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Dollys Eckfenster

(Der wunderlichen Geschichten 2. Teil.)

Da saß zunächst der Kapellmeister Antonio Fortissimo, dessen Erst-
lingsoper am Abend zuvor ein schreckliches Fiasko erlitten hatte. Die
ganze Nacht war der arme enttäuschte Komponist am Ufer des Kanals
auf und ab geirrt, immer mit dem Entschluß kämpfend, sich in das tiefe
schwarze Wasser zu stürzen, aber jedes Mal, wenn er sich über das Ufer
beugte, fehlte ihm der Mut zum Sterben. Endlich gritf ihn ein Wacht-
meister der Schutzpolizei auf und brachte ihn zur nächsten Wache. Dort
feierte man gerade den Geburtstag des Oberwachtmeisters Bumske. Auf
dem Tisch stand eine Flasche des rassigen Kahlbaum „Nazdar* und immer
wieder wurden die Gläser gefüllt und geleert.

Als der lebensmüde Kapellmeister wieder in der Welt der Wirklich-
keit stand und die ausgelassene Fröhlichkeit sah, überkam ihn ein Gefühl
tiefinnerster Befriedigung, daß er nicht irgendwo als unbekannte Leiche
im schwarzen Wasser trieb, sondern lebte — lebte — lebte —.

Ein Glas Nazdar, das man ihm zu trinken gab, brachte ihm seinen
alten unverwüstlichen Optimismus wieder und er schwor sich, gleich
wieder an ein neues Opernwerk heranzugehen.

.Nun saß er in der Kahlbaumstube, trank zuerst einige Gläser

Nazdar und bestellte dann einen der ausgezeichneten Weine aus den
Kalilbaumschen Kellereien. Es wurde ihm so leicht und froh zu Mute,
daß er einer anderen schöneren Welt anzugehören glaubte. Es waren so
viele frohe und prächtige Farben um ihn, und alles war Musik. Und
aus der Überfülle der eindringenden Harmonien stieg plötzlich stark und
wuchtig das Thema zu seiner neuen Oper.

.Das alles hatte Dollys Fliegenseelchen miterlebt, Sie hatte

den Kapellmeister liebgewonnen und verfolgte seinen weiteren Werde-
gang-

Ein halbes Jahr später hatte Dollys Seelchen die Freude, einen Abend
mitzuerleben, an dem Beifallsstürme die Große Oper durchtosten, und
der Komponist Antonio Fortissimo unter einem Regen von Blumen und
Lorbeerkränzen verschwand.

An diesem Abend hielt der glückliche Komponist in großer Gesell-
schaft ein Toast, indem er den Kahlbaum Likören und Weinen ganz
allein die Ehre des Abends gab. Lo. Schü.

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SIND AUSGEZEICHNET
DURCH EIGENART UND SCHÖNHEIT
DES KLANGES

LUDWIG HUPFELD A.-G.,

BERLIN W., LEIPZIGER STRASSE 110
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