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Zettel der Zeit

Der Verwalter des feindlichen Eigentums
in den Vereinigten Staaten wurde vom
Schlage gerührt, als er erfuhr, daß die Ver-
mögen freigegeben werden follen und sein
Amt erlischt. Alle Wetter! Das muß ein
einträgliches Amt gewesen sein!



Im Deutschen Museum wurde aus der
Brauerei-Abteilung wieder etwas gestohlen,
und zwar zwei Messingmanometer. Die Diebe
werden daraus aufmerksam gemacht, daß ihre
kleine Brauerei, sobald sie zusammengetragen
ist, auch einer EinsührungSpropaganda be-
darf. Die Mittel auch hierzu herzugeben, ist
das Deutsche Museum nicht gewillt.

ir

Eine Statistik hat seftgeftellt, daß jeder
dritte Ostseegast ein Berliner ist. Da er die
beiden andern mundtot redete, konnte dies erst
durch Statistik herausgebracht werden.

ir

Die Perlauster ist sicherem Verlauten nach
gänzlich ausgestorben. Endlich kann man
seine Auster ohne nervöses Suchen verzehren.



Große Empörung rief in Cordoba in Ar-
gentinien die Heirat eines 83jährigen Grei-
ses mit einem 13jährigen Mädchen hervor.
Aus welchem Grunde? Sollte es noch Land-
striche geben, wo man die Ehe als Einrich-
tung zum Kinderkriegen betrachtet?



Der Pianist Paderewski schlug bei einem
Konzert so hestrg auf die Taften, daß ihm ein
Fingernagel abbrach. Der Finger ist mit
50 000 Dollar versichert; der Nagel brachte
etwa 10 000 Dollar ein. Andre Leute müssen
sich die heftigsten Unfälle beibringen, ohne
auch nur das Schwarze unterm Nagel von
der Versicherungsgesellschaft herauszuschlagen.

In den letzten Wochen hat sich die Trun-
kenheit in Amerika verdoppelt. Sie rührt von

den PlumpuddingS her, für die der Rum frei-
gegeben worden ist.



Die Steuerbehörde gibt bekannt, daß
Trinkgelder nicht zum steuerpflichtigen Ein-
kommen gehören. Ein Aufatmen geht durch
die Reihen der deutschen Schriftsteller.

Phlogiston

Man denke sich!

(„In jungkommunistischen Kreisen werden arg ver-
liebte Leute zu Ehrenämtern nicht gewählt oder nicht
wieder gewählt," — erklärte die Sowjetgesandtin in
Norwegen, Frau Kollontav, bei einem Berliner Presse-
Empfang.)

Hochinteressant, so eine Plauderei
Mit dieser Frau Gesandtin Kollontay,

Die uns ganz neue, abgrundtiefe Blicke
Gewährt ins Herz der Sowjetrepublike!

Entsprechend dem bekannten rauhen Klima
Sei dort das Mannsbild sowie Frauen-
zimma,

Auf daß eö etwas werde oder gelte,

Sich stets bewußt: Die Kälte machtS — die
Kalte!

Je höher, desto kälter selbstverständlich,

Ein „Sowjetfräulein" wär schon schwer
verwendlich,

Sobald es überhaupt noch irgend wüßte,
Wo, wie und wen es irgend einmal küßte!

Die Kommissarin, die nach Ehren geiz'ger,
Muß ihrerseits noch viel mehr hundeschnäuz'-
ger

Durchs Dasein schreiten auf der Liebe
Wegen —

Sonst ist es aus mit allen Privilegen!

Frau Kollontay, die anerkannte Größe,
Erklomm nun gar — als Staatsambassa-
deuse! —

DeS Ehrentempels allerhöchsten Baustein!

- Man denke sich: Was muß das für
'ne Frau sein!

I A. Sowas

Puttchens Fall

Als nach einer kleinen Familienszcne der Freund Lya
de Puttis 3 Uhr morgens das Heim der erregten Diva
verließ und diese, um ihn zurückzurufen, auf das Fen-
sterbrett stieg, verlor sie das Gleichgewicht und stürzte
hinunter, ohne sich aber ernstlich zu verletzen.

Das kommt davon, wenn Nachts um drei
Zwar sturm-, jedoch nicht schwindelfrei,

Als wär' ein Film zu drehen,

Sich kleine Mädchen, statt ins Bett
Zu kriechen, auf dem Fensterbrett
Im Mondschein noch ergehen!

Wie rasch kann doch ein pas de ,,deux“
Um den — Kousin in solcher Höh'

Zu einem — Fehltritt führen:

Die Jungfrau fällt, eh' sie'ö gedacht,
Besonders leicht in dunkler Nacht,

Und muß die — Folgen spüren!

Na, Gott sei Dank, ist alles heil,

Verletzt kein edler Körperteil,

Sogar das wieder zahme
Kousinchen kehrt bekehrt zurück,

Die „fäll'ge" Diva schwelgt im Glück
Und freut sich der — Reklame!

Kiki

W. Kuhn

Zeitgemäß

„Na, wie geht'ö Geschäft?"

„Man untcrbilanziert sich halt so durch!"

Wir und die Post

Eine postalische Statistik besagt:

Jeder Deutsche telephoniert im Jahre
2,75mal.

Aus dem Markenverkauf ist zu ersehen,
daß jeder Deutsche im Jahre 34 Briese
verschickt.

Jeder Deutsche empfängt im Jahre 0,1
Postanweisungen.

Jeder Deutsche, trägt jährlich 14,35 Mk.
zur Unterhaltung der Postbeamten bei.

Hierbei sind natürlich die falschen Ver-
bindungen in Abzug gebracht und nur die
zuftandegekommenen aufgezählt.

Ich habe meine nicht gezählt. Wenn es
mehr gewesen sind, wird Strasporte er-
hoben?

Daß von diesen nie eine ganze ankommt,
ist besonders schmerzlich.

Jetzt wissen wir wenigstens die Summe
genau, die wir inö Feld zu führen haben,
wenn uns am Schalter einer querkommt. T.

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Register
KiKi.: Puttchens Fall
W. Kuhn: Zeitgemäß
[nicht signierter Beitrag]: Wir und die Post
J. A. Sowas: Man denke sich!
Phlogiston: Zettel der Zeit
 
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