noch etwas Gesellschaft zu leisten, und ich hoffe, Sie werden aus Ihrer
Heimat einiges Intereffante zu erzählen haben. Teilen Sie mir, bitte,
zunächst möglichst genau die neuesten Börfennachrichten vom Monde
mit!"
„Wie meinten Sie?" fragte der zarte Mondenstrahl und rutschte
ängstlich hin und her.
„Sie sollen mir sagen," schnarrte die Schreibmaschine, „was auf
dem Monde am höchsten gewertet wird."
„Die Mondbewohner schätzen am höchsten das Frühlingslied der
Elfenkönigin! Ach, ich sage Ihnen, mein Fräulein, das ist das Wunder-
barste und Märchenschönfte, was Sie sich nur denken können!" Und
der Mondenstrahl glitzerte vor lauter Begeisterung noch silberner, als
er schon war.
„Mein Herr," sagte die Schreibmaschine mißbilligend, „wenn Sie so
viele Fremdwörter gebrauchen, kann ich überhaupt nicht verstehen, was
Sie eigentlich wollen. Sie brauchen deswegen aber nicht zu denken,
ich wüßte nicht mit Fremdwörtern umzugehen! Im Gegenteil! Die
Briefe, die ich täglich zu schreiben habe, sind voll davon."
„Gewiß schreiben Sie täglich eine sehr große Menge Briefe?" fragte
der Mondenstrahl höflich.
„Allerdings! Sehr viele; Sie haben wohl noch niemals einen Brief
geschrieben?"
„Geschrieben? Nein! Aber ich habe schon einmal einen gelesen, der
war so schön, daß ich ihn auswendig gelernt habe."
„Wirklich? Ach, erzählen Sie! Wer hatte ihn geschrieben?"
„Es war ein junges Mädchen. Sie saß im Nachtgewande auf der
Fensterbank und blickte in die Sommernacht hinaus. Vor ihr lag ein
Briefblatt, das mit diesen Worten beschrieben war:
„Du Lieber!
Ehe ich mich nicderlege, Dir meinen sehnenden Gruß!
Ich habe das Fenster weit geöffnet, und ich spüre den süßen duftschweren
Atem, den die Bäume und Blumen aushauchen, und der Hauch der Lüfte
ist so, daß ich weinen könnte. Ich sehe in den wunderbar weiten Sternen-
himmel und suche mir den allergrößten und allerhellften Stern heraus
und denke dabei, daß Du auch vielleicht gerade in diesem Augenblick zu
jenem großen Hellen Stern ausschaust und ihm mit den Augen, wie ich,
von Deiner Liebe erzählst. Du ahnst nicht, welch wunderbares Bewußt-
sei» eö ist, zu denken, daß sich unsere Blicke in der Unendlichkeit des Alls
auf dem leuchtendsten Sterne ein Stelldichein geben. Ich bin nur traurig,
daß ich Deine Augen nicht in Wirklichkeit vor mir sehen kann, ich habe
sie so sehr lieb. Ich will Dir jetzt beim Gute-Nacht-Sagen die Augen
küssen, aber Du darfst sie nicht zumachen dabei, denn sonst ist mir, als
versänke die Welt in Dunkel. Gute Nacht! Ich gehe im Traum auf
unser» Wicsenweg, kommst Du mit, Lieber? Gute Nacht."
Der Mondenstrahl schwieg; da sagte die Schreibmaschine gering-
schätzig: „Ach, mein Herr, ich weiß nicht, was Sie an dem Briefe finden
können, es kommt ja nicht einmal eine Geldsumme darin vor! Außer-
dem ist das Datum vergessen, und am Schluffe fehlt .hochachtungsvoll'.
Das ist ganz und gar nicht ordnungsgemäß. Was den Stil anbetrifft,
so muß ich sagen, daß die Satzgefüge zu locker gebaut sind. Damit Sie
einmal einen Begriff von einem ordnungsmäßigen Briefe bekommen,
will ich Ihnen einen von denen, die ich täglich schreibe, jetzt zum Beispiel
sagen. Also hören Sie gut zu:
H., den 26. Mai 1923
Herren
Adolf Meyer & Sohn,
H.
Wir haben auf Ihrem Lombard-Konto No. 1431 folgende Buchung
vorgenommen:
Haben
Mk. 231.926.445.800.- Wert dato
Heimat einiges Intereffante zu erzählen haben. Teilen Sie mir, bitte,
zunächst möglichst genau die neuesten Börfennachrichten vom Monde
mit!"
„Wie meinten Sie?" fragte der zarte Mondenstrahl und rutschte
ängstlich hin und her.
„Sie sollen mir sagen," schnarrte die Schreibmaschine, „was auf
dem Monde am höchsten gewertet wird."
„Die Mondbewohner schätzen am höchsten das Frühlingslied der
Elfenkönigin! Ach, ich sage Ihnen, mein Fräulein, das ist das Wunder-
barste und Märchenschönfte, was Sie sich nur denken können!" Und
der Mondenstrahl glitzerte vor lauter Begeisterung noch silberner, als
er schon war.
„Mein Herr," sagte die Schreibmaschine mißbilligend, „wenn Sie so
viele Fremdwörter gebrauchen, kann ich überhaupt nicht verstehen, was
Sie eigentlich wollen. Sie brauchen deswegen aber nicht zu denken,
ich wüßte nicht mit Fremdwörtern umzugehen! Im Gegenteil! Die
Briefe, die ich täglich zu schreiben habe, sind voll davon."
„Gewiß schreiben Sie täglich eine sehr große Menge Briefe?" fragte
der Mondenstrahl höflich.
„Allerdings! Sehr viele; Sie haben wohl noch niemals einen Brief
geschrieben?"
„Geschrieben? Nein! Aber ich habe schon einmal einen gelesen, der
war so schön, daß ich ihn auswendig gelernt habe."
„Wirklich? Ach, erzählen Sie! Wer hatte ihn geschrieben?"
„Es war ein junges Mädchen. Sie saß im Nachtgewande auf der
Fensterbank und blickte in die Sommernacht hinaus. Vor ihr lag ein
Briefblatt, das mit diesen Worten beschrieben war:
„Du Lieber!
Ehe ich mich nicderlege, Dir meinen sehnenden Gruß!
Ich habe das Fenster weit geöffnet, und ich spüre den süßen duftschweren
Atem, den die Bäume und Blumen aushauchen, und der Hauch der Lüfte
ist so, daß ich weinen könnte. Ich sehe in den wunderbar weiten Sternen-
himmel und suche mir den allergrößten und allerhellften Stern heraus
und denke dabei, daß Du auch vielleicht gerade in diesem Augenblick zu
jenem großen Hellen Stern ausschaust und ihm mit den Augen, wie ich,
von Deiner Liebe erzählst. Du ahnst nicht, welch wunderbares Bewußt-
sei» eö ist, zu denken, daß sich unsere Blicke in der Unendlichkeit des Alls
auf dem leuchtendsten Sterne ein Stelldichein geben. Ich bin nur traurig,
daß ich Deine Augen nicht in Wirklichkeit vor mir sehen kann, ich habe
sie so sehr lieb. Ich will Dir jetzt beim Gute-Nacht-Sagen die Augen
küssen, aber Du darfst sie nicht zumachen dabei, denn sonst ist mir, als
versänke die Welt in Dunkel. Gute Nacht! Ich gehe im Traum auf
unser» Wicsenweg, kommst Du mit, Lieber? Gute Nacht."
Der Mondenstrahl schwieg; da sagte die Schreibmaschine gering-
schätzig: „Ach, mein Herr, ich weiß nicht, was Sie an dem Briefe finden
können, es kommt ja nicht einmal eine Geldsumme darin vor! Außer-
dem ist das Datum vergessen, und am Schluffe fehlt .hochachtungsvoll'.
Das ist ganz und gar nicht ordnungsgemäß. Was den Stil anbetrifft,
so muß ich sagen, daß die Satzgefüge zu locker gebaut sind. Damit Sie
einmal einen Begriff von einem ordnungsmäßigen Briefe bekommen,
will ich Ihnen einen von denen, die ich täglich schreibe, jetzt zum Beispiel
sagen. Also hören Sie gut zu:
H., den 26. Mai 1923
Herren
Adolf Meyer & Sohn,
H.
Wir haben auf Ihrem Lombard-Konto No. 1431 folgende Buchung
vorgenommen:
Haben
Mk. 231.926.445.800.- Wert dato