hat, wird nach Kalifornien gefunkt, dort sucht man Kräfte, um die
Bananenernte heimzubringen. Welche Verbilligung übrigens allen
Transporte! In Paris werden zwei Tonnen Morphium gewün'cht,
die in Sydney lagern? Bitte, schon kommen sie an, Tranöradiopan
läßt sie soeben mit leisem Knistern in der nie Frochot erstehen.
Oder eS funkt sich der Liebhaber rasch mal in Sydney vorbei, um
seinen Vorrat persönlich zu ergänzen. Wer Hunger hat, erscheint
für fünf Minuten in den fruchtbaren Gefilden Ägyptens und pflückt
sich eine Handvoll Datteln. Dort steht der Lappe neben dem Fran-
zosen, der Deutsche neben dem Feuerländer. Welche Verbrüderung
der Welt, keine nationalen Gegensätze mehr!
Hier allerdings, gerade anläßlich der Verbrüderung ist eines klei-
nen Mißftands zu gedenken, der sich gewißlich noch beheben lassen
wird und eine lästige Folge darftellt der gewitterigen Störungen.
Bei gewitterigen Störungen empfiehlt sichs nicht, zu funken, man ist
dabei mißliebigen Zufällen auSgefetzt, Verwechslungen sozusagen, die
doch recht peinlich wirken. Mag mein eigener Fall als Beispiel und
Mahnung dienen: Als ich mich vor vier Wochen vermittelst meines
TransradiopanS zu einer Teeftunde nach Philadelphia funkte, achtete
ich leider eines kleinen Gewitters nicht, das über dem Ozean lag.
Beim Passieren dieser Stelle nun müssen meine Moleküle mit denen
eines Schusters in Berührung gekommen sein, der offenbar zur selben
Zeit unterwegs war, von woher und wohin, weiß ich natürlich nicht.
Kurz, als ich in Philadelphia meine Braut begrüßte und — wie ich
immer pflege — dabei mit meinen beiden Händen ihr kleines Händ-
chen umschloß, fiel eS uns auf: Meine linke Hand, oder richtiger,
die Hand, die an meinem linken Arm faß, war nicht meine Hand,
gehörte nicht mir, es war (und leider — ist) ersichtlich eine Schuster-
hand, eine behornte, verschmutzte Klaue, nahezu doppelt so groß, wie
meine eigene. Mein Verdruß war, wie sich erwarten läßt, ziemlich
groß, als ich diese Hand an mir sah, die nur ungeschickt den Teelöffel
ergreift, die nicht zu mir paßt und nicht mir gehört. Aber eS ließ
sich bisher nichts dagegen machen; alle Versuche, den Schuster auf-
zufinden und wieder zu meinem eigenen Körperteil zu gelangen, sind
zunächst gescheitert. Kunststück, der Bursche wird sich freuen, seine
schmierige Pratze auf eine so billige Weise losgeworden zu sein! Das
scheint mit ein Nachteil des Tranöradiopan, der in Zukunft ver-
mieden werden muß; denn diese Art von Verbrüderung, Verschmel-
zung sogar! geht zu weit. Jetzt, während ich schreibe, ruht diese
Schufterpranke, die ich mühselig durch wochenlanges Waschen etwas
gesäubert habe, auf dem Blatt Papier, das vor mir liegt, und hält
es mit ungelenker Kraft fest. So oft mein Auge auf sie fällt, ver-
drießt sie mich — im übrigen aber: Ich bin ein Mann der Zukunft
und will sogar leiden um des Fortschritts willen! Es lebe der Funk!
Eine Erinnerung an Ludwig Th oma
Erzählt vom HanSgirgl in Etzenhausen
Als ich im Gasthof zu Etzenhausen mein
Abendbrot verzehrte, hörte ich am Nebentisch
den kleinen struppigen Hausknecht HanSgirgl
Folgendes erzählen:
Ja den Thoma, den hob i seinerzeit in Dachau
drin aa kenn« glernt; und zwar sitz i do beim
Unterbräu und trink mei Bier und rauch mei
Ziehgarn, da kimt auf oamoi oana rei, so a gross«
stämmig« Mo, mit am freundlinga Gsicht und
hockt si glei zu mir an Tisch her. Mir redn also
über alles Mögliche, und er Hot bald alles
g'wißt, woS i gwußt hob; weil i do koan Bahn-
hof net kenn, i steig ei, wo da Zug halt, und
weil i koane Geheimnisse net hob vor koan
Menschen net. I hob nacha den freundlinga
Herrn no öfter g'segn beim Wirt und a so auf
der Straßen, und mir ham uns allawei guat
unterhalt'«; er hat st für alles interessiert, und
i hob gern mit eam dischkriert. Jetzt hoaßtö
auf oamoi in Dachau, daß a Roman g'fchriebn
iS worn, der wo in Dachau spuit, und daß alles
drin vorkimt, wos ma si no grad denk« ko,
und i bin a drin vorkemma in denselln Roman,
i glab, Wittiba Hot a g'hoaßen. No, denk i mir,
den Mo kenn i scho, von dem der Roman iS;
der Herr Thoma is mir gar nimmer unbekannt,
denk i mir, und wart du Lump, di werd i scho
no amoi drokriagn, wennS d'mi du glei in dein
Roman cinibringa muaßt! — Es dauert a gar
net lang', da hör i in Dachau, daß dersell Herr
Thoma d'Gmoajagt pacht't hot; und daß a
seine Rappn(—Raben)amMooS drunt vogebn
(--^vergiftet) hot. Aba die Gmoasäu ham die
dodn Rappn g'fressn, und die ganzn Säu san
verreckt, und olle hot a's zohln müssten, der
ganz der g'scheid Herr Thoma. — Und i kim
R. Frank
„Wissen Sie schon, daß Fräulein Nelly in
die Sommerfrische gereift ist?"
„Hm, Sommerfrische, mit oder ohne Gänse-
füßchen ?"
wieda nei zum Unterbräu und siech'n a scho
sitzen mit seiner Pfeifen und seiner Maß Bier.
Wart, denk i mir, du kimmft mir grob recht
und hock mi a glei zuawi zu eam.
„NoHanSgirgl," sogt a, „woaßt nix Neus?"
Jo, sog i, freili woaß i wos NcuS; a feine
G'schicht woaß i, sag i und schaug'n a so o, a
ganz a feine G'schicht von am neuen Jagdpäch-
ter, a g'wissa Herr Thoma is's, und a g'scheida
Mo solls sein; aber so g'scheid wiar a is, so iS
er halt do a a dummer Deisi. Der hot nämli
die Rappn auf seiner Jagd vergift, und guat
hot er's vergift; allsamm san'S hiworn, olle
san'S verreckt, — aba, sog i und schaug'n o, aba
da Gmoaschäffer Hot seine Säu do nauö trieb«,
und de Säu ham de todn Rappn g'fressn und
san olle verreckt und olle Hot er's zahlen müassn,
der ganz der g'scheid Herr Thoma! Guat hot
er's g'wißt, wia ma de Rappn vergift, aba —
d'Säu a! Und allaweil wieda hob i's eam hin-
griebn; der Hot g'schaugt, wiar i allaweil wieda
o'gfanga hob: Guat Hot er's vcrgsst, seine
Rappn, — aba d'Säu a! — Aba d'Säu a! —
Schließli Hot er aba g'lacht und sogt: „So,
setz g'langtö aba, du Bazi, sonst konnft dir
dei Bier selber zahln!" „No ja, sag t, nix für
unguat, aba i moan bloß, wenn setz i do aa glei
an Roman schrcibn tat, ha!?" „Na schreibst'»
halt!" Hot er do g'sagt und g'lacht Hot a, daß
der Tisch g'wackelt Hot. Aba i hob liaba mei
Bier trunka und hob mei Ziehgarn g'raucht,
und d'Roman loß i de andern Leut schreib».
So weit erzählte der HanSgirgl, und ich
denke, er wird es dem Chronisten nicht übel-
nehmen, daß er hiermit seine Erinnerung der
Mitwelt überliefert. Rrrr.
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Bananenernte heimzubringen. Welche Verbilligung übrigens allen
Transporte! In Paris werden zwei Tonnen Morphium gewün'cht,
die in Sydney lagern? Bitte, schon kommen sie an, Tranöradiopan
läßt sie soeben mit leisem Knistern in der nie Frochot erstehen.
Oder eS funkt sich der Liebhaber rasch mal in Sydney vorbei, um
seinen Vorrat persönlich zu ergänzen. Wer Hunger hat, erscheint
für fünf Minuten in den fruchtbaren Gefilden Ägyptens und pflückt
sich eine Handvoll Datteln. Dort steht der Lappe neben dem Fran-
zosen, der Deutsche neben dem Feuerländer. Welche Verbrüderung
der Welt, keine nationalen Gegensätze mehr!
Hier allerdings, gerade anläßlich der Verbrüderung ist eines klei-
nen Mißftands zu gedenken, der sich gewißlich noch beheben lassen
wird und eine lästige Folge darftellt der gewitterigen Störungen.
Bei gewitterigen Störungen empfiehlt sichs nicht, zu funken, man ist
dabei mißliebigen Zufällen auSgefetzt, Verwechslungen sozusagen, die
doch recht peinlich wirken. Mag mein eigener Fall als Beispiel und
Mahnung dienen: Als ich mich vor vier Wochen vermittelst meines
TransradiopanS zu einer Teeftunde nach Philadelphia funkte, achtete
ich leider eines kleinen Gewitters nicht, das über dem Ozean lag.
Beim Passieren dieser Stelle nun müssen meine Moleküle mit denen
eines Schusters in Berührung gekommen sein, der offenbar zur selben
Zeit unterwegs war, von woher und wohin, weiß ich natürlich nicht.
Kurz, als ich in Philadelphia meine Braut begrüßte und — wie ich
immer pflege — dabei mit meinen beiden Händen ihr kleines Händ-
chen umschloß, fiel eS uns auf: Meine linke Hand, oder richtiger,
die Hand, die an meinem linken Arm faß, war nicht meine Hand,
gehörte nicht mir, es war (und leider — ist) ersichtlich eine Schuster-
hand, eine behornte, verschmutzte Klaue, nahezu doppelt so groß, wie
meine eigene. Mein Verdruß war, wie sich erwarten läßt, ziemlich
groß, als ich diese Hand an mir sah, die nur ungeschickt den Teelöffel
ergreift, die nicht zu mir paßt und nicht mir gehört. Aber eS ließ
sich bisher nichts dagegen machen; alle Versuche, den Schuster auf-
zufinden und wieder zu meinem eigenen Körperteil zu gelangen, sind
zunächst gescheitert. Kunststück, der Bursche wird sich freuen, seine
schmierige Pratze auf eine so billige Weise losgeworden zu sein! Das
scheint mit ein Nachteil des Tranöradiopan, der in Zukunft ver-
mieden werden muß; denn diese Art von Verbrüderung, Verschmel-
zung sogar! geht zu weit. Jetzt, während ich schreibe, ruht diese
Schufterpranke, die ich mühselig durch wochenlanges Waschen etwas
gesäubert habe, auf dem Blatt Papier, das vor mir liegt, und hält
es mit ungelenker Kraft fest. So oft mein Auge auf sie fällt, ver-
drießt sie mich — im übrigen aber: Ich bin ein Mann der Zukunft
und will sogar leiden um des Fortschritts willen! Es lebe der Funk!
Eine Erinnerung an Ludwig Th oma
Erzählt vom HanSgirgl in Etzenhausen
Als ich im Gasthof zu Etzenhausen mein
Abendbrot verzehrte, hörte ich am Nebentisch
den kleinen struppigen Hausknecht HanSgirgl
Folgendes erzählen:
Ja den Thoma, den hob i seinerzeit in Dachau
drin aa kenn« glernt; und zwar sitz i do beim
Unterbräu und trink mei Bier und rauch mei
Ziehgarn, da kimt auf oamoi oana rei, so a gross«
stämmig« Mo, mit am freundlinga Gsicht und
hockt si glei zu mir an Tisch her. Mir redn also
über alles Mögliche, und er Hot bald alles
g'wißt, woS i gwußt hob; weil i do koan Bahn-
hof net kenn, i steig ei, wo da Zug halt, und
weil i koane Geheimnisse net hob vor koan
Menschen net. I hob nacha den freundlinga
Herrn no öfter g'segn beim Wirt und a so auf
der Straßen, und mir ham uns allawei guat
unterhalt'«; er hat st für alles interessiert, und
i hob gern mit eam dischkriert. Jetzt hoaßtö
auf oamoi in Dachau, daß a Roman g'fchriebn
iS worn, der wo in Dachau spuit, und daß alles
drin vorkimt, wos ma si no grad denk« ko,
und i bin a drin vorkemma in denselln Roman,
i glab, Wittiba Hot a g'hoaßen. No, denk i mir,
den Mo kenn i scho, von dem der Roman iS;
der Herr Thoma is mir gar nimmer unbekannt,
denk i mir, und wart du Lump, di werd i scho
no amoi drokriagn, wennS d'mi du glei in dein
Roman cinibringa muaßt! — Es dauert a gar
net lang', da hör i in Dachau, daß dersell Herr
Thoma d'Gmoajagt pacht't hot; und daß a
seine Rappn(—Raben)amMooS drunt vogebn
(--^vergiftet) hot. Aba die Gmoasäu ham die
dodn Rappn g'fressn, und die ganzn Säu san
verreckt, und olle hot a's zohln müssten, der
ganz der g'scheid Herr Thoma. — Und i kim
R. Frank
„Wissen Sie schon, daß Fräulein Nelly in
die Sommerfrische gereift ist?"
„Hm, Sommerfrische, mit oder ohne Gänse-
füßchen ?"
wieda nei zum Unterbräu und siech'n a scho
sitzen mit seiner Pfeifen und seiner Maß Bier.
Wart, denk i mir, du kimmft mir grob recht
und hock mi a glei zuawi zu eam.
„NoHanSgirgl," sogt a, „woaßt nix Neus?"
Jo, sog i, freili woaß i wos NcuS; a feine
G'schicht woaß i, sag i und schaug'n a so o, a
ganz a feine G'schicht von am neuen Jagdpäch-
ter, a g'wissa Herr Thoma is's, und a g'scheida
Mo solls sein; aber so g'scheid wiar a is, so iS
er halt do a a dummer Deisi. Der hot nämli
die Rappn auf seiner Jagd vergift, und guat
hot er's vergift; allsamm san'S hiworn, olle
san'S verreckt, — aba, sog i und schaug'n o, aba
da Gmoaschäffer Hot seine Säu do nauö trieb«,
und de Säu ham de todn Rappn g'fressn und
san olle verreckt und olle Hot er's zahlen müassn,
der ganz der g'scheid Herr Thoma! Guat hot
er's g'wißt, wia ma de Rappn vergift, aba —
d'Säu a! Und allaweil wieda hob i's eam hin-
griebn; der Hot g'schaugt, wiar i allaweil wieda
o'gfanga hob: Guat Hot er's vcrgsst, seine
Rappn, — aba d'Säu a! — Aba d'Säu a! —
Schließli Hot er aba g'lacht und sogt: „So,
setz g'langtö aba, du Bazi, sonst konnft dir
dei Bier selber zahln!" „No ja, sag t, nix für
unguat, aba i moan bloß, wenn setz i do aa glei
an Roman schrcibn tat, ha!?" „Na schreibst'»
halt!" Hot er do g'sagt und g'lacht Hot a, daß
der Tisch g'wackelt Hot. Aba i hob liaba mei
Bier trunka und hob mei Ziehgarn g'raucht,
und d'Roman loß i de andern Leut schreib».
So weit erzählte der HanSgirgl, und ich
denke, er wird es dem Chronisten nicht übel-
nehmen, daß er hiermit seine Erinnerung der
Mitwelt überliefert. Rrrr.
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