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aktenmäßig. Zahlen und Berechnungen. Christine verstand nur soviel,
das; p. }3. hier von allerlei Erfindern um Hrrgabc von Geld bestürmt
wurde. Alle waren mehr oder weniger einsam, mißverstanden und ver-
folgt. Abe wollten sie das Glück der Menschheit. Das wollten übrigens
auch die Leute im nächsten Paket, die Sektierer der buntesten Art. Ein
jeder von ihnen behauptete, den Weg zum großen Mittelpunkt längst
ausgekundschaftet zu haben, man brauche nur ihren Lebensregein oder
Ermahnungen zu folgen, dann sei alles gut, und es gebe keine Krankheit
und keine Bot mehr.

Da war einer, der wollte die Armut durch Vernichtung des Geldes be-
seitigen. Zum Zwecke der Gründung einer Kolonie «Die wahren Reichen"
suchte er einen hochherzigen Geldgeber. Endlich kam ein Bündel mit Zu-
schriften gemischter Art, die offenbar nicht ganz ernst gemeint waren. Ein
Stammtisch der „Verlorenen" bot an: gut durchgeräuchertes Seelen-
leben ;um Tausch gegen ein saftiges Stück Mittelpunkt.—Ein lebensmüder
Student hatte sich einen offenbar recht unziemlichen Scherzrcim erlaubt:

„Hochverehrter Mittelpunkt!
Dieses sei Dir zugefunkt:
bin bereit, Dir meine Seele
Si-, Sa-, Seele zu verkaufen.

bei Witwe Höllenstein usw."

Aber vorher will ich mich
noch an Höhenluft besaufen! —
Schmeiszst du braune Lappen raus,
Findest Du mich stets zu Haus

„Aber Christine — was soll das bedeuten?" Peter Knoll war ekn-
getrelen, und seine umflorte Stimme bebte ein wenig vor unterdrückter
Entrüstung. Christine drehte sich kampfbereit um:

„Ja, Peter, das möchte ich auch gern wissen, was dies alles zu
bedeuten hat?"

„Wie kannst Du —" wollte er fortfahren, besann sich und sagte
abweisend, aber doch schuldbewußt: „Das geht Dich nichts an."

„Na erlaube mal —" Christine war nun ganz obenauf — «Du
versteckst hier Heiratsanlräge von ganz fremden Frauenzimmern und
dummen Gänsen, schon beinahe Liebesbriefe, mit Gedichten und solchem
Zeug, und da sagst Du einfach: das geht mich nichts an? Mich nichts
an? Wen denn sonst?" Sie sagte das beinah pathetisch, was ihre Art
sonst nicht war. Sie übertrieb, und wußte, daß sie übertrieb. Es machte
ihr einen heimlichen Spaß, ihn etwas ins Bockshorn zu jagen.. Und
dann — so ganz in der Ordnung war ihr Angriff auf seine Papiere
vielleicht doch nicht.

„Nun, da kannst Du ganz ruhig sein," begütigte Peter Knoll und
lächelte wehmütig.

„Und was wollen diese andern Leute alle, diese Erfinder und Welt-
verbesserer? Was wollen sie grade von Dir? Außerdem machen sie sich
noch lustig über Dich wie dieser alberne Student, der auch Geld hahen
will. Dazu haben wirs doch weiß Gott nicht übrig!"

„Er kriegt ja auch nichts," bemerkte Peter gequält, „er nicht, und
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Albrecht Adam: Im Atelier
 
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