DER STEIFE HUT
EINE GROTESKE VON MAXIM SCHUBERTH
Unter der Tarnkappe der Gewöhnlichkeit litt
Dodo Kiselak unter den Menschen. Bis sein
Blick auf ein Ladenschild fiel:
Salon für Ideale.
Schellengeläute, da6 an Schlittenfahrt und
Christbaumglocken erinnerte, kündete seinen Ein-
tritt einem ernsten Mann im Gehrock.
„Womit kann ich Ihnen dienen?"
„Ich möchte ein Ideal."'
„Sehr gut, sehr gut. Unser Lager indes ist
so wohl assortiert, daß Sie einige informatorische
Fragen entschuldigen wollen. Ist Ihr Ideal viel-
leicht eine Frau?"
In Erinnerung an seine geliebte, von einem
Freund veruntreute, Joffy schüttelte Kiselak weh-
mütig den Kopf.
„Dann am Ende Ruhm?"
Die eingestampfte Restauflage seiner Gedichte
trübte Dodos Blick.
Diskret fuhr der andere weiter: „Pardon! Das
sind so die zwei begehrtesten Artikel. Aber viel-
leicht ...."
„Meinetwegen ein alter Hut," unterbrach
Dodo etwas gereizt.
„Ah, welcher Geist! Mein Herr, Sie sind der
erste, der die Möglichkeiten meines Institutes zu
würdigen weiß. Ein Hut! Welche Ausblicke!
Vielleicht wollen Sie EckenerS Mütze, die ihm
der Orkan bei der Überfahrt ins Meer fegte
oder gar etwa EbertS Zylinder, den er vor Flett-
nerS Rotor zog oder... oder..." Wie ein bal-
zender Auerhahn verzückte der Begeisterte hinter
seinem Tisch.
„Nichts davon. Einen einfachen steifen Hut,"
kühlte Kiselak mit Sachlichkeit ab.
„Gut, gut! Kein Wort gegen Sie! Sie sollen
Ihr Ideal haben! Sehnsucht nach einem steifen
Hut! Wie einfach! Wie grandios! Kaum Napo-
leon ...!" Und geschäftig nahm er aus einem
Fach ein Etui mit einem Kristall. Verordnete:
„Heute abend im Bett sehen Sie eine halbe
Stunde starr auf den Kristall und denken an
einen steifen Hut... an einen steifen Hut...
steifen Hut..."
Kiselak glaubte noch die Stimme deö Ver-
käufers zu hören, als er in seinem Bett leise
verdämmerte.
Vor einer Gloriole stand diese Nacht ein
steifer Hut am Himmel seiner Träume. Ein
steifer Hut, nach dem er sich sehnte. Rasend
sehnte. Noch nach dem Erwachen.
Und schon schien seinem Begehren Erfüllung
zu winken, als er in der Morgenzeitung ganz-
seitig gedruckt las:
„Preisrätsel
Für die Lösung untigen Silbenrätsels setzen wir
als ersten Preis einen steifen Hut aus."
Wie jeder gebildete Mitteleuropäer hatte auch
Dodo Kiselak die Hälfte seines Lebens mit der
Lösung tausender, nicht mit vollem Unrecht so
beliebter, weil so geistvoller Silbenrätsel zuge-
bracht. Kein Wunder, daß ihm die Arbeit leicht
erschien. Aber sein Blut erstarrte zu Eis. Zwei
Tage ohne Unterbrechung biß er an dem Rätsel
herum ohne nennenswerten Erfolg. Erst als er
mit dem Kopf einigemal gegen die Wand rannte,
begann eö zu tröpfeln und aus den angegebenen
Silben formte er:
1. Unluftgefühl
2. Giebelschmuck
3. Runde Summe
4. Wohnung der Geliebten
5. Wohnung deö Geliebten
6. Persönlichkeit aus Erlangen
7. Unverschämtheit
8. Teepflanze
9. Kosename
10. Dienstmädchen bei Professor Einstein
11. Gefährliche Flüssigkeit
12. Winnetous Mutter
13. Hochburg der Künstler
14. Goldenes Geschenk
13. Schlechtes Geschäft
16. Heftige Zuneigung
17. Ruf des Uhus
18. Sich schnell verflüchtende Materie
19. Dankbarer Aussichtspunkt
20. Buch mit scharf zugespitztem Inhalt
21. Unbekannte Geliebte Goethes
22. Sehnsucht des Untermieters
23. Schwarm des Imkers
Zahnschmerzes
AntennE
IlunderT
Nachbarhau8
l)it0
Erlangeil
IlandglossE
NnnkrauT
EngeE
IlonA
TintE
IndianerweiB
NansardE
Talmi
IleinfalE
AffettltebE
llhuschrel
Taschengell)
EveresT
NadelbuOll
IlertA
EigenheiM
ImmenschwarN
Die Anfangsbuchstaben der gefundenen Worte
von oben nach unten und die Endbuchstaben um-
gekehrt gelesen ergeben einen als Wandschmuck
sehr geeigneten Sinnspruch.
„Zahn der Zeit im trauten Heim
macht die liebe Alte rosten,"
buchstabierte Dodo und raste mit der Lösung und
unförmig angeschwollener Hirnschale zur Post.
„Ein steifer Hut," trällerte er, „ein steifer
Hut," wie etwa einer trällert, der bei roter Lampe
die Geliebte erwartet.
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1925 /JUGEND Nr. 27
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