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KARL BOEHMER (MÜNCHEN)

direktor Bitterlich nickte hoheits«
voll und dachte in ihrem Sinn: Schon
gut so. Den habe ich noch recht-
zeitig in seiner menschlichen Ent-
Wicklung aufgehalten.

LIEBE JUGEND

Die bessere Hälfte unserer „bes-
seren Hälften“ sucht sich heute
von den Schmerzen des Mutter*
Werdens durch die Halbnarkose zu
befreien. Aber so einfach ist die
Sache nicht. Man läuft Gefahr und
es kostet schwere Gelder für die
Ärzte. So begibt sich denn eine
Deputation von „Minderbemittel-
ten“ zum lieben Gott und bittet
ihn, dem ungleichen Zustand da-
durch ein Ende zu machen, daß er
allen Frauen das Gebären über-
haupt einmal abnimmt und ein
paar tausend Jahre lang den Män-
nern aufladet, die bisher immer
nur das Vergnügen und nie den
Schmerz empfanden.

Der liebe Gott kraut sich hinter
den Ohren, denn — schließlich,
mit den Weibern es verderben,
ist eine üble Sache . . .

„Ja freilich,“ sagt er, „meine Da-
men, ich würde es gerne machen
. . . nur: es geht nicht. Die Män-
ner, hm, sind — darauf nicht ein-
gerichtet. Sie verstehen. Ich kann
sie nicht . . . umbauen — kurz, das
mit dem Gebären — das läßt sich
nicht machen. Aber, würde es
Ihnen genügen, wenn ich vielleicht

ERKENNTNIS. „Eigentlich erinnern mich-diese fatalen Bewegungen
immer nur an die peinlichsten Momente meiner Kindheit. —“

die Arbeit teilte? Daß die Mutter
das Kind bringt wie immer, der
Vater aber die Wehen aushält . .?“
„Ja! Ja!“ rufen die Frauen, „das
genügt! Es paßt sich auch gut für
die Männer. Sie sind immer so
männlich, und so tapfer, und ver-
achten den Schmerz, — also! Wir
danken recht schön . . .“ „Adiöh!“
sagt der liebe Gott, und — „wir
wollen recht viele Kinder haben!“
lachen die Frauen noch auf der
Himmelstreppe im Hinuntereilen.

Richtig, schon beim nächsten
fälligen Weibchen funktioniert die
Geschichte ausgezeichnet. Die
kleine Frau Irma Rosenblatt ist es,
die daran kommt. Daß die Geburt
beginnt, merkt sie nur an der
Hebamme, die geholt wird. „Fa-
mos!“ denkt sie, „ich bin begierig,
was mein Mann dazu sagt.“ Und
sie läutet dem Mädchen. „Gehn
Sie mal hinüber und sehn Sie nach,
wie sich der Herr Professor be-
findet?“

Das Mädchen kehrt zurück:

,Gnädige Frau, dem Herrn Gemahl
gehts ganz gut. Aber der Zimmer-
herr windet sich vor Schmerzen .“

„Sie sehen so glücklich aus, Herr
Kulike, — was ist denn?“

„Ich sehe: einem freudigen Fa-

milienereignis entgegen —““

„— entgegen? Wieso?“

„„Meine Frau läßt sich morgen von
mir scheiden!““ A. De Nora

1922 / JUGEND Nr. 2 » Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu nehmen

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Register
Carl Boehmer: Erkenntnis
A. De Nora: Liebe Jugend!
 
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