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I m Zweifel

I. Mammen

„Soll ich nun einen Hering mit Bier bar bezahlen oder sie zur Redoute einladen
und ein feines Diner auf Kredit essen — -"

Gott gepriesen, aber Golflinks haben wir hier nicht, da müssen Sie
sich schon in die Hölle begeben. Die haben alle diese modernen
Einrichtungen."

,,Ia, wenn Sie keinen Golfplatz haben," entgegnete Larry, „dann
tut eö mir unglaublich leid, aber dann kann ich nicht hier blerben,
dann gehe ich in die Hölle."

Er machte kurz kehrt und hörte schon nicht mehr das trauernde
Klagen der Engel über die verlorene Seele, so schnell raste er hinab
der Hölle entgegen. Als er hier ankam, fand er das Tor zum Orkus
bereits geöffnet. Er wurde empfangen wie es einem Meister zu-
kommt. Der Teufel selbst stand an der Pforte zur Begrüßung. Cr
drückte Larry die Hand und sagte: „Willkommen, Larry Hardon,
ich wußte, daß Sie kommen würden. Sie wollen gewiß gleich zum
Klubhaus. Habe ich recht?" Larry strahlte über das ganze Gesicht:
„Und ob Sie recht haben, old chap, glad to meet youü"

Und so wurde denn ein Höllenpfadfinder beauftragt, mit Larry
zum Golfplatz zu gehen. Hardon war außer sich vor Freude. Daö
war doch eine ganz andere Sache, als dieser fade Himmel! Schon
von weitem sah er das wundervolle Klubhaus liegen. Dahinter
wölbten sich Bunker und Greens und das ganze Gelände sah aus,
als ob die besten Golflinks der Welt hier zu einem Vorbild kom-
biniert worden feien.

Larry konnte es nicht mehr erwarten, den ersten Schlag zu tun.
Im Klubhaus fand er alles in musterhafter Ordnung vor. In
langen Reihen standen die besten Golfschläger. Angefangen vom
Treiber bis zum Mashie und Putter. In einer Reihe standen fünf-
zig Caddies und warteten mit Larry loözumarschieren. Dieser wählte

lange unter den vorhandenem Material. Suchte sich die besten
Schläger aus, reichte sie einem Caddie und marschierte mit diesem auf
den ersten Abschlagplatz. Als er hier angekommen war, dehnten sich
seine Muskeln. Er hatte nicht umsonst drei Tage in dem engen Sarg
gelegen. Dann war die Reise zum Himmel gewesen und wieder hinab
zur Hölle, kein Wunder, daß sich sein trainierter Körper wieder nach
Betätigung sehnte. Er stand auf dem Abschlagplatz und machte einen
Luftschlag. Ein Frohgefühl durchftrömte ihn. Ja, es ging noch.
Teufel, wenn ihn jetzt seine Anbeter im alten England sehen könnten,
wie er den ersten Ball abschlagen würde. Eine fieberhafte Aufregung
kam über ihn und etwas weniger leutselig als er sonst zu sein pflegte
herrschte er seinen Caddie an: „Na, my boy, luftig, lustig, was
wartest du so lange, gib schnell einen Ball her, ich will anfangen."

Der Caddie machte ein ganz erstauntes Gesicht: „Einen
Ball, Sir?"

Larry wurde ärgerlich: „Na, natürlich, du Idiot, einen Ball,
oder denkst du, ich will hier mit Knödeln spielen?"

Der Caddie grinste: „Ja, Herr, das tut mir aber leid, denn Bälle
haben wir hier nicht!" Da riß Larry der Geduldsfaden und er schrie:
„Was? Du willst mich wohl zum Narren halten und mir einreden,
daß ihr hier den schönsten Golfplatz habt, den ich, Larry Hardon, je
gesehen habe, die schönsten Goldfschläger, das herrlichste Klubhaus
und keine ... Bälle?"

Da lachte der kleine Teufelcaddie über das ganze Gesicht und sagte:
„Nein, Herr Hardon, es ist so wie ich sage; wir haben alles, was
einem Golfer das Herz im Leibe lachen macht, aber Bälle haben wir
nicht, denn dazu sind Sie ja hier in der Hölle."

ICH
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