An in Offterdinger
lungen, z. B. in München, Dresden, auf der Feste Koburg haben sich
Schlitten erhalten, die bis in das 16. Jahrhundert Hinweisen. Sie sind
häufig äußerst kunstreich ausgestattet und mit mythologischen Anspie,
lungen versehen, unter denen Gott Amor wie billig den Ehrenplatz be-
hauptet. Herr und Dame saßen hintereinander, der Herr kutschierte.
Ganz müßig durste sich die Dame indeffen der Lust auch nicht immer hin-
geben; bei Schlittenrennen hatte sie mit einem Stabe nach dem Ringe
zu stechen und ihre Geschicklichkeit darzulegeu. Traf sie, und galante
Kavaliere werden wohl verstanden haben, nachzuhelfen, so warteten
ihrer schöne Preise, allerhand Kleinode oder Stoffe. Manchmal zeigen
alte Bilder auch, daß die Damen nach Würste» und Speckseiten statt
nach dem Ringe gestochen haben; das Waffer läuft einem im Munde
zusammen, wenn man davon hört. Jedenfalls war das Vergnügen so
groß, daß man auch in der besseren Jahreszeit nicht darauf verzichten
wollte, es wurde dann eine Schlittenbahn aus Brettern geschaffen, die mit
Butter bestriche» wurden, da sausten die Gespanne hintereinander her.
Der Kaiserhof in Wien war berüchtigt durch die Langweile, die an ihm
640
herrschte. „Alles geht mit einem gravitätischen Ernst und strengster Förm-
lichkeit zu," schreibt Lady Montague z. B-, und auch die wenigen Ver-
gnügungen, die man sich erlaubte, hatten gewiffe Formen, an denen un-
verbrüchlich festgehalten werden mußte. Dazu gehörten die Schlitten-
fahrten, an denen der Kaiser aber nicht persönlich teilnahm, sondern sich
mit Zuschauen begnügte. Die Herren entfalteten in der Ausstattung
ihrer Gefährte und der Kostüme den größten Luxus und wetteiferten
miteinander in Verschwendung. Blieben die Schlitten innerhalb der
Stadt Wien, so mußte der Schnee gewöhnlich erst in die Straßen von
auswärts gebracht werden, und man fuhr mehr im Schmutz herum; aber
dieTeilnehmer genoffen die Bewunderung der zuschauenden Bevölkerung.
Der Mehlmarkt war die Stätte der großen Schlittenfahrten, die mit
einem Ball in der „Mehlgrube", dem Kasino des hohen Adels, zu enden
pflegten. Die Kosten beliefen sich für die Kavaliere gewöhnlich auf mehrere
tausend Gulden, sodaß der Andrang zur Beteiligung immer mehr nach,
ließ, und der Kaiser die Herren schließlich kommandieren mußte. Unter
Maria Theresia war das Ziel der höfischen Schlittenpartien gewöhnlich
lungen, z. B. in München, Dresden, auf der Feste Koburg haben sich
Schlitten erhalten, die bis in das 16. Jahrhundert Hinweisen. Sie sind
häufig äußerst kunstreich ausgestattet und mit mythologischen Anspie,
lungen versehen, unter denen Gott Amor wie billig den Ehrenplatz be-
hauptet. Herr und Dame saßen hintereinander, der Herr kutschierte.
Ganz müßig durste sich die Dame indeffen der Lust auch nicht immer hin-
geben; bei Schlittenrennen hatte sie mit einem Stabe nach dem Ringe
zu stechen und ihre Geschicklichkeit darzulegeu. Traf sie, und galante
Kavaliere werden wohl verstanden haben, nachzuhelfen, so warteten
ihrer schöne Preise, allerhand Kleinode oder Stoffe. Manchmal zeigen
alte Bilder auch, daß die Damen nach Würste» und Speckseiten statt
nach dem Ringe gestochen haben; das Waffer läuft einem im Munde
zusammen, wenn man davon hört. Jedenfalls war das Vergnügen so
groß, daß man auch in der besseren Jahreszeit nicht darauf verzichten
wollte, es wurde dann eine Schlittenbahn aus Brettern geschaffen, die mit
Butter bestriche» wurden, da sausten die Gespanne hintereinander her.
Der Kaiserhof in Wien war berüchtigt durch die Langweile, die an ihm
640
herrschte. „Alles geht mit einem gravitätischen Ernst und strengster Förm-
lichkeit zu," schreibt Lady Montague z. B-, und auch die wenigen Ver-
gnügungen, die man sich erlaubte, hatten gewiffe Formen, an denen un-
verbrüchlich festgehalten werden mußte. Dazu gehörten die Schlitten-
fahrten, an denen der Kaiser aber nicht persönlich teilnahm, sondern sich
mit Zuschauen begnügte. Die Herren entfalteten in der Ausstattung
ihrer Gefährte und der Kostüme den größten Luxus und wetteiferten
miteinander in Verschwendung. Blieben die Schlitten innerhalb der
Stadt Wien, so mußte der Schnee gewöhnlich erst in die Straßen von
auswärts gebracht werden, und man fuhr mehr im Schmutz herum; aber
dieTeilnehmer genoffen die Bewunderung der zuschauenden Bevölkerung.
Der Mehlmarkt war die Stätte der großen Schlittenfahrten, die mit
einem Ball in der „Mehlgrube", dem Kasino des hohen Adels, zu enden
pflegten. Die Kosten beliefen sich für die Kavaliere gewöhnlich auf mehrere
tausend Gulden, sodaß der Andrang zur Beteiligung immer mehr nach,
ließ, und der Kaiser die Herren schließlich kommandieren mußte. Unter
Maria Theresia war das Ziel der höfischen Schlittenpartien gewöhnlich