Auf dem Balkon G. Ny man-Egbert
ARCHITEKTUR
(ST. SEBALDUSKIRCHE IN NÜRNBERG)
Aus dem Dunkel des Geborgenseins mußte ich einen kleinen
Schritt wagen — dann war ich im festlich Hellen.
Das festlich Helle, dachte ich, würde mich allein lasten. Aber als ich
fürchtend darin einging, umschloß es mich behütend wie das Dunkel.
Ich mußte nicht im Hellen bleiben — den kleinen Schritt konnte
ich zurücktun und mich dann weiter in das Dunkel zurückoerlieren.
Dort über den Gräberplatten kauerten meine Furchtgebete:
O Herr, erlöse mich vom Tod! — O Herr, erbarme Dich meiner
im Leid! — O Herr, erlöse mich von der Vergänglichkeit! —
Alle Gebete ohne Amen kauerten da. Folget mir! — sagte ich.
Sie hielten sich ängstlich an den grauen Füßen der Pfeiler.
Auf der beschatteten Treppe des hinteren Chores saßen mit
spitzgefalteten Händen meine Mühen: Was nun? — fragten sie
— was nun, o Herr? — Wohin, o Herr? — sage es! — Zeige
es! — Folget mir! — sagte ich.
In den tierköpfigen Chorstühlen verhüllten sich meine Zweifel:
Es ist dunkel... sagten sie — woher soll das Licht kommen?
Sende das Licht, o Herr!
Im äußersten Burgwinkel, ganz im Schwarz, kniete mein
Glaube: Alles ist Geheimnis — betete er — alles ist irrt Dunkel
empfangen — alles bleibe im Finstern wie Du, dunkler Gott!
— Folge mir! — sagte ich.
Dann wandte ich mich der Lichtseite zu und ging bis an die
Schwelle der Helle. Ich fühlte, daß die Düsterkeit aus dem Dunkel
mir tastend folgte. Nur ein kleiner Schritt trennte mich von dem
Licht.
Da rief es hinter mir: Laß uns im Dunkel! — Aber ich machte
den kleinen Schritt.
Seht — sagte ich —, hier ist alles Weite und Licht!
Da fühlte ich, wie der Raum in einer großen, weitgewordeneit
Umarmung das dunkle Gefolge meines Seins umschlang und es
an Lichtfäden mir in steile Höhe entführte. Und mit brausendem
Gloria in excelsis Deo hoben die Wände mich selber an ihrem
ungehemmten Aufstreben in den Raum. Elyabcth von Schmidt-Pauii
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(ST. SEBALDUSKIRCHE IN NÜRNBERG)
Aus dem Dunkel des Geborgenseins mußte ich einen kleinen
Schritt wagen — dann war ich im festlich Hellen.
Das festlich Helle, dachte ich, würde mich allein lasten. Aber als ich
fürchtend darin einging, umschloß es mich behütend wie das Dunkel.
Ich mußte nicht im Hellen bleiben — den kleinen Schritt konnte
ich zurücktun und mich dann weiter in das Dunkel zurückoerlieren.
Dort über den Gräberplatten kauerten meine Furchtgebete:
O Herr, erlöse mich vom Tod! — O Herr, erbarme Dich meiner
im Leid! — O Herr, erlöse mich von der Vergänglichkeit! —
Alle Gebete ohne Amen kauerten da. Folget mir! — sagte ich.
Sie hielten sich ängstlich an den grauen Füßen der Pfeiler.
Auf der beschatteten Treppe des hinteren Chores saßen mit
spitzgefalteten Händen meine Mühen: Was nun? — fragten sie
— was nun, o Herr? — Wohin, o Herr? — sage es! — Zeige
es! — Folget mir! — sagte ich.
In den tierköpfigen Chorstühlen verhüllten sich meine Zweifel:
Es ist dunkel... sagten sie — woher soll das Licht kommen?
Sende das Licht, o Herr!
Im äußersten Burgwinkel, ganz im Schwarz, kniete mein
Glaube: Alles ist Geheimnis — betete er — alles ist irrt Dunkel
empfangen — alles bleibe im Finstern wie Du, dunkler Gott!
— Folge mir! — sagte ich.
Dann wandte ich mich der Lichtseite zu und ging bis an die
Schwelle der Helle. Ich fühlte, daß die Düsterkeit aus dem Dunkel
mir tastend folgte. Nur ein kleiner Schritt trennte mich von dem
Licht.
Da rief es hinter mir: Laß uns im Dunkel! — Aber ich machte
den kleinen Schritt.
Seht — sagte ich —, hier ist alles Weite und Licht!
Da fühlte ich, wie der Raum in einer großen, weitgewordeneit
Umarmung das dunkle Gefolge meines Seins umschlang und es
an Lichtfäden mir in steile Höhe entführte. Und mit brausendem
Gloria in excelsis Deo hoben die Wände mich selber an ihrem
ungehemmten Aufstreben in den Raum. Elyabcth von Schmidt-Pauii
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