Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE VER -
FOLGUNG

Eine schauderöse
Geschichte aus

dem dunklen
Berlin.

Seit mindestens
einer Viertel-
stunde war der
unheimlicheKerl
hinter ihr her —
Gerda schauder-
te. — Man las
jetzt so viel von
überfallnen jun-
gen Mädchen,
von Beraubun»
gen, Verschlep-
pungen, Ermor-
dungen —
Wenn sie jetzt
aus der immer-
hin noch nicht
ganz menschen-
leeren Königs
grätzer» in die
stille Anhalt»
straße einbog,
jetzt, nachts um
zwei Uhr, dann
war es — davon
war sie über-
zeugt -— um ihr
junges Leben,
vielleicht sogar
um ihre Hand»
taschemit30Mk.
Inhalt, gesche-
hen. — Polizei ?

— -— Jawohl, in
solchenFällen.—

Gerda s Atem
flog. Sie sah sich
um. Da war der
Kerl dicht hinter
ihr. Jetzt sprach
er sie an. „Mein

Fräulein !“-

Gerda wollteum
Hilfe rufen. Die
Stimme versagte
ihr vor Angst
und Aufregung.
„Mein Fräulein,
so —“ Mühsam,
gepreßt, gequält,
stieß Gerda eini-
ge Worte derAbs
wehr hervor:„So
lassen Sie mich
dochzufrieden!“

— „Aber, mein

Fräulein !“-

„Ich schrei’ um
Hilfe.“ — „Aber,
mein Fräulein,so
hören Sie mich
doch an!“—„Ich
verbitte mir —“
„Aber, — mein
Fräulein, so las-
sen Sie mich

doch!-“

„Unverschämter
Mensch!“ Gerda
rannte davon.—

'Dujardtn

munoewoue
©p i'a fm a rfe
Z) e Ufa tesßBcanö

^Dufardm &C9,G.m.b.H'

vorm. Gehr. Melcher

Oegr. 1610

Weinbrennereien: Uerdingen am Rhein

DasSubjektsetz«
tc ihr in langen
Sprüngen nach.

Gerda wußte
in ihrer Todes»
angstnichtmehr,
was sie tat.

Willenlos bog
sic in die dunkle
Anhalt - Straße
ein, gleichsam
Schutz sucheifd
vor dem Unge-
heuerlichen, Un-
heimlichen, das
auf sie einstürm-
te. Jetzt packte
der Kerl sie am
Arm „Fräulein!“

Gerda stieß
einen gellenden
Hilfeschrei aus.

Und da stand
plötzlich, wie aus
dem Asphalt ge-
wachsen , ein
Schutz - Polizist
vor ihr. „Nanu,
was gibt’s denn
hier?“ — „Herr
WachtsMeistcr,

der Kerl da-“

„Was wollen Sie
von dem Fräu-
lein ?“ herrschte
ihn der wackere
Grüne an.

„Ich?“ — „Nu
man keine Aus-
flüchte ! Ein off-
nes Geständnis
kann ihre Lage
nur verbessern.“
Triumphierend
und im Gefühl
staatlich behüte-
ter Sicherheit
musterte Gerda
ihren Verfolger.
„Na, nu mal raus
mitder Sprach!“
Der Sünder holte
noch einmal tief
Atem u. wischte
sich den Schweiß
von der Stirn. —
Dannlegteerlos:
„Zum Donner-
wetter ! — Vom
HallschenToran
renn’ ich hinter
demFräuleinher,
um ihr zu sagen,
daß sie ihren fal-
schen Zopp ver-
loren hat, und nu
läßt se mich hier
noch verhaften!
Hier haben Sc
das olle Dings !“

-Langsam

nur erholte sich
die Ohnmächti-
ge auf der Rct»
tungswache.

Franze aus Berlin



* Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu nehmen

76

1922 / JUGEND Nr. 2
Register
Franze aus Berlin: Die Verfolgung
 
Annotationen