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EIN NEV HISTOR1A WIE EIN ALTER
KRIEGSMANN SEINER FRAVN TREUE
BEWAHRET

Denen Ehemännern zum Nutzen und Frommen
aufs Neve herfürgezogen und ans Licht gestellt

von OSKAR KLEIN

Ist dermaleinst ein Kriegsmann gewesen so in
Kaisers Armada viele Schlachten mitgeschlagen,
ansonsten aber der Göttin Venus ein etzliches
und mehr gehuldiget. Da er aber alt geworden und
nicht mehr fähig zum Dienste des Mars et der
Venus, hat er sich sein Abschied geben lassen
und sich in dem Städtlein Irgendwo zur Ruhe
gesetzet. Auch von seiner Kriegsbeute so er
hinter sich gebracht -— massen er Bürger und
Bauern gar weidlich geschunden — ein Häuslein
gekauft mit Acker und Feld. Item hat er auch
ein gar jung und unerfahren Jungfräulein zum
Eheweib genommen, hat aber mit ihr nicht an-
ders gehauset denn ein Vater mit seiner Tochter
und ist das junge Weiblein baß einverstanden
gewesen damit, dieweil sie gar unwissend und
einfältig und also vermeinet hat, in der Ehe
müßte es so zugehen und hat also ihr Kränzlein
auch als Eheweib behalten. Und hat ihren Ehe-
herrn eins Tags gefragt: „Lieber, sage Er mir
doch“ — denn sie nannte ihn Er, weil sie einen
gewaltigen Respekt gehabt hat vor ihm — „wenn
ich am Brunnen Wasser hole, siehe so reden die
andern Weiber dort von Herzen und Küssen,
sage er mir doch an, was das ist?“ Sprach der
alte Kriegsmann: „Solches will ich Dir wohl wei-
sen,“ hat alsdann einen Stecken genommen, so
am Herde gelegen und dem Weiblein gar kräftig
den Rücken gestrichen, also daß sie Ach und
Weh geschrieen hat und ist in der Küche herum-
getanzt vor lauter Schmerzen und Wehdag, wor-
auf der Kriegsmann endlich den Stab Wehe
hat fortgelegt und zu ihr gesprochen: „Solches
heißt man Herzen!“ Hat alsdann flugs einen

Borstwisch ergriffen, so recht harte und stachlige
Borsten gehabt hat, ist dem Weiblein damit im
Gesicht herumb gefahren, daß ihr selbigs arg
zerkratzt und bis auf das Blut geschunden wor-
den ist. „Und solches nennt man Küssen“ hat
ihr Eheherr gesagt, da er mit seinem Unterricht
fertig gewesen und das Weiblein hat sich vor
Gott und allen Heiligen zugelobet, von solch
erschröcklichen Dingen als da sind Herzen und
Küssen sich fern zu halten ihr Lebtag.

Da nun einige Zeit vergangen, siehe, weiß
aber nicht wie es geschehen — kann wohl fff

WILLY HALLSTEIN

LEBENSKUNST. „Ja Heinrich — Du

— und im Zylinder — was ist denn pas-
siert?“ — „Meine Dramen sind sämtlich
angenommen worden — bei der M. V.I“

— „Ah — Münchner Volksbühne —?“ —

„Nee — Makulatur-Verwertung!“

Hexerei mit im Spiele gewesen sein — so ist
dem alten Kriegsmanne einmal der alte Adam
wieder lebendig geworden, also daß er sich be-
sonnen hat auf sein Weib und hat ihr Nächtens
ihr Kränzlein genommen, so ihr über alle Ma-
ßen wohl gefallen hat. Fragte also morgens ihren
Ehemann: „Lieber, was ist das für ein schönes
Spiel, so Er diese Nacht mit mir getrieben und
so mir gar herrlich gefallen hat und mich weid-
lich gaudieret, wenn es auch nur kurze Zeit ge-
wesen.“ Sprach der Kriegsmann, so den alten
Adam nunmehr zur ewigen Ruhe bestattet: „Ein
solches heißt an dem Buckel herunterrutschen,“
und hat sich das Weiblein mit sotaner Auskunft
zulrieden gegeben.

Ist aber in bemeldeten Städtlein ein junger
Lecker gewesen, so das Weiblein einstmals am
Brunnen gesehen und sich stante pede in sie ver-
liebet. Solcher hat ihr eines Abends, da sie zum
Bader ging, um für ihres Mannes Zipperlein
ein gar heilsames Kräutlein zu holen, vor der
Tür aufgelauert und begonnen, ihr allerhand Fla-
tusen und Komplimenter zu sagen, so das Weib-
lein mit offenen s. v. Maul, aber nit ungern, an-
gehöret. Und da selbiger Lecker solches gewah-
ret, siehe so hat er zu ihr gesprochen: „O du
allerliebste und allerschönste, so dein Mann heute
Nacht eingeschlafen, alsdann stehe leise auf von
seiner Seiten und komm zu mir in das Gärtlein
hinterm Hause, allwo wir uns küssen und wollen
herzen.“ Hat das Weiblein da ein gewaltiges
Erschröcknis gezeiget und gesprochen: „Die lie-
ben Heiligen sollen mich bewahren, will von
Herzen und Küssen nit mehr wissen mein Leben
lang. So ihr mir aber den Buckel wollt herunter«
rutschen, alsdann wäre es mir schon recht.“
Sprach der Lecker: „Rutsch Du und der Teu-
fel!“ und ist eilends entflohen, also daß das
Weiblein keusch heimgekommen zu ihrem Ehe-
herrn und auch so geblieben, wie die Leute
sagen.

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» Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend Bezug zu nehmen

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1922 / JUGEND Nr. 2
Register
Oskar Klein: Ein nev historia, wie ein alter Kriegsmann seiner Fraun Treue bewahret
Willy Hallstein: Lebenskunst
 
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