Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Dementi

Es ist nicht richtig,

daß die Forderung der Jenenser Kliniker-
schast, eS sollen bei den medizinischen Vor-
lesungen die vordersten vier Bänke siir ras-
senreine Germanen reserviert bleiben, vom
Rektor auS juristischen Gründen abgelehnk
wurde.

Richtig ist,

daß die Ablehnung auS anthropologischen
Glünden erfolgte, nachdem eg von Sachver-
ständigen für möglich erachtet wurde, daß
sich auch unter den übrigen Zuhörerrassen
vielleicht noch einige Kurzsichtige bestnöen.

Gefahr im Verzug

Der „TempS" fieberphantasiert in einem Leit-
artikel von den vermutlichen Abfichten der neuen
deutschen Regierung.

Dag Blatt schreibt, die Alliierten sähen stch
heute in der Tat einer türkisch-deutsch-
russischeu Allianz gegenüber, die stch die
Zerreißung der Friedengoerträge zum Ziel ge-
setzt habe und versuche, Bulgarien mit der
Hoffnung auf Revanche an stch zu locken. Die
Forderung einer Autonomie Elsaß - Lothringens
dürste in Kürze von Deutschland erhoben werden.

Entweder verkennt nun der außenpolitische
Sachverständige des TempS den wahren Ernst
der Lage vollkommen, oder er ist
gewissenlos genug, seinen Lesern
daS zu verschweigen, was in
Deutschland schon die Kanarien-
vögel von den Dächern pfeifen.

Im Innern des .Are de
Triomphe stehen zwei bei
Nacht und Nebel auf dem
Luftwege anmarschinte deutsche
Armeekorps zum Losschlagen
bereit, und auf dem Döberitzer
Schießplatz ist ein Ferngeschütz
von ungeheurer Reichweite di-
rekt auf das Tintenfaß des poli-
tischen Leitartiklers des TempS
gerichtet.

Daß eS noch nicht zum Ab-
feuern gekommen ist, liegt nur
daran, daß die Deutschen im
Augenblick noch nicht wissen,
über welch' ein Quantum Ku-
rage sie ,'iberhaupt verfügen.

Hoffentlich merken fie's nicht,
sonst sind Frankreich und der
TempS verloren. Kunz Franzendarf

*

Wendepunkt

Zwei Arbeiter plaudern über
ihren Beruf. Fragt der Ältere:

„Hast Du schon mal bei der
Arbeit geschwitzt?"

„Nee, ick bin doch noch so
jung, ick bin erst nach der Revo-
lution in Arbeit jetreten." H.

Arme Germania!

Die arme Frau Germania

Mußt' von den Marken schwinden.

Und zwar (so gibt man zu) geschah
Dies „aus polit'fchen Gründen".

Sie paßte nicht in's neue Reich
Mit ihrer Waffenkrone —

Den Herrn, die selbst so knochenweich,

Paßt keine Amazone!

Ja, wärst du zahn- und busenlos.

Du dürftest weiter leben!

Man könnte dich dann riefengroß
Auf unsren Reichstag kleben!

Doch weil so stolz dein Anblick war.

Wardst du verkauft, verraten.

Ein solches Weib, dag ist mir klar.

Wirkt peinlich auf Kastraten!

— Germania, sei drob nicht bös.

So find nun mal die Zeiten!

Frag nicht empört: „Was iS dann dös?",

Es hat nicht Zweck, zu streiten!

Nein, denke mild in deinem Sinn,

Sprich zu den zahmen Recken:

„Wenn ich auch nicht mehr Marke bin,

Ihr dürft mich trotzdem lecken!" Karichen

Das Orakel

An der Orakelblume zupft
Gretchen-Germania und rupft

(Kurs)blalt um-Blakt voll Sorgen:

Kommt er — ach — oder kommt er nicht —
Er kommt — kommt nicht — ist schon in Sicht —
Der Morgan!

Du lieber Gott, wag so ein Mann
Mit Dollars alles borgen kann!

Doch säumt er lang, der Morgan,

So fürcht' ich sehr, ich armes Kind,

Daß er an mir bald nichts mehr find't
Zu borgen.

An der Orakelblume zupft
Gretchen-Germania und rupft

Das letzte aus: Kommt Morgan?

Nun sind sie beide ratzekahl —

Ein Echo über dem Kanal

Höhnt:-morgen!

Puck

*

Übersetzungskünstler

In Bad Dürkheim haben die Franzosen, wie
auch sonst in der Pfalz, die deutschen Straßen-
schilder mit ffanzösischen ergänzt, und sie haben
sich dabei die hübsche Übersetzung von „Strauchel-
gasse" in „nie faux pas“ ge-
leistet.

Damit ihnen so was nicht
wieder passiert, seien ihnen hier
einige richtige Übersetzungen grä-
tig und ffanko zur Verfügung
gestellt:

Ainmillerstraße = rue d’un
meunier

Fraunhoferstraße — rue de la
cour des femmes
Gabelsbergerplotz — place du
mont de la fourchette
Garnifonstraße — rue du fils
du fil

Händelstraße — rue commerce
Hauptwache — Garde de la
töte

Lachnrrstraße — nie rir«
Liebheirstraße — rue du mon-
sieur charmant
Platz! — rue d’explosion
Ruhmeshalle = salle de Ja-
maica

Spitzwegstraße — rue du poin-
tu chemin.

Wenn die Franzosen das
Maß ihrer Güte vollmachen
wollen, fo erfüllen sie vielleicht
auch die Bitte, ihre im besetzten
Gebiete eingerichteten Bordelle
mit dem Schildchen zu versehen:
,,maison de la Grande Na-
t'O11 , Karichen

Willy Hallstein

Normalbier

,Jetzt kannst dein,BleinbL bald mit 'n Schubkarr'n daherfahrn,
mei Liaba — i sauf koang mehr!"

965
Register
Karlchen: Arme Germania!
Puck: Das Orakel
Karlchen: Übersetzungskünstler
Gelja: Dementi
Willy Hallstein: Normalbier
Kunz Franzendorf: Gefahr im Verzug
 
Annotationen