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„Halt, Halt! Wir müssen sofort Kette bilden — in meinem rechten Ski
hat es geklopft." — — „Sicher wieder der Geist Deiner seligen Tante."

Aus „großer Zeit"!

VII. Armeekorps.

Stellvertr. Generalkommando. Münster, den 17. Mai 1915.
Abt. E Nr. 6040.

Ich sehe noch immer stattliche Soldatengeftalten, die bei ihren
Spaziergängen von ihren Frauen oder Bräuten am Arme geführt
werden. Jetzt hat der Mann die Führung, und es ist notwendig,
daß dies namentlich beim Soldaten auch äußerlich zum Ausdruck

Der kommandierende General:

Frhr. von Gayl.

An sämtliche Dienststellen (Truppenteile mit je 5 Nebenexemplaren)
und Abteilungen des Generalkommandos.

Die hohe Obrigkeit

Strafverfügung.

Sie haben die Bekanntmachung der Hundesperre nicht beachtet
und sind mit dem Schloßhund „Sultan" durchs Dorf lose spazieren
gegangen.

Diese Übertretung wird bewiesen durch Herrn Wachtmeister Jäkel.
Es wird hiermit gegen Sie auf Grund der Reg.-Verordnung
vom 15. Juni d. Is. eine Geldstrafe von 3 Mark, an deren Stelle,
wenn sie nicht beizutreiben ist, eine Haft von 1 Tag tritt, festgesetzt.

Sehr geehrter Herr Direktor!

Trotz mangelnder persönlicher Bekanntschaft
möchte ich.mir erlauben, mit einer Bitte an Sie
heranzutreten.

Ich habe in den letzten Jahren in Ihrer Be-
gleitung zu wiederholten Malen eine Dame ge-
sehen, deren Erscheinung mein lebhaftes Intereffe
wachgerufen hat. Wenn ich mit der Annahme
nicht fehlgehe, daß die Dame unter Umständen
geneigt wäre, mit mir bekannt zu werden, so
möchte ich Sie höflichst bitten, mir gütigft Ge-
legenheit zu einer Aussprache geben zu wollen, die
einer allenfalsigen Bekanntschaft vorauszuschicken
ich für angezeigt erachte. Es wäre mir lieb, wenn
unsere Zusamenkunft in zwangloser Form auf
neutralem Boden ftattfinden könnte. Vielleicht
darf ich sie nach Büroschluß am Marienplatz
zwischen Rathaus und Metzgerbrunnen erwarten.
Ich bin aber auch mit irgendwelchen anderen
Dispositionen Ihrerseits einverstanden.

Ich gehe voraussichtlich Mitte nächster Woche
auf 8—10 Tage auf Reisen. Sollte mich Ihre
Antwort bis dahin nicht mehr erreichen, so bitte ich eine Verzöge-
rung meiner Rückantwort eben mit meiner Abwesenheit entschuldigen
zu wollen. Hochachtungsvollft!

., Privatlehrer

(Diesen Brief erhielt ein verheirateter Freund der Jugend von einem Unbekannten
Auf die Vermutung, daß es sich um die Frau des Adressaten handelt, ist der naive
Stürmer offenbar nicht gekommen:)

Werdegang eines Plagiats

Man erzählte mir mal eine hübsche Geschichte: von einem Tarno-
poler Kaufmann, der seinem Kollegen in Czernowitz 12 Blusen
sandte, das Stück zu 20 Kr. Und er fügte die Mitteilung bei, er
sende da — 6 Blusen, das Stück zu 40 Kr. Aber der Czerno-
witzer durchschaute den Trick und schickte die Blusen zurück. Der
Mann in Tarnopol öffnete das Paket und fand darin — 6 Blusen.
Ich hielt diese Geschichte für sehr originell, formte sie und ließ sie
drucken. In der „Jugend". Vor fünf Jahren. Vor fünf Jahren
hieß eö, ich hätte ein Plagiat begangen. Denn die Geschichte sei
uralt. Sie wär' in einem Buche östlicher Witze enthalten. Fünf
Jahre lang schämte ich mich.

Vor zwei Monaten brachte eine englische Wochenschrift eine neue,
höchst originelle Geschichte: die Geschichte von den klugen Kauf-
leuten. Nur waren aus den Blusen — Hosen geworden. Und eine
große Anzahl deutscher Blätter druckten sie nach. Von wegen der
Originalität. - Seit vorgestern schäm' ich mich nimmer. Mich. Rieß

An Hindenburg

(Brief eines bayerischen Bauern)

Ich erlaube mir an Euer Gnaden einen Brief
zu richten, um an Sie eine Frage zu stellen, ob's
nicht möglich wäre, während der Ferienzeit meiner
Wenigkeit als schlichter Landwirt einen Besuch
abftatten zu wollen, um Brifatbesprechung geist-
licher und leiblischer Anliegen. Vielleicht ging eö
per Auto dem Volke unerkannt durchzukommen.
Ich bin persönlich in vollster Verschwiegenheit
und bin bereit Euch aufzunähmen zu übernachten,
4-5 übrige Betten, 1 — 2 Zimmer zu reserfüren
. . . Auf Rückkehr in die Heimat auf etwas
unbestimmte Zeit abmelden. Meine Landschaft
liegt zwei Stunden vom Chiemsee entfernt, meine
Familie besteht aus Weib und Kindern, haben
sonst niemand im Haus. Also haben sie die Güte
und weisen Sie meinen Antrag nicht zurück.
(Aus: Ein Tag im Leben des Reichspräsidenten, Verlag
für Kulturpolitik Berlin)

E. Wilke

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Register
Erich Wilke: Spiritisten im Schnee
[nicht signierter Beitrag]: Aus "großer Zeit"
[nicht signierter Beitrag]: Die hohe Obrigkeit
[nicht signierter Beitrag]: An Hindenburg
[nicht signierter Beitrag]: Sie oder keine!
Richard Rieß: Werdegang eines Plagiats
 
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