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Die große Angst

Als unsre Mütter junge Mädels waren,

Da predigte man ihnen ungestüm:

„ES ist der Mann die schlimmste der
Gefahren,

£> reize nie dies schnöde Ungetüm!

Von Teufelstrieben sind sie all besesien,

Ob alt, ob jung, ob grad, ob krumm die
Herrn,

Und können sie wo eine Tugend freffen,

So tun es diese Scheusals mehr wie gern!"

So sagte Großmama gestreng und bieder,
Und sanft errötend folgte die Mama:

Sie schlug verschämt die hübschen Augen
nieder,

Sooft sie einen Herrn der Schöpfung sah.

Sie bebte, ging ihr einmal auf ein Löckchen,
Und wenn sie setzte sich, zu müd vom Stehn,

Sehnsucht

Benno gönnt mir
gelegentlich Einblicke
in sein Innenleben.

,Jch bin immer un-
befriedigt", jammert
er. „Bei der Emmy
denke ich an die Grete,
bei der Grete sehne ich
mich nach Lilichen .."

„Es ist eine Seh-
nen-Verrenkung," be-
merke ich.

„ .. bei der Lili ver-
schmachte ich nach Ma-
ria, bei Maria .."

„Du bist eben ein
Donkschuank", sage ick.

„Für dich gibt es nur
eine Rettung: die

Flora Wasierkopf! Die
ist so irrwitzig mieß,
daß du dich an ihrer
Seite nach all deinen
Freundinnen gleichzei-
tig sehen kannst!"

H. Rewalv

*

Reichsmietengesetz

Schweres Geständnis

Ich will es gestehen, ich armes Tier,

Damit ich Verzeihung gewinn':

Ich trag keine Hornbrille — wehe mir! —,
Obwohl ich kurzsichtig bin!

Ich mag sie nicht tragen, ich wüster Lurch,
Obwobl ich doch schließlich „vom Bau",
Obwohl ich, ein schändlicher Ketzer, dadurch
Das ganze Schwabing versau!

Ha, wenn ich sie trüge, wie wirkte ich dann!
Dann Ehrfurcht mich raunend umquillt:
„Da kommt eine Blüte des Geistes an,
Sonst wär' er nicht hornig bebrillt!"

Ich wüchs' vor mir selber gleich tausendfach,
Den Bauch von Erhabenheit voll,

Das Malweib fühlte sich schwächer als
schwach

Und bauchte verklärt: „Ein Apoll!"

Ich weiß es: ich bin und bleibe ein Schwein,
Ich trag einen Zwicker nur schlicht,

e. Henke Verschmäh' de» mo-
dernen Heiligenschein,
Er kommt auf die
Gurke mir nicht!

Ich geh meinen stillen,
vergnüglichen Trott
Als hornbrillenloscs
Gestell —

Am Ende bin ich,
Ogottogott,

Nicht „intellektuell?"

Karlch e»

*

Verhört

— „Menschenkind, wat
sagste denn dazu? Jetzt
iS ja der Herrjot in
Frankreich sojar Mini-
sterpräsident jeworden."

* F.a.B.

Hauswirt: „So eine
Gemeinheit, jetzt schickt
mir der Zahnarzt mei-
ner Frau eine Rech-
nung über 200 Mark.
Wo soll ich bloS das
Geld hernehmen?"

Verwalter:„Schrei-
ben Sie's doch einfach
auf das Konto Schön-
heitsreparaturen, und
legen Sie's auf die
Mieter um." F.a.B.

Der

„königliche" Sport

Ein Komiker er-
klärt, daß er alle seine
Couplets beim Golf-
spielen dichte. Das ist
wirkliche Vielseitigkeit.
Viele Golfspieler kön-
nen nicht einmal Gols-
spielen. „L. O."

*

DerunschuldigeTeil

Dünkelhafter Künst-
ler: „Ja, ich bin mit
meiner Kunst verhei-
ratet."

Freund: „Nun, ich
hoffe, Du läßt Dich nie-
mals scheiden — sic
könnten Dir sonst die
Bilder zusprechen."

„L. ©."

Gleich zupfte sie erschreckt zurecht das
Röckchen

Aus lauter Angst, man könnte etwas sehn!

Da ist die Maid von heute zu beneiden,

Die schwänzelt ftöckclschubig durch die Stadt,
Und wenn sich fremde Augen an ihr weiden,
So lächelt sie voll Stolz: „Wer hat,
der hat!"

Kurz sind die Röcke, ärmelfrei die Blusen,
Verrätrisch glänzt des Seidenftrumpfes
Duft,

Der mehr und minder sehenswerte Busen
Schnappt selbst bei kühlem Weiler eifrig
Luft.

Und dennoch plagt geheime Furcht die Kleine:
Denn setzt sie sich, voll Schwung und
Temprament,

Schwupp! schlägt sie übernander ihre Beine
Aus lauter Angst, daß man nichts sehen
könnt'! Karlchcn

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Register
Karlchen: Die große Angst
[nicht signierter Beitrag]: Der unschuldige Teil
[nicht signierter Beitrag]: Der königliche Sport
F. a. B.: Verhört
Karlchen: Schweres Geständnis
Hans Rewald: Sehnsucht
Eugen Henke: Lausige Zeiten
F. a. B.: Reichsmietengesetz
 
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