Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext




-■■ZJ^ I

- I

■*? !


' i ./:■■■ ,Ax

F

'I*;-

® ■ l

w-


Stimme der Nacht

Den Gürtel des Orion um die Hüften,

Des Siebengestirns Agraffe im Gewand,

Schenk’ ich der Welt den Glanz der Sternentriften,
Der, von dem grellen Tage nicht gekannt,
Geheimnisvoll das Dunkel überspannt.

Weit komm' ich her ... Erst wenn der Sonne Schleppe,
Der Abendröte Rosenflor verblaßt,

Steig’ ich die Stufen meiner grauen Treppe,

Der Dämmerung, hernieder ohne Hast
Und löse der Geschöpfe Tageslast.

Die im Geschirr unter der Peitsche keuchten,

Die Ketten trugen, die ein Joch gedrückt,

Sie ruh’n, sie lächeln, ihre Stirnen leuchten:

Das Bündel Mensch, tief in den Staub gebückt,

Wird an den Tisch der Seligen entrückt.

Wohin ich komme, geht der Atem milder,

Auf schwere Lider fällt des Schlummers Flaum.

Aus meinen offnen Händen schwirren Bilder
Gleich losgelaßnen Vögeln in den Raum
Und was der Tag verweigert, schenkt ein Traum.

Hilda Bergmann

0

M


Aktskizzen von Paul Bürck

Lied am Abend

Die Schlote ragen starr und rußigrot,
Der Tag ertrinkt in dämmergrauen

Fernen.

Ein letztes stumpfes Abendleuchten

loht

Im müden Fensternetz der

Mietskasernen.
Ganz still ist es. Die Kinder schlafen

schon.

Nur ein paar Alte auf der Bank noch

hocken.

Am Himmelsrand ein

Wetterwolkendrohn ...
Im Winde wirbeln letzte

Blütenflocken. . .

Und wie ein Atmen geht ein leicht

Gebraus

Durch tausend düfteschwere, dunkle

Zweige . ..

Nur aus dem letzten kleinen

Häuslerhaus

Weint schmeichelnd durch die Stille

eine Geige ...
Erwin Nielsen

29
Register
Paul Bürck: Aktskizzen
Erwin Nielsen: Lied am Abend
Hilda Bergmann: Stimme der Nacht
 
Annotationen