Anders aber, wenn das weibliche Gewimmel in den hoheitsvollen
Frieden der Natur einbricht, wenn es sich an die Majestät der Berge
wagt, wenn die Bewegung nicht mehr Tanz heißt, nicht mehr Luxus
in elektrischen Städten, sondern Sport in freier Luft! Hier setzt die
Herbheit der Natur modischer Laune ihre Grenzen, engt sie in Richt-
linien ein, deren Überschreitung dte Strafe der Lächerlichkeit droht.
Hier ist nur das Praktische Schönheit und Gesetz. Kommerzienrätin-
nen in Breeches und Pelzen verfallen dem Spott winterlicher Ge-
walten. Vergebens malen Wahnsinnige Modebilder, ebenso verwöhn-
ten wie ahnungslosen Frauenblicken sogenannte Sportkostüme mit
Pelzbesatz und ähnlichem Unsinn. Der Schnee draußen lacht also
mißverstandene Eleganz unbarmherzig nach Hause.
Wie leicht und einfach steht sie aus, die gute Skiläuferin, in lan-
gen blauen oder hellen Herrenhosen, die unten zugebunden lose über
den Stiefel fallen, der oben von kurzer Gamasche oder buntem Bande
umwickelt ist. In dehnbarem Pullover oder Sweater atmet die
Brust, noch umschlossen, wenn es notwendig ist, von der Skijacke in
gleicher Farbe oder der hellen Windjacke. Ein bunter wehender Schal,
eine Schirmmütze und Fausthandschuh - das ist die Silhouette jedes
Sports.
Beim Eislauf kommt der kurze Faltenrock mit Sweater und Mütze
oder das gestrickte Wollkleid mit glockenförmigem Rock in Frage,
während beim Rodeln hohe Gamaschen unter weitem Sportrock oder
auch Breeches mit Wickel- oder Ledergamaschen dem praktischen Ziele
dienen.
Das sind dre großen, herben Linien, zwischen denen die Fantasie
der Mode noch genug Spielraum hat an leuchtenden Farben, an
Variationen in Schnitt und Form — ohne zu überflüssigem Pelz-
werk, zu Besatz und Ornamenten greifen zu müssen, die beim Sport
nicht nur falschen Klang geben, sondern der Freiheit der Bewegung
und wirklicher Eleganz zuwider sind. S. P.
Modepuppen
von Hans Goes
MODE IM SCHNEE
Wenn die schönste Frau der Schöpfung, Dame Natur, den weißen
Hermelinpelz um ihre Schultern wirft, ihr Antlitz mit Pulverschnee
bestäubt und ihr Gewand mit blitzenden Diamanten überrieselt, regt
sich auch ihre unruhige und launische Stiefschwester, die Mode, und
läßt ein Sklavenheer von Schneidern Pelze, Sportkoftüme, Sweater,
Pullover, Schals, Breeches und waö ihr erfinderischer Kopf noch
sonst an Kleidung und Zierrat ersinnen kann, den Weiblein in Stadt
und Land vor begehrliche Augen führen. Während aber die Natur ein
königliches Gewand wählt, um in ihm zu ruhen und neue Kraft für
Frühlingsunternehmungen zu schöpfen, jagen die Weiblein unter dem
Szepter der Mode nach winterlicher Bewegung, nach Sport und
Tanz. Hierbei geschehen nun immer wieder die seltsamsten Ver-
wechslungen. Für den Ballsaal mag es hingehen, daß kostbare Ge-
wänder die weißen Leiber eng umspannen oder weit umflattern, daß
sie bald als Schleppen hinter kleinen Füßen dahingleiten oder schür-
zengleich lockende Knie begehrenden Blicken preisgeben, daß sie bald
das Elfenbein nervöser Rücken bis zu den Hüften durchschimmern
lassen, oder zwischen zarten Brüsten in süße Tiefen hinabsinken. In
Schlitten und Automobilen mögen kostbare Pelzmäntel, herausfor-
dernde Pelzjacken zarte Glieder wärmend schützen. Bis hierher schalte
die Majestät der Mode frei und kühn nach Fantasie und Laune.
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Frieden der Natur einbricht, wenn es sich an die Majestät der Berge
wagt, wenn die Bewegung nicht mehr Tanz heißt, nicht mehr Luxus
in elektrischen Städten, sondern Sport in freier Luft! Hier setzt die
Herbheit der Natur modischer Laune ihre Grenzen, engt sie in Richt-
linien ein, deren Überschreitung dte Strafe der Lächerlichkeit droht.
Hier ist nur das Praktische Schönheit und Gesetz. Kommerzienrätin-
nen in Breeches und Pelzen verfallen dem Spott winterlicher Ge-
walten. Vergebens malen Wahnsinnige Modebilder, ebenso verwöhn-
ten wie ahnungslosen Frauenblicken sogenannte Sportkostüme mit
Pelzbesatz und ähnlichem Unsinn. Der Schnee draußen lacht also
mißverstandene Eleganz unbarmherzig nach Hause.
Wie leicht und einfach steht sie aus, die gute Skiläuferin, in lan-
gen blauen oder hellen Herrenhosen, die unten zugebunden lose über
den Stiefel fallen, der oben von kurzer Gamasche oder buntem Bande
umwickelt ist. In dehnbarem Pullover oder Sweater atmet die
Brust, noch umschlossen, wenn es notwendig ist, von der Skijacke in
gleicher Farbe oder der hellen Windjacke. Ein bunter wehender Schal,
eine Schirmmütze und Fausthandschuh - das ist die Silhouette jedes
Sports.
Beim Eislauf kommt der kurze Faltenrock mit Sweater und Mütze
oder das gestrickte Wollkleid mit glockenförmigem Rock in Frage,
während beim Rodeln hohe Gamaschen unter weitem Sportrock oder
auch Breeches mit Wickel- oder Ledergamaschen dem praktischen Ziele
dienen.
Das sind dre großen, herben Linien, zwischen denen die Fantasie
der Mode noch genug Spielraum hat an leuchtenden Farben, an
Variationen in Schnitt und Form — ohne zu überflüssigem Pelz-
werk, zu Besatz und Ornamenten greifen zu müssen, die beim Sport
nicht nur falschen Klang geben, sondern der Freiheit der Bewegung
und wirklicher Eleganz zuwider sind. S. P.
Modepuppen
von Hans Goes
MODE IM SCHNEE
Wenn die schönste Frau der Schöpfung, Dame Natur, den weißen
Hermelinpelz um ihre Schultern wirft, ihr Antlitz mit Pulverschnee
bestäubt und ihr Gewand mit blitzenden Diamanten überrieselt, regt
sich auch ihre unruhige und launische Stiefschwester, die Mode, und
läßt ein Sklavenheer von Schneidern Pelze, Sportkoftüme, Sweater,
Pullover, Schals, Breeches und waö ihr erfinderischer Kopf noch
sonst an Kleidung und Zierrat ersinnen kann, den Weiblein in Stadt
und Land vor begehrliche Augen führen. Während aber die Natur ein
königliches Gewand wählt, um in ihm zu ruhen und neue Kraft für
Frühlingsunternehmungen zu schöpfen, jagen die Weiblein unter dem
Szepter der Mode nach winterlicher Bewegung, nach Sport und
Tanz. Hierbei geschehen nun immer wieder die seltsamsten Ver-
wechslungen. Für den Ballsaal mag es hingehen, daß kostbare Ge-
wänder die weißen Leiber eng umspannen oder weit umflattern, daß
sie bald als Schleppen hinter kleinen Füßen dahingleiten oder schür-
zengleich lockende Knie begehrenden Blicken preisgeben, daß sie bald
das Elfenbein nervöser Rücken bis zu den Hüften durchschimmern
lassen, oder zwischen zarten Brüsten in süße Tiefen hinabsinken. In
Schlitten und Automobilen mögen kostbare Pelzmäntel, herausfor-
dernde Pelzjacken zarte Glieder wärmend schützen. Bis hierher schalte
die Majestät der Mode frei und kühn nach Fantasie und Laune.
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