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NÄRRISCHE WELT

Unfreiwilliger Presse - Karneval

Weihnachtsfeier der Bezirksgruppe„Stadt-
Mitte" des Frontkriegerbundes, Ortsgruppe

München, e. V. --- Den Hauptpunkt

bildete aber die Beschenkung aller anwesen-
den Damen, welche in Form einer Gratiö-
v e r s o l u n g vor sich ging. Daß keine der
Damen dabei zu kurz kam, dafür zeugte der
in reichstem Maße ausgestattete Gaben-
tempel .

Völkischer Beobachter, München, Nr. 231



Fronhausen. Am Sonntag fand zu
Ehren der in den Ruhestand getretenen lang-
jährigen Hebamme, Frau Christine Schneider,
eine kleine Feier statt. 45 Jahre lang hat
sie ihr Amt versehen und gern wäre sie bis
zum Iahresschluß geblieben, aber Alters-
schwäche ließ dies nicht zu. Der Iungfrauen-
verein eröffnete die Feier mit einem schönen
Liede und dann überreichte ihr eine Kollegin
aus Odenhausen einen Blumenstrauß.

Oberhesiische Zeitung, 24. Okt. 192?



Derjenige Herr, welchem am Sonntag
abend sein Kinderwagen umfiel, wird ge-
beten, seinen Schirm Libanonstr. 29/1 ab-

zul)ölen. Stuttgarter Neues Tagblatt



Nach längerem Leiden verstarb amMontagunser
langjähriger Vorsitzender, jetziges Ehrenmitglied,
Herr Emil Pfotenhauer.

Wir vertieren in ihm einen steten Förderer un-
seres Sports und werden wir stets seiner gedenken.
Schwimm-Verein Eisenach e. V. Der Vorstand.

Die Mitglieder werden gebeten, zur Teilnahme
an der Trauerseier am Donnerstag 1 Uhr an der
Friedhofskapelle im Schwimmanzug zu er-
scheinen. Eisenacher Zeitung

Ein Brief

Neufrach, den 26. April 1924
Wehrter Herr Prinzepaal

Nun erlaube ich mir an Sie par wichtige
Zeilen zu schreiben, und so möchte ich noch
eine kleine Bitte an Sie richten, da meine
Braut Fräulein Maria Hartmann schon
edliche Monate in Stellung ist bei Ihr!R,
und so möchte ich bei Ihnen höflichft an-
fragen ob Ihr mit Ihr zufrieden seit und
wie ihre Führung ist, ich hoffe das beste was

ich von Ihr vernamen habe sind Sie sehr
zu frieden mit Ihr, aber ich bitte Sie am
1. Mai nächsten Donnerstag meine zu-
künftige Braut frei zu geben bis 2. Mai
mittags 12. Uhr da ich mit Ihr geschäftlich
eine Reiße unternehmen will inden Wier im
Herbste heiratten wollen umsomit will ich mit
Ihr etwas anschauen. So kann Sie ja den
Ausgangstag der am Mittwoch ist, am
Donerstag nehmen dan gibtS wenig Zeit-
verlust ich schicke Sie zur Zeit wieder an das
Geschäft zu Ihnen ich hoffe daß Sie mit
Ihr zufrieden sind andernfalls geben Sie mir
sofort Nachricht und dan werde ich Ihr das
nötige Beibringen und ferner hin hoffe ich
das Ihr Sie gut im Zügel haltet und
warnen vor Nachtschwärmerei, also bitte ich
Sie mit Ihr die Sache verabreden, ich bin
DonerStag den 1. Mai um 11. Uhr 45. am
Bahnhof Singen da soll Sie bestimmt dort
sein, um weiter Fahrt ich hoffe das alles
klappt den ersten Mai nehme ich eben als
hoher Feiertag wie bisher

Mit freundlichem Gruß
Achtungsvollst

N. H., Tiefbauaufseher.
Zur Verfügung gestellt von Herrn Bischofs, Singen.

Rüstung von — „heute"!

Hülle dich in Tand und Flitter!

Gürte dich mit Dolch und Schwert!

Wappne dich als stolzen Ritter!

Setze dich auf's hohe Pferd!

Stülp' den Stahlhelm auf die Ohren!

Schnalle Koppel um und Sporen!

Trommel! Tusch! Trompetenschall....

Heut', mein Sohn ist Karneval!!

Heute darfst du Waffen tragen!

(Freilich nur auö Holz und Draht!)

Heute darfst du schießen, schlagen!

(Purzelbäume oder Rad!)

Darfst, die Flinte forsch am Riemen,

Auch den (Schürzen-)Iäger mimen!

(Freilich nur bei Pfropfen-Knall!)...

Heut', mein Sohn ist Karneval!!

Heute darfst du „fiebernd rüsten"!

(Selbst als genfbeflisf'ner Boche!)

Kühn im bunten Rock dich brüsten!

(Trotz Nollet und Walch und Foch!)

Heute darfst du „parad"ieren,

Bombardieren, attackieren

(Mädels, mein' ich, rund und drall!). ..

Heute ist — Lo-carneval!!

Kiki

Die Folgen eines Urteils

In München-Gladbach hatte ein Bürger
eine polizeiliche Strafverfügung erhalten,
gegen die er gerichtliche Entscheidung bean-
tragte. Die Strafkammer in München-
Gladbach erklärte die Strafverfügung kurzer
Hand für ungültig, weil die Unterschrift un-
leserlich sei. Andere Leute seien auch wer und
hätten ein Recht, zu erfahren, mit welchem
Beamten sie es zu tun hätten.

Der also Freigesprochene jubelte auf. Aber
zu früh. Am gleichen Tage bekam er die per-
sönliche Aufforderung der Steuerbehörde, bei
Vermeidung sofortiger Zwangsvollstreckung
die Einkommensteuer zu bezahlen. Zu seinem
Glücke besah nun der Bedrohte die Unter-
schrift unter dem Steuerzettel und warf den
Vollzugöbeamten die Treppe hinunter. Dieser
kehrte in Begleitung eines bewaffneten Po-
lizeiorgans wieder und nahm eine Mobiliar-
pfändung vor. Der Gepfändete erhob bei
Gericht Widerspruchsklage gegen dieZwangS-
vollstreckung mit der Begründung, daß aus
einem VollftreckungStitel, dessen Unterschrift
unleserlich sei, auch nicht vollftreckt werden
dürfe. DaS Gericht wies die WiderspruchS-
klage kurzer Hand ab, weil die Unterschrift
des klägerischen Anwalts unleserlich sei. Der
Kläger beantragte nun in einer Nichtigkeits-
beschwerde die Ungültigkeit der kostenfälligen
Klagsabweisung, weil die Verfügungsaus-
fertigung die unleserliche Unterschrift eines
Gerichtsschreibers trage.

Das Gericht erklärte nun, es sei auch
„wer" und lasse sich von einem jungen Men-
schen, der vielleicht noch nicht einmal voll-
jährig sei, nicht an der Nase herumführen.
Da brachte der Beschwerdeführer einen be-
glaubigten Auszug aus dem Geburtsregister
bei zum Beweise seiner Volljährigkeit. Das
Gericht seinerseits hielt die Unterschrift des
Standesbeamten für unleserlich und erklärte,
der Auszug beweise nicht einmal, daß der
Beschwerdeführer überhaupt geboren sei.
Gleichzeitig verurteilte es ihn zur Tragung
sämtlicher Kosten. Letzterer verweigerte die Be-
zahlung mit der Begründung, daß ein Nichtge-
borener auch nicht zahlungspflichtig fein könne.

Zur Zeit soll sich das Reichsgericht mit
dem Fall beschäftigen. Die Herren ReichS-
gerichtSräte scheinen aber das Endurteil ver-
schleppen zu wollen, da keiner eine leserliche
Unterschrift besitzen soll. In Juristen- und
Laienkreisen ist man auf die Erledigung des
Prozesses äußerst gespannt. Beda Hafen

Vignette von Marietta Niederer
Index
Beda Hafen: Die Folgen eines Urteils
KiKi.: Rüstung von "heute"
Marietta Riederer: Vignette
[nicht signierter Beitrag]: Unfreiwilliger Presse-Karneval
 
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