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Es gab einstmals feststehende Be-
griffe, die oft seltsam anmuleten, aber
gerade in ihrer Seltsamkeit ihren
1 | entzückenden Reiz besahen und be-
dingungslos anerkannt wurden.
Man trug bei glühender Hitze
Samthüte und ließ Schneeflocken
über blütenreiche Strohhüte wir-
beln. Man schwelgte in Kontrasten,
die eine innerliche Verwandtschaft
mit dem Wesen der Frau aufwiesen.
Einer Frau, deren schnurgerades ■
Wesen niemals überrascht, fehlt jeg-
7 ÜEF rüHi M . licher Reiz. Sie muß, will sie inter-
essieren, verblüffen. Man ist häufig
über den sensationellen Erfolg von
Frauen erstaunt, die nicht über all-
gemein bewunderte Schönheiten ver-
fügen. Sie besitzen meist jene schil-
lernde, wechselvolle Anmut, die das
erfolgreiche Wesen der Mode cha-
rakterisiert. Diese Besonderheit wird
die Mode niemals einbüßen, aber
— und das ist die traurige Begleit-
erscheinung — man wird nur in
bescheidenem Maße davon profitie-
ren können. Das wechselvollc Spiel
ist da - aber wer hat den Mut
und vielleicht auch das Recht zu
diesem Mut — um nun jene bunten Bilderbogen in sein Leben zu spannen? Jene Bilder,
die zugleich Rahmen und Licht bedeuten ? Für die Frau ist das Kleid nicht nur Kleid, wie
Uneingeweihte und der Materie Fremde glauben, nicht nur etwas, das die lieben Näch-
sten mit bitter schmerzendem Neid betrachten, es ist die Fasiung, die immer wieder
überraschen muß. Aus dem Wesen der Frau steigt ihre sich erneuernde Eigenart, die
in Bewegung, Gesichtsausdruck und Sprache zur Geltung kommt. Dieser Beson-
derheit soll der Anzug gerecht werden. So will es die Frau. Darum machen ihr
Kleider, Hüte, Schube, Schirme, kurzum alles, was dieses Gebiet belebt,
so ungemein viel Freude. Und nun — was ist heute, was wird morgen sein?
Man wird sich kasteien, aus berechtigten und anzucrkennenden Gründen
verzichten. Doch wie immer wird es unter den törichten Jungfrauen
erleuchtete geben, die auch aus dieser Not den rettenden Weg finden.
Phantasie ersetzt oft Besitz oder kommt ihm wenigstens zu Hilfe: man
kann 'auch ohne große Aufwendungen entzückend aussehen. Ist
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D I E
MODE VON HEUTE
VON OLA ALSEN
Bestimmungen und Verordnungen schwierigster Art um-
düstern unser Leben. Dinge, an die man kaum gedacht,
nehmen plötzlich einen weiten, breiten Raum ein. Sie sind
ungerusene, unwillkommene Gäste. Sie machen unser fried-
liches Heim zu einem Trauerhaus, behängen alles mit schwär,
zen Schleiern. Ihr unliebsamer Geist schleicht umher, und
wo einstmals spielerische Lust, Grazie und anmutige Lebens-
freude verbreitete, herrscht drückende Schwermut. Der
Tanzschritt der Zeit ist gefesiclt, tausend Notwendigkeiten
bändigen ihn. Die Melodie, die unseren Alltag begleitet,
ist hart und stumpf, wenig dazu angetan, Dingen jene
triumphierende Freude zu geben, die ihnen, wie Blumen Tau,
Regen und Sonne, nötig ist. Wer denkt
heute daran, bric ä brac um seiner
Schönheit willen zu sammeln, mit leichter
Hand eine Menge Geld für ei» zierliches, aber über-
flüssiges Etwas auszugebe» ? Bringt nicht der nächste
Tag vielleicht Anforderungen, die dies Geld für
sich beanspruchen? So kann auch die verwöhn-
teste Freundin der Frau, die Mode, nicht
mehr so sieghaft ihres Weges ziehen.
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Es gab einstmals feststehende Be-
griffe, die oft seltsam anmuleten, aber
gerade in ihrer Seltsamkeit ihren
1 | entzückenden Reiz besahen und be-
dingungslos anerkannt wurden.
Man trug bei glühender Hitze
Samthüte und ließ Schneeflocken
über blütenreiche Strohhüte wir-
beln. Man schwelgte in Kontrasten,
die eine innerliche Verwandtschaft
mit dem Wesen der Frau aufwiesen.
Einer Frau, deren schnurgerades ■
Wesen niemals überrascht, fehlt jeg-
7 ÜEF rüHi M . licher Reiz. Sie muß, will sie inter-
essieren, verblüffen. Man ist häufig
über den sensationellen Erfolg von
Frauen erstaunt, die nicht über all-
gemein bewunderte Schönheiten ver-
fügen. Sie besitzen meist jene schil-
lernde, wechselvolle Anmut, die das
erfolgreiche Wesen der Mode cha-
rakterisiert. Diese Besonderheit wird
die Mode niemals einbüßen, aber
— und das ist die traurige Begleit-
erscheinung — man wird nur in
bescheidenem Maße davon profitie-
ren können. Das wechselvollc Spiel
ist da - aber wer hat den Mut
und vielleicht auch das Recht zu
diesem Mut — um nun jene bunten Bilderbogen in sein Leben zu spannen? Jene Bilder,
die zugleich Rahmen und Licht bedeuten ? Für die Frau ist das Kleid nicht nur Kleid, wie
Uneingeweihte und der Materie Fremde glauben, nicht nur etwas, das die lieben Näch-
sten mit bitter schmerzendem Neid betrachten, es ist die Fasiung, die immer wieder
überraschen muß. Aus dem Wesen der Frau steigt ihre sich erneuernde Eigenart, die
in Bewegung, Gesichtsausdruck und Sprache zur Geltung kommt. Dieser Beson-
derheit soll der Anzug gerecht werden. So will es die Frau. Darum machen ihr
Kleider, Hüte, Schube, Schirme, kurzum alles, was dieses Gebiet belebt,
so ungemein viel Freude. Und nun — was ist heute, was wird morgen sein?
Man wird sich kasteien, aus berechtigten und anzucrkennenden Gründen
verzichten. Doch wie immer wird es unter den törichten Jungfrauen
erleuchtete geben, die auch aus dieser Not den rettenden Weg finden.
Phantasie ersetzt oft Besitz oder kommt ihm wenigstens zu Hilfe: man
kann 'auch ohne große Aufwendungen entzückend aussehen. Ist
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MODE VON HEUTE
VON OLA ALSEN
Bestimmungen und Verordnungen schwierigster Art um-
düstern unser Leben. Dinge, an die man kaum gedacht,
nehmen plötzlich einen weiten, breiten Raum ein. Sie sind
ungerusene, unwillkommene Gäste. Sie machen unser fried-
liches Heim zu einem Trauerhaus, behängen alles mit schwär,
zen Schleiern. Ihr unliebsamer Geist schleicht umher, und
wo einstmals spielerische Lust, Grazie und anmutige Lebens-
freude verbreitete, herrscht drückende Schwermut. Der
Tanzschritt der Zeit ist gefesiclt, tausend Notwendigkeiten
bändigen ihn. Die Melodie, die unseren Alltag begleitet,
ist hart und stumpf, wenig dazu angetan, Dingen jene
triumphierende Freude zu geben, die ihnen, wie Blumen Tau,
Regen und Sonne, nötig ist. Wer denkt
heute daran, bric ä brac um seiner
Schönheit willen zu sammeln, mit leichter
Hand eine Menge Geld für ei» zierliches, aber über-
flüssiges Etwas auszugebe» ? Bringt nicht der nächste
Tag vielleicht Anforderungen, die dies Geld für
sich beanspruchen? So kann auch die verwöhn-
teste Freundin der Frau, die Mode, nicht
mehr so sieghaft ihres Weges ziehen.
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