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WIELAND, DER SCHMIED

von Leopold Weber. — Nit ? Holzschnitten von Karl Rössing

e! Brüder häuften hoch oben im
Norden, wo das Lappenland an-
geht, an einem Bergsee mitten
im Walde: Schlagfinn, Lgil und
Wieland. Wer ihr Vater war,
wußte niemand. Die Albensöhne
hieß man sie nur: denn mächtig
waren sie in geheimen Nünsten,
die den Menschen verschlossen
sind. Gewaltige Schuhen waren
Schlagsinn und Lgil und jagten
auf Schneeschuhen. Wieland aber
stand ln der Schmiede vorm Am-
boß und schwang über dem glü-
henden Lisen den Hammer. —
Grimmig heulten die winterstür-
me durch die Anode. Schweigend
saßen die Brüder in den langen Winternächten und sannen. Da kamen die
lauen Lüfte aus dem Süden. Der Schnee taute herab von den Seifen und
von den Tannen, das Lis barst über dem Bergfce und schmolz. Der dunkle
Waldgrund erglühte, und an Ahorn und Buche sprangen schimmernd die
Nnospen.

Auf dem Hügel vor der Schmiede saß Wieland, das Rinn auf die Saust
gestützt und spähte hinaus. Dunkelblau glänzten fernhin im Sonnenscheine
die Wälder. Da blinkte es aus dem Walde am Himmelsrand auf, und
rauschend kam es herangezogen durch die lautlosen Lüste. Weiße Schwin-
gen schlugen hoch über Wieland. Drei Schwäne kreisten über dem Bergsee
und senkten sich nieder zum Strand. Sie schüttelten ihr Gefieder: da fielen
die Hüllen, und in lichtem Gewände standen hoch und schlank drei Mäd-
chen am Wasser. Über die Schultern rann ihnen das gelbe Haar bis hinab
auf die Nnöchel. 3m Moose saßen sie nieder und lachten: wie Helles Geläut
tönte es durch die Stille. Dann faßten sie sich bei den Händen und sangen,
daß es ferne wiederklang.

vom Hügel herab stürmte Wieland, aus dem Waide hervor brachen
Schlagfinn und Lgil. Die Schwanenhemden rissen sie weg. Gefangen waren
die Vögel. Da weinten die Zungsrauen um ihre Sreiheit. Aber nicht lange:
bald waren sie die Albensöhne gewöhnt und das Leben im Walde. Lgil im
Schoß saß die eine, dle andre schlief an Schlagfinns bärtiger Brust:

Schwanenweiß aber, die jüngste der Schwestern,

Schlang dle Hände dem Schmied um den Hals.

Als aber ein Zahr gegangen war und die Lüfte wiederum anhoben, lau
durchs wolsstal zu wehen, da ward die Sehnsucht wach ln den Herzen der
Schwestern. Auf den Hügel vorm Haus stiegen sie täglich und schauten nach
Süden in die blaue Seine hinüber. Und eines Abends, als die drei Brüder
von der Zagd heimkehrten, da war das Haus leer. Lin und aus gingen

durch alle Türen Schlagsinn, Lgil und Wieland und riefen. Aber so viel sie
auch suchten — leer war das Haus.

Zhre Schwanenhemden hatten dle Schwestern im verstecke gefunden und
hatten sich heimwärts durch die Lüfte geschwungen.

Da machten sich Schlagsinn und Lgil aus: nach Dsten schritt der eine, der
andre nach westen, die Srauen zu juchen. Wieland aber hatte an der Bast-
schnur neben dem Herde, wo seine kostbarsten Nleinode glänzten, mitten
darunter den Goldring seines Weibes erblickt: den hatte sie ibm hlngehängt,
ehe sie wegslog. Da glaubte er. Schwanenweiß wollte zurückkehren zu ihm,
und allein blieb er daheim in der Schmiede_

Nidud hieß ein Nönig im Schwedenland, schähegierig, neidisch und
grimm. Der hörte, daß Wieland, der hortreiche Schmied, einsam im wolss-
tale hauste. Da machte er sich aus mlt seinen Mannen.

Nacht war's, sie ritten ln nietsesten Brünnen,

Ls blinkten die Schilde, bleich schien der Mond.

Dunkel sahen sie lm matten Lichte den Giebel des Albenheims aufragen
aus dem Wald:

Sachte glitten vom Sattel sie nieder.

Heimlich horchten zum Haus sie hinein.

Niemand war drinnen. Da schlichen sie in die Halle. Blanke Waffen und
bunte Nleinode schimmerten rlngs von den Wänden, daß es durchs Dunkel
blinkte und blitzte. Nach den kostbaren Steinen zuckten ihnen die Singer.
Aber alles ließen sie liegen und stehen, wie es war. Nur den Ring der
Schwanenweiß zog der Nönlg gierig von der Bastjchnur neben dem Herde.
Dann bargen sie sich wieder im verschneiten Dickicht vorm Haus.

von weitem Weg durch den Bcrgtann kehrte Wieland zurück. Line Bärin
hatte er gefällt und schleifte sie hinter sich heim. Seuer machte er im Herd
an, jchneenaß und wettermüd faß er nieder und wärmte sich an der Glut.
An dle wand lehnte er sich und zählte im Seuerscheine an der Bastschnur
droben die Ringe.

Da war der Ring der Schwanenweiß weg.

Zusammen zuckte der Schmied, war sie wiedergekehrt?

„Schwanenweiß!" ries er. Aber nur die Scheite prasselten in der Glut.
Sachte Schritte härte er manchmal hinter sich und es atmete etwas. Aber
wenn er herumfuhr, war alles stumm wie zuvor.

Scheit um Scheit warf er ins Seuer und harrte. Die Augen fielen ihm
zu. Da ward ihm, er jaß auf der Bank vor dem Haus Ls taute, das Schnee-
wasser rann von dem Dach, und ein Rauschen fuhr aus der Seine, wie da-
mals, als ihm Schwanenweiß kam. Aber eine graue Wolkendecke verhüllte
allenthalben den Himmel und nirgend sah er, so viel er auch schaute, weiße
Schwingen erblitzen. Zmmer stärker schwoll das Rauschen zum Sturmge-
braus in den Lüften. Sausend bogen sich die Tannen am Hügel. Da ei bebte
das Haus über ihm, krachend wankte und brach das Gebälk. „Schwanen-
weiß!" schrie er — und riß dle Augen auf.

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Karl Rössing: Illustrationen zum Text "Von Wieland, der Schmied"
Leopold Weber: Von Wieland, der Schmied
 
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