierten sie nicht
mehr besonders. Aber die Neuange-
kommenen — das war etwas anderes.
Da setzte sie sich in Positur, nahm das
Lorgnon vor und prüfte mit strenger
Amtsmiene. — Oberinspektor Wagner.
— Die Frau Rechnungsdirektor nickte
zustimmend. — Frau Fachlehrer Mittel-
mann samt Tochter. -— Ein mitleidiges
Lächeln huschte über ihre Züge. —
Doch was war das? Das war — das
war doch einfach unerhört. Aber sah
sie denn auch recht? Sie rückte mit
ihren kurzsichtigen Augen ganz nahe
an das Buch heran. Aber es stimmte.
Hier stand es ganz deutlich. Es war
kein Irrtum möglich Hier stand : Paul
Österle — ein Mensch. Nicht mehr
und nicht weniger.
Der Frau Rechnungsdirektor bemäch*
tigte sich eine seltsame Unruhe.
Hier galt es ein Geheimnis zu lüf-
ten, vielleicht gar eine drohende ge-
sellschaftliche Gefahr rechtzeitig abzu-
wehren.
Sie empfand plötzlich das dringende
Bedürfnis, sich jemandem mitzuteilen.
Zum Glück humpelte eben die alte
Baurätin Krämer, auf ihren Stock ge-
stützt, langsam heran.
„Denken Sie, beste Frau Baurat, wen
wir da gestern als Gast bekommen
haben.“
„Bekommen haben Sie etwas?“ nickte
die schwerhörige Dame freundlich. „So,
so. Was haben Sie denn bekommen?“
„Nein, nicht ich allein, wir alle,“
trompetete die Rechnungsdirektor der
Baurätin in’s Ohr. „Einen neuen Gast
haben wir bekommen.“
Ah, einen Gast. Ja und — und was
ist er denn, der neue Gast?“
„Ein Mensch.“
„Chrachrachrachra“, gurgelte dieBau-
rätin durch ihren Kropf. „Ein Mensch?
Aber — chrachrachrachra — das ist
doch jeder von uns. Ich wollte wissen,
was er von Beruf ist.“
„Na eben — ein Mensch. Nichts
sonst. Hier steht es ganz deutlich.“
Die Baurätin schüttelte bedenklich
den Kopf und äußerte sich dann mit
großer Bestimmtheit: „Das ist zu wenig.
Nein, das ist viel zu wenig.“
„Das will ich meinen,“ bestätigte die
Rechnungsdirektor, „und ich bin der
Ansicht, daß so etwas nicht geduldet
werden darf in diesem Hause.“
„Da stimme ich Ihnen vollkommen
zu, lieber Rechnungsdirektor, nein, ein
Mensch —■ chrachrachrachra — ein
Mensch, das ist doch gar nichts, rein
gar nichts.“
„Es wird gut sein, wenn wir den
Herrn Hofrat Schneiderhahn auf die
Sache aufmerksam machen.“ — Die
Rechnungsdirektor beugte sich über
das Geländer der Terrasse und rief:
„Herr Hofrat! Dürfte ich einen Moment
bitten?“
Hofrat Schneiderhahn unterzog die
Eintragung im Fremdenbuch einer
kurzen Prüfung und kräuselte dann
verächtlich die Lippen. „Also Mensch.
Mensch! Das ist doch wieder so recht
die Idee einer aus Rand und Band ge-
ratenen Jugend. Keine Autorität. Kein
Respekt. Mensch! Sehr gut. Ich ver-
stehe. Man will frei sein, um keine
Gesetze achten zu müssen. Weder
gesellschaftliche noch andere. Ich werde
den Fall scharf im Auge behalten, ver-
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