fcrt ein Dach kriegen! Hoppla lauf!" Er
schlug den Zügel leicht nieder und lachte
nun, denn eS machte ihm aus einem un-
bewußten Grunde Luft, daß dies Treffen
so ausging. Die Tropfen versiegten auf
eine kurze Weile, und es wurde ganz
still, und die Ähren standen noch einmal
still und steil. Ein Atemholen zu mächtiger
Kraftentladung — — dann brachen die
Wolken auf zu Feuer und Master und
Donnergewalten. Durchnäßt landete
das Gefährt bei der Schnitterhütte; das
Pferd wurde mit dem Mantel bedeckt,
die Beiden schlüpften ins Halbdunkel.
Lachend, schüttelnd stand der Hauptmann
da und musterte das Mädel. Die Be-
fangenheit machte sie lieb, kleiner, armer
Vogel, was wollte sie denn? Er zog sie
hinter den Tisch auf die rohe Birkenbank
hin und tätschelte ihre Arbeitshand.
„Na, was denn, ist mit der Kleinen
was?"
Sie wurde rot: „Ne, ne, die macht
sich jut. Die Schwester hat fe noch, un
— un die behält sie vielleicht ooch, wo ihr doch der Junge tot gefallen
iS. Meim Bräutjam hätte ihr ja nicht jenommen, der will keen Kind
von-" Sie warf trotzig den Kopf zurück und ließ ihm den Rest
zum Denken.
Eine Weile rollte und fchütterte der Holzbau im Gefüge; Waffer-
masten prasselten aufs Teerdach und klatschten vom Rande; die Dunkel-
heit war blau durchflammt, von Erregung durchbebt.
Der Gutsherr klemmte peinlich die Lippen und starrte die Lichtöff-
nung an. Volk! Es faß voll Heimtücke, immer und überall! Er war
doch nett zu den Leuten, zu allen — zu ihm konnten sie doch kommen und
offen fein! Mein Gott, daß solch Mädel ein Kind von ihm hatte, war
doch gang und gäbe und kein Trauerspiel mit immer neuen Aufzügen.
Küsten hielt er sie am Boden und wehr-
los war sie, willenberaubt, ein betäubtes
Hühnchen-.
Am späten Abend wurde der Weg aus
der Hütte frei. Während Berta ihr Haar
neu einflocht, war der Mann hinauöge
gangen und hatte die Einschlagstelle ge-
sunden: Hart am Rübenacker ein tiefes
Erdloch, in das jetzt, stiller, dieSchlamm-
bäche des Feldwegs hinabschwemmten.
Fünfzig Schritt vom Tod war das heiße-
ste, brennendste Leben aus diesem selben
Erdreich ausgebrochen und hatte zwei
Seelen, fern und schon feindlich, für
eine Spanne Zeit noch einmal zusammen-
geschmolzen. -Der Mensch — so war
der Mensch und sein Wille. So entwuchs
es der Brust, das Ungewollte, von Ele-
menten wurde es hineingeschleudert —.
Er war nachdenklich geworden und fühlte
eine sanfte Traurigkeit in sich.
Was hatte sie nur gewollt, das Mädel!
- — Noch hatte sie kein Wort wieder-
gesprochen und hatte nur so hundsjäm-
merlich geheult.-Er trat zurück in die Hütte, nahm sie an sich —
und zog sie freundlich bestimmt auf die Bank hin.
„Na also, jetzt redest du, Berta, und dann gehen wir brav aus-
einander, und du nimmst deinen Schatz und denkst nicht mehr an mich,
höchstens mal bei 'nem Gewitter-"->
Er lachte leise und hielt ihr Gesicht fest, bis sie ihm in die Augen sah.
Die Tränen hatten Spuren darin gelassen, doch nun lächelte auch sie...
„Es ist um die Schankerlaubnis für uns, Herr Hauptmann, 'ne
Jastwirtschaft will er aufmachen an de Straße nach Ruckow, wo doch
de Auöflüje immer lang kommen. Das wär en Jefchäft vor ihm. Das
Haus von Lemkes is zu haben. Und Se möchten doch so jut sein und
uns jestalten-"
Eine mächtige Erleichterung kam über ihn:
„Das ist die große Sache? Ja, allerdings —Er besann sich. —
„Da hat doch schon Kindler einen Schank, das wird mir ein bißchen viel
für unseren kleinen Ort. Aber Dir tu ich nicht nein sagen, natürlich. Er
soll sie haben; mit dem Amtmann rede ich schon. Na also —."
Vergnügt klopfte er seinen Brustkasten und reckte sich.
„Hast du ihn denn lieb, Deinen Schatz, Berta?"
Das Mädchen sah nieder und würgte was undeutliches und scharrte
mit dem Fuß in der Spreu. Legte dann den Kopf aus den Tisch, in die
Arme hinein und schluchzte heraus:
„Hab ihn doch so ferne — und nu?"
„Nun? Na, Berta, wir vergessen Beide, und er wird nichts wissen.
Komm jetzt, das Tier verkühlt mir zu sehr!"
„Und nu?" stöhnte sie wieder und schüttelte den Kops dabei.
„Nun? Nun ist das Leben genau so wie vorher, gut und schön. Waren
Sie schrie plötzlich auf und krallte sich an seinen Rockärmel an. Blitz
und Schlag schleuderten sie zusammen und warfen sie von der Bank ins
Heu des Bodens. Dort lagen sie halbbetäubt unter einem gewaltigen
Krachen, aneinandergehängt, atemlos. Der Mann raffte sich zuerst;
„Himmel! Daß wir heil sind, reines Wunder, — das muß hier nahe in
die Erde gegangen sein-." Er wollte hastig wieder aus, doch da hing
sich das Mädchen, rasend vor Angst, an seine Brust. „Nich weg, »ich
weg, ach bitte, bitte-"
Er löste sie sanft ab und streichelte ihr verwirrtes Haar und mur-
melte etwas. In sein Gesicht schlich ein anderer Zug; ein Spürendes,
ein Wittern. Sie wußte noch nichts von sich, da hatte er sie geküßt und
zu sich niedergezogen.
„Mädel! Mädel! Das war ein Schlag, was, das war ein Schlag
-. Bleib, bleib liegen — das war ein Schlag-." Mit wilden
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schlug den Zügel leicht nieder und lachte
nun, denn eS machte ihm aus einem un-
bewußten Grunde Luft, daß dies Treffen
so ausging. Die Tropfen versiegten auf
eine kurze Weile, und es wurde ganz
still, und die Ähren standen noch einmal
still und steil. Ein Atemholen zu mächtiger
Kraftentladung — — dann brachen die
Wolken auf zu Feuer und Master und
Donnergewalten. Durchnäßt landete
das Gefährt bei der Schnitterhütte; das
Pferd wurde mit dem Mantel bedeckt,
die Beiden schlüpften ins Halbdunkel.
Lachend, schüttelnd stand der Hauptmann
da und musterte das Mädel. Die Be-
fangenheit machte sie lieb, kleiner, armer
Vogel, was wollte sie denn? Er zog sie
hinter den Tisch auf die rohe Birkenbank
hin und tätschelte ihre Arbeitshand.
„Na, was denn, ist mit der Kleinen
was?"
Sie wurde rot: „Ne, ne, die macht
sich jut. Die Schwester hat fe noch, un
— un die behält sie vielleicht ooch, wo ihr doch der Junge tot gefallen
iS. Meim Bräutjam hätte ihr ja nicht jenommen, der will keen Kind
von-" Sie warf trotzig den Kopf zurück und ließ ihm den Rest
zum Denken.
Eine Weile rollte und fchütterte der Holzbau im Gefüge; Waffer-
masten prasselten aufs Teerdach und klatschten vom Rande; die Dunkel-
heit war blau durchflammt, von Erregung durchbebt.
Der Gutsherr klemmte peinlich die Lippen und starrte die Lichtöff-
nung an. Volk! Es faß voll Heimtücke, immer und überall! Er war
doch nett zu den Leuten, zu allen — zu ihm konnten sie doch kommen und
offen fein! Mein Gott, daß solch Mädel ein Kind von ihm hatte, war
doch gang und gäbe und kein Trauerspiel mit immer neuen Aufzügen.
Küsten hielt er sie am Boden und wehr-
los war sie, willenberaubt, ein betäubtes
Hühnchen-.
Am späten Abend wurde der Weg aus
der Hütte frei. Während Berta ihr Haar
neu einflocht, war der Mann hinauöge
gangen und hatte die Einschlagstelle ge-
sunden: Hart am Rübenacker ein tiefes
Erdloch, in das jetzt, stiller, dieSchlamm-
bäche des Feldwegs hinabschwemmten.
Fünfzig Schritt vom Tod war das heiße-
ste, brennendste Leben aus diesem selben
Erdreich ausgebrochen und hatte zwei
Seelen, fern und schon feindlich, für
eine Spanne Zeit noch einmal zusammen-
geschmolzen. -Der Mensch — so war
der Mensch und sein Wille. So entwuchs
es der Brust, das Ungewollte, von Ele-
menten wurde es hineingeschleudert —.
Er war nachdenklich geworden und fühlte
eine sanfte Traurigkeit in sich.
Was hatte sie nur gewollt, das Mädel!
- — Noch hatte sie kein Wort wieder-
gesprochen und hatte nur so hundsjäm-
merlich geheult.-Er trat zurück in die Hütte, nahm sie an sich —
und zog sie freundlich bestimmt auf die Bank hin.
„Na also, jetzt redest du, Berta, und dann gehen wir brav aus-
einander, und du nimmst deinen Schatz und denkst nicht mehr an mich,
höchstens mal bei 'nem Gewitter-"->
Er lachte leise und hielt ihr Gesicht fest, bis sie ihm in die Augen sah.
Die Tränen hatten Spuren darin gelassen, doch nun lächelte auch sie...
„Es ist um die Schankerlaubnis für uns, Herr Hauptmann, 'ne
Jastwirtschaft will er aufmachen an de Straße nach Ruckow, wo doch
de Auöflüje immer lang kommen. Das wär en Jefchäft vor ihm. Das
Haus von Lemkes is zu haben. Und Se möchten doch so jut sein und
uns jestalten-"
Eine mächtige Erleichterung kam über ihn:
„Das ist die große Sache? Ja, allerdings —Er besann sich. —
„Da hat doch schon Kindler einen Schank, das wird mir ein bißchen viel
für unseren kleinen Ort. Aber Dir tu ich nicht nein sagen, natürlich. Er
soll sie haben; mit dem Amtmann rede ich schon. Na also —."
Vergnügt klopfte er seinen Brustkasten und reckte sich.
„Hast du ihn denn lieb, Deinen Schatz, Berta?"
Das Mädchen sah nieder und würgte was undeutliches und scharrte
mit dem Fuß in der Spreu. Legte dann den Kopf aus den Tisch, in die
Arme hinein und schluchzte heraus:
„Hab ihn doch so ferne — und nu?"
„Nun? Na, Berta, wir vergessen Beide, und er wird nichts wissen.
Komm jetzt, das Tier verkühlt mir zu sehr!"
„Und nu?" stöhnte sie wieder und schüttelte den Kops dabei.
„Nun? Nun ist das Leben genau so wie vorher, gut und schön. Waren
Sie schrie plötzlich auf und krallte sich an seinen Rockärmel an. Blitz
und Schlag schleuderten sie zusammen und warfen sie von der Bank ins
Heu des Bodens. Dort lagen sie halbbetäubt unter einem gewaltigen
Krachen, aneinandergehängt, atemlos. Der Mann raffte sich zuerst;
„Himmel! Daß wir heil sind, reines Wunder, — das muß hier nahe in
die Erde gegangen sein-." Er wollte hastig wieder aus, doch da hing
sich das Mädchen, rasend vor Angst, an seine Brust. „Nich weg, »ich
weg, ach bitte, bitte-"
Er löste sie sanft ab und streichelte ihr verwirrtes Haar und mur-
melte etwas. In sein Gesicht schlich ein anderer Zug; ein Spürendes,
ein Wittern. Sie wußte noch nichts von sich, da hatte er sie geküßt und
zu sich niedergezogen.
„Mädel! Mädel! Das war ein Schlag, was, das war ein Schlag
-. Bleib, bleib liegen — das war ein Schlag-." Mit wilden
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