DOI Heft:
Nr. 23 (26. Juli)
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.3893#0105
Pazifist Sollet
Nun wissen wir's genau!
Der „Vorwärts", kühn und schlau,
Hat'e festgestellt zur rechten Frist:
Nollet ist nichts wie Pazifist!
Er ist, zum Heil der Welt,
Ganz friedlich eingestellt
Und rüstet deshalb nicht zu knapp
Natürlich gleich in Frankreich ab.
Er pfeift auf Wehr und Heer,
Mag keine Kriege mehr
Und trank darauf höchst tugendhaft
Mit Marx und Förster Brüderschaft.
Er ist, das sieht ein Kind,
UnS Deutschen wohlgesinnt,
Dieweil er auS GewissenSpflicht
Für wahre Weltversöhnung ficht.
Drum, guter „Vorwärts", Dank
Für deinen FriedenS„fchwank"!
Viel Freude hat er mir gemacht,
Nollet hat sich — — halbtot gelacht!!
Kitt
Lieber allen Archiven — ift Ruh'
Was nutzt der beste Mantel mir,
Wofern er nicht gerollt ist,
Was nutzt mir Geld, das aus Papier,
Dagegen nicht aus Gold ist,
Was nutzt ein Garten, lang und breit,
Wenn andre drin spazieren,
Was nutzt mir selbst die schönste Maid,
Wenn andre sie poussieren?
Was nutzt mir SchnapS und Corned beef,
Das ich nicht selbst genossen? — —
WaS nutzt, spricht Herriot, ein Archiv,
DaS nicht ganz fest verschlossen?
Die Frage ist ja längst geklärt,
Wer schuld an diesem Kriege,
Die Akten sind verstaubt, verjährt,
Drum wär' eS gut, man schwiege!
O rühret, rühret nicht daran!
Hat Geibel schon gepredigt,
Und was man nicht beweisen kann,
DaS ist für mich erledigt.
Was nützt es schließlich auch der Welt,
Die Eintracht braucht und Frieden,
Wenn sie po8l festum Einblick hält
In Dinge, die entschieden?
Drum, bis eS wieder aufgebaut,
Vergönnt Europa Ruhe,
Und laßt die Akten wohl verstaut
Vermodern in der Truhe!
Doch, wollt Ihr etwas öffnen, nun
So öffnet Eure Klappe,
Und laßt den Schwindel niemals ruh'n:
Der schuld'ge Boche berappe!
Kitt
Fritz Reuter
1- 12. VII. 1874
Selig die Humorbegnadeten, — sie,
Denen ein Gott das heilige Lachen lieh!
Leichter werden, wie von Flügeln erfaßt,
Ihnen Erdenschwere und Lebenslast, —
Steine, vom Schicksal über den Weg gerollt,
Wandeln sich unter solchen Sohlen zu Gold, —
Selbst die Tränen, in denen gelöst ein Leid,
Übergoldet ihr Glanz zu schillerndem
Perlgeschmeid,
Und der Schimmer, der so ihr Sein erhellt,
Säumt auch unfern Augen das Bild der Welt,
Wenn uns ihre Hände, die troftbereiten,
Durch ihr wolkenloseres Land geleiten!
Von den Fackelträgern der Freude der,
Den ich liebe und liebte wie keinen mehr,
Ruht ein halbes Jahrhundert nun im Grab.
Aber der Weihe und Wärme, die er den
Dingen gab,
Raubte sogar das Dunkel der Ferne nichts
Vom Gestirneschein unsterblichen Lichts.
Dem aebässiqen Heute, das uns rings umroht,
Täte so heilsamer Helfer aufs neue not!
Aus erlittenem Unrecht, Kämpfer- und
Kerkerqual,
Aus verlorener Jugend, zertretenem Ideal,
Aus der eignen Seele kranker Zerrissenheit
Und dem Leiden einer ringenden Zeit.
Formte wieder Menschen sein promethischer
Haucb,
HeitereHerzen und verzeibcnde Munde,
Schon umzuckt von Lächeln, zuckten sie auch
noch vom Weh der Wunde...
Haßausreuter, Unkrautreuter im Grab,
Schau aus deinem Himmel zur Erde berab:
Einer legt hier, dem die Götter vielleicht
Auch ein Fünkchen deines Feuers gereicht,
An die Schwelle dir deines Todestors
Die zerfetzte Fahne seines Humors.
A. De Nora
Papierrose
In den „Hamburger Nachrichten" vom
23. Juni ist zu lesen: „StadtratSwablen in
Wandsbek. Die Wahl von seckis unbesoldeten
Siatträlen, welcbe Sonntag stattfand, hatte
folgendes Ergebnis:
Kaufmann Jul. Köpke (Bürgerb.) 2612 St.
FabrikantBrunoFücber(Bürge b.) 2630 „
Oberpostsckretär i. Ruhestand Wil-
F Helm Ratb (Bürqerb.) 2288 „
Stadtverordn. R. Ncugebauer
(Soz.) 1610 „
Stadtverordn. Kertscker (Soz.) 1594 „
Arbeiter Zimmermann (Komm.) 683 „
Die Wahlbeteiligung war im Verhältnis
zur Gemcindewahl vom 4. Mai nur gering.
Die vorstehend aufgeführten Personen sind
hiermit auf sechs Jahre zu unbesoldeten
Stadträten gewählt worden,
so daß die übliche Luftvcrpestung wohl bald
wieder einsetzen dürfte."
Der Schlußsatz läßt an Deutlichkeit jeden-
falls nichts zu wünschen übrig.
Ausverkauf
Es türmt die Ware sich zu Häuf,
Wie nach der Ernt' die Garben.
Drum blüht das Blümchen „Ausverkauf"
In allen bunten Farben.
Und ruft: Heran! Beglücke mich,
Sonst frißt sie mich, die Krise.
Den Markschein zück' und pflücke mich
Von deutscher Dalleö-Wiese!
Herr Michel steht am WegeSrand
Und findet alles billig.
Steckt in den Hosensack die Hand,
Zu schnellem Kaufe willig.
Doch holt er bald sie wieder rauf
Und spricht verschämt und innig:
„Wo nir iS, hat auch „Ausverkauf"
Kein Recht nich und kein' Sinn nich!"
Ri-Ri
Aus dem Leben großer Männer
Wie aus Berlin telegraphiert wird,
hat dort ein Straßenbahnschaffner dem Pro-
fessor Albert Einstein, dem Erfinder der
Relativität, der beim Bezahlen eine 5O- mit
einer IOO Milliarden-Note verwechselt hatte,
die Bemerkung zugerufen: „Kopfrechnen
schwach!"
Die Geschichte ist also ganz neu, erinnert
aber trotzdem an ähnliche Erlebnisse hervor-
ragender Persönlichkeiten, wovon hier nur
einige wenige Beispiele erwähnt seien.
Als Goethe in einem Nichtraucherabteil
eines Weimarer VorortSzugeS versehentlich
seine lange Pfeife anzündcn wollte, deutete
der hcrbcieilende Kondukteur vorwurfsvoll
auf das Rauchverbot und herrschte den er-
schrockenen Dichterfürsten mit den Worten
an: „Lesen sollte der Mensch wenigstens ge-
lernt haben!"
Als Beethoven im Wiener Prater einen
Bettler unbeachtet ließ, dessen kleines
Straßengrammophon eben die „Bananen"
spielte, brummte ihm der Beleidigte ärger-
lich nach: „Wieder aancr, wo ka Herz für
d' Musik hat!"
Als der deutsche Reichstagspräsident mit
seinem Fahrrad einen Passanten streifte, der
ihm unvermutet in den Weg gelaufen war,
schrie ibm dieser aufgeregt zu: „Nanu! Kön-
nen Sic nicht klingeln??"
Als sich ein bekannter Berliner Presse-
korrespondent bei einem Gastwirt darüber
beschwerte, daß die Beilage zum Brate»
etwas faul schmecke, entgegncte ihm dieser
mitleidig: „Männeken, wat vastehn S i e
von ner richtjen sauren Jurke?" I. A. Sowas
AII fsa tz b l ü t e
Tbcma: Die persönlichen Beziehungen
zwischen Goethe und Schiller.
„... Auch Schiller ging nie aus dem
Hause Goethes weg, ohne etwas Wertvolles
mit sich zu nehmen."
602
Nun wissen wir's genau!
Der „Vorwärts", kühn und schlau,
Hat'e festgestellt zur rechten Frist:
Nollet ist nichts wie Pazifist!
Er ist, zum Heil der Welt,
Ganz friedlich eingestellt
Und rüstet deshalb nicht zu knapp
Natürlich gleich in Frankreich ab.
Er pfeift auf Wehr und Heer,
Mag keine Kriege mehr
Und trank darauf höchst tugendhaft
Mit Marx und Förster Brüderschaft.
Er ist, das sieht ein Kind,
UnS Deutschen wohlgesinnt,
Dieweil er auS GewissenSpflicht
Für wahre Weltversöhnung ficht.
Drum, guter „Vorwärts", Dank
Für deinen FriedenS„fchwank"!
Viel Freude hat er mir gemacht,
Nollet hat sich — — halbtot gelacht!!
Kitt
Lieber allen Archiven — ift Ruh'
Was nutzt der beste Mantel mir,
Wofern er nicht gerollt ist,
Was nutzt mir Geld, das aus Papier,
Dagegen nicht aus Gold ist,
Was nutzt ein Garten, lang und breit,
Wenn andre drin spazieren,
Was nutzt mir selbst die schönste Maid,
Wenn andre sie poussieren?
Was nutzt mir SchnapS und Corned beef,
Das ich nicht selbst genossen? — —
WaS nutzt, spricht Herriot, ein Archiv,
DaS nicht ganz fest verschlossen?
Die Frage ist ja längst geklärt,
Wer schuld an diesem Kriege,
Die Akten sind verstaubt, verjährt,
Drum wär' eS gut, man schwiege!
O rühret, rühret nicht daran!
Hat Geibel schon gepredigt,
Und was man nicht beweisen kann,
DaS ist für mich erledigt.
Was nützt es schließlich auch der Welt,
Die Eintracht braucht und Frieden,
Wenn sie po8l festum Einblick hält
In Dinge, die entschieden?
Drum, bis eS wieder aufgebaut,
Vergönnt Europa Ruhe,
Und laßt die Akten wohl verstaut
Vermodern in der Truhe!
Doch, wollt Ihr etwas öffnen, nun
So öffnet Eure Klappe,
Und laßt den Schwindel niemals ruh'n:
Der schuld'ge Boche berappe!
Kitt
Fritz Reuter
1- 12. VII. 1874
Selig die Humorbegnadeten, — sie,
Denen ein Gott das heilige Lachen lieh!
Leichter werden, wie von Flügeln erfaßt,
Ihnen Erdenschwere und Lebenslast, —
Steine, vom Schicksal über den Weg gerollt,
Wandeln sich unter solchen Sohlen zu Gold, —
Selbst die Tränen, in denen gelöst ein Leid,
Übergoldet ihr Glanz zu schillerndem
Perlgeschmeid,
Und der Schimmer, der so ihr Sein erhellt,
Säumt auch unfern Augen das Bild der Welt,
Wenn uns ihre Hände, die troftbereiten,
Durch ihr wolkenloseres Land geleiten!
Von den Fackelträgern der Freude der,
Den ich liebe und liebte wie keinen mehr,
Ruht ein halbes Jahrhundert nun im Grab.
Aber der Weihe und Wärme, die er den
Dingen gab,
Raubte sogar das Dunkel der Ferne nichts
Vom Gestirneschein unsterblichen Lichts.
Dem aebässiqen Heute, das uns rings umroht,
Täte so heilsamer Helfer aufs neue not!
Aus erlittenem Unrecht, Kämpfer- und
Kerkerqual,
Aus verlorener Jugend, zertretenem Ideal,
Aus der eignen Seele kranker Zerrissenheit
Und dem Leiden einer ringenden Zeit.
Formte wieder Menschen sein promethischer
Haucb,
HeitereHerzen und verzeibcnde Munde,
Schon umzuckt von Lächeln, zuckten sie auch
noch vom Weh der Wunde...
Haßausreuter, Unkrautreuter im Grab,
Schau aus deinem Himmel zur Erde berab:
Einer legt hier, dem die Götter vielleicht
Auch ein Fünkchen deines Feuers gereicht,
An die Schwelle dir deines Todestors
Die zerfetzte Fahne seines Humors.
A. De Nora
Papierrose
In den „Hamburger Nachrichten" vom
23. Juni ist zu lesen: „StadtratSwablen in
Wandsbek. Die Wahl von seckis unbesoldeten
Siatträlen, welcbe Sonntag stattfand, hatte
folgendes Ergebnis:
Kaufmann Jul. Köpke (Bürgerb.) 2612 St.
FabrikantBrunoFücber(Bürge b.) 2630 „
Oberpostsckretär i. Ruhestand Wil-
F Helm Ratb (Bürqerb.) 2288 „
Stadtverordn. R. Ncugebauer
(Soz.) 1610 „
Stadtverordn. Kertscker (Soz.) 1594 „
Arbeiter Zimmermann (Komm.) 683 „
Die Wahlbeteiligung war im Verhältnis
zur Gemcindewahl vom 4. Mai nur gering.
Die vorstehend aufgeführten Personen sind
hiermit auf sechs Jahre zu unbesoldeten
Stadträten gewählt worden,
so daß die übliche Luftvcrpestung wohl bald
wieder einsetzen dürfte."
Der Schlußsatz läßt an Deutlichkeit jeden-
falls nichts zu wünschen übrig.
Ausverkauf
Es türmt die Ware sich zu Häuf,
Wie nach der Ernt' die Garben.
Drum blüht das Blümchen „Ausverkauf"
In allen bunten Farben.
Und ruft: Heran! Beglücke mich,
Sonst frißt sie mich, die Krise.
Den Markschein zück' und pflücke mich
Von deutscher Dalleö-Wiese!
Herr Michel steht am WegeSrand
Und findet alles billig.
Steckt in den Hosensack die Hand,
Zu schnellem Kaufe willig.
Doch holt er bald sie wieder rauf
Und spricht verschämt und innig:
„Wo nir iS, hat auch „Ausverkauf"
Kein Recht nich und kein' Sinn nich!"
Ri-Ri
Aus dem Leben großer Männer
Wie aus Berlin telegraphiert wird,
hat dort ein Straßenbahnschaffner dem Pro-
fessor Albert Einstein, dem Erfinder der
Relativität, der beim Bezahlen eine 5O- mit
einer IOO Milliarden-Note verwechselt hatte,
die Bemerkung zugerufen: „Kopfrechnen
schwach!"
Die Geschichte ist also ganz neu, erinnert
aber trotzdem an ähnliche Erlebnisse hervor-
ragender Persönlichkeiten, wovon hier nur
einige wenige Beispiele erwähnt seien.
Als Goethe in einem Nichtraucherabteil
eines Weimarer VorortSzugeS versehentlich
seine lange Pfeife anzündcn wollte, deutete
der hcrbcieilende Kondukteur vorwurfsvoll
auf das Rauchverbot und herrschte den er-
schrockenen Dichterfürsten mit den Worten
an: „Lesen sollte der Mensch wenigstens ge-
lernt haben!"
Als Beethoven im Wiener Prater einen
Bettler unbeachtet ließ, dessen kleines
Straßengrammophon eben die „Bananen"
spielte, brummte ihm der Beleidigte ärger-
lich nach: „Wieder aancr, wo ka Herz für
d' Musik hat!"
Als der deutsche Reichstagspräsident mit
seinem Fahrrad einen Passanten streifte, der
ihm unvermutet in den Weg gelaufen war,
schrie ibm dieser aufgeregt zu: „Nanu! Kön-
nen Sic nicht klingeln??"
Als sich ein bekannter Berliner Presse-
korrespondent bei einem Gastwirt darüber
beschwerte, daß die Beilage zum Brate»
etwas faul schmecke, entgegncte ihm dieser
mitleidig: „Männeken, wat vastehn S i e
von ner richtjen sauren Jurke?" I. A. Sowas
AII fsa tz b l ü t e
Tbcma: Die persönlichen Beziehungen
zwischen Goethe und Schiller.
„... Auch Schiller ging nie aus dem
Hause Goethes weg, ohne etwas Wertvolles
mit sich zu nehmen."
602