„Bin ich nun die Hypotenuse oder bloß eine
Kleine Bilder vom Münchner Fasching
Von Arthur ThieS
Bissingers leben seil Jahren im schwersten
Ehekrieg — man muß sogar sagen, daß sie
auf diesem Gebiet alle Schrecken des Zu-
kunflökriegeS verwirklichen.
Nur einmal im Jahre, zu Fasching, geht
das Großkampfftadium in sanftes Grollen
über. Frau Bissinger kommt vom Koftüm-
verleiher und Friseur und stellt sich ihrem
Gatten vor.
„No, was ist denn dös wieder für a
G'lump?" fragt Bissinger mit einem kri-
tischen Blick auf das Kostüm.
„Augsburger Bürgerin von 1845," sagt
Frau Bissinger kokett.
„Guat! — gibt wenigstens dein Alter
ehrlich an."
*
Auf einem Dienftbotenball.
Eine bekannte Dame der Gesellschaft trägt
ein vornehmes Abendkleid — worüber all-
gemeines Getufchel.
Sie lächelt. Sie bewirbt sich sogar um
einen Preis bei der Koftümprämiierung.
„Aber gnädige Frau, Sie sind doch auf
einem Dienstbotenball!" wagt einer der
Preisrichter sie aufzuklären, „da ist doch Ihr
Kostüm vollkommen deplaciert."
„Ich Hab' das Kleid von meiner Gnädigen
angezogen," antwortete die Dame schämig.
Und bekam den ersten Preis.
Es war im Luitpold aber auch zu luftig!
Weinzierls haben eine Zeche gemacht — eine
Zeche, die sich als viel zu groß erwies, als
der Ober mit der Rechnung kam.
Nur mit Mühe und Not bringen sie es
dahin, daß sie das Lokal ohne Polizeibeglei-
tung verlassen dürfen.
Kaum auf der Straße, bricht Herr Wein-
zierl gegen seine Gattin in wildes Fluchen
aus: „I hab's ja allwei' g'sagt: mir hätt'n
die Mäntel und die Matratz'n aa versetzen
sollen!"
Kathete?"
Atelierfesl
Laßt die alten Treppen knarren
Und die faden Nachbarn schimpfen!
Unsre Gäste sind heut Narren
Und die schleichen nicht auf Strümpfen.
Farbbekleckfte Arbeitskittel,
Pyjamas von buntem Tuche
Zieren euch heut mit dem Titel
Odaliske und Eunuche.
Das Modell, die Mariette,
Auf dem Tisch tanzt sie Cancan,
's ist nicht schad um die Toilette,
Nur ein Tischtuch hat sie an.
Wenn der Magen gestern knurrte,
Heute ist der Tisch gedeckt:
Die verkaufte Schwarte wurde
UnS zum Faschingsschmaus mit Sekt.
Kinder, gurgelt mit Burgunder,
Nehmt die Mädels um den Hals,
Taucht mit ihnen froh hinunter
Auf den Grund des Karnevals!
Maxim Schuberth
126
Kleine Bilder vom Münchner Fasching
Von Arthur ThieS
Bissingers leben seil Jahren im schwersten
Ehekrieg — man muß sogar sagen, daß sie
auf diesem Gebiet alle Schrecken des Zu-
kunflökriegeS verwirklichen.
Nur einmal im Jahre, zu Fasching, geht
das Großkampfftadium in sanftes Grollen
über. Frau Bissinger kommt vom Koftüm-
verleiher und Friseur und stellt sich ihrem
Gatten vor.
„No, was ist denn dös wieder für a
G'lump?" fragt Bissinger mit einem kri-
tischen Blick auf das Kostüm.
„Augsburger Bürgerin von 1845," sagt
Frau Bissinger kokett.
„Guat! — gibt wenigstens dein Alter
ehrlich an."
*
Auf einem Dienftbotenball.
Eine bekannte Dame der Gesellschaft trägt
ein vornehmes Abendkleid — worüber all-
gemeines Getufchel.
Sie lächelt. Sie bewirbt sich sogar um
einen Preis bei der Koftümprämiierung.
„Aber gnädige Frau, Sie sind doch auf
einem Dienstbotenball!" wagt einer der
Preisrichter sie aufzuklären, „da ist doch Ihr
Kostüm vollkommen deplaciert."
„Ich Hab' das Kleid von meiner Gnädigen
angezogen," antwortete die Dame schämig.
Und bekam den ersten Preis.
Es war im Luitpold aber auch zu luftig!
Weinzierls haben eine Zeche gemacht — eine
Zeche, die sich als viel zu groß erwies, als
der Ober mit der Rechnung kam.
Nur mit Mühe und Not bringen sie es
dahin, daß sie das Lokal ohne Polizeibeglei-
tung verlassen dürfen.
Kaum auf der Straße, bricht Herr Wein-
zierl gegen seine Gattin in wildes Fluchen
aus: „I hab's ja allwei' g'sagt: mir hätt'n
die Mäntel und die Matratz'n aa versetzen
sollen!"
Kathete?"
Atelierfesl
Laßt die alten Treppen knarren
Und die faden Nachbarn schimpfen!
Unsre Gäste sind heut Narren
Und die schleichen nicht auf Strümpfen.
Farbbekleckfte Arbeitskittel,
Pyjamas von buntem Tuche
Zieren euch heut mit dem Titel
Odaliske und Eunuche.
Das Modell, die Mariette,
Auf dem Tisch tanzt sie Cancan,
's ist nicht schad um die Toilette,
Nur ein Tischtuch hat sie an.
Wenn der Magen gestern knurrte,
Heute ist der Tisch gedeckt:
Die verkaufte Schwarte wurde
UnS zum Faschingsschmaus mit Sekt.
Kinder, gurgelt mit Burgunder,
Nehmt die Mädels um den Hals,
Taucht mit ihnen froh hinunter
Auf den Grund des Karnevals!
Maxim Schuberth
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