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,,Ein ernstes Wort"

Unter diesem Tiiel geben die „Münchner Neueste Nachrichten" folgende Eingabe der Trachtenverbände an den Landtag wieder:

Erich Wille

„Die Vereinigten Trachtenverbände des bayerischen Oberlandes
von Berchtesgaden bis Lindau richten an den Bayerischen Landtag
die Bitte, dafür Sorge zu tragen, daß das unsittliche, unser Gebirgs-
volk verderbende Betragen gewisser Kreise besonders in den Sommer-
monaten gesetzlich unterbunden wird, Getreu unserem Wahlspruch:
„Sitf und Tracht der Alten wollen wir erhalten!" wollen wir es
nicht länger mitansehen, wie unsere Jugend durch das schlechte Bei-
spiel besonders weiblicher Fremden nicht bloß verdorben, sondern
auch geschlechtlich verseucht wird, ohne daß das geringste dagegen
geschieht.

Wir verabscheuen die modernen Tänze französischer oder amerika-
nischer Herkunst als sittenverderbend und werden zur Selbsthilfe
greifen, wenn es wahr ist, was das Staatsministerium des Innern
auf die Bitte um Abstellung dieser tanzenden Gemeinschaft ant-
wortete, daß „für ein Verbot der modernen Tänze und anderer
Zeiterscheinungen die gesetzliche Grundlage fehle". Wir haben
20 000 Mitglieder, die jederzeit bereit sind, die Polizei in dieser
Angelegenheit zu unterstützen.

Bedauerlicherweise hat sich außer den bayerischen Bischöfen und
der protestantischen Kirchenbehörde bis heute niemand gefunden, der
gegen die ausgeschämte Frauenmode ein Wort gesprochen hätte.

Die Eebirgstrachtenerhaltungsvcreine bitten den Landtag, ein Gesetz
zu machen, daß jedes dieser ausgeschämten Frauenzimmer, sobald
es durch seine augenscheinlich unsittliche Kleidung öffentliches Ärger-
nis treibt, mit Gefängnis bestraft wird, denn es ist ein Verbrechen
am Volk, seine' sittliche Krast so zu untergraben und die Jugend
zu verderben.

Warum geschieht nichts gegen das Gebaren vieler Sommer-
frischler an den bayerischen Seen? Wir Gebirgler gehören nicht zu
der Sorte von Leuten, die an jedem Pfifferling Anstoß nehmen aber

es ist soweit gekommen, daß man mit Kindern an Sonntagen am
Seeufer nicht mehr gehen kann, weil die H... öffentlich betrieben
wird. Fehlen da auch die gesetzlichen Grundlagen?

Laut erheben wir unsere Stimme ohne politische oder konfessionelle
Nebenabsichten, getrieben von der Sorge um unser Volk und unseren
Nachwuchs. Ar Landlagsabgeordnete aller Parteien müßt dafür
sorgen, daß unser Volk nicht kernfaul wird. Wer als Volksvertreter
gewählt ist, hat die Pflicht, für die moralische Gesundheit der
Eebirgsbevölkerung schützend einzutreten."

JUGEND Nr. 6/6. Februar 1926__Preis 75 Pfennig

Begründer: Dr. GEORG HIRTH. — Verantwortlicher Schriftleiter: Dr. EDGAR y. SCHMIDT-PAULI — Schriftleiter: FRITZ v. OSTINI, Dr JOH. N.
sämtliche in München. — Für den Anzeigenteil verantwortlich: GEORG POSSELT, München. — Verlag: G. HIRTH’s VERLAG, Akt.-Ges., München, Les.‘
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Erich Wilke: Ein ernstes Wort
 
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