zuschritt, kam jählings ein ganz feines, gespensti-
sches Pfeifen über das Wasser und verfing sich wim-
mernd in dem Segel, um einige Sekunden später
gleich dem Heulen einer Turbine anzuschwellen. Janita
zitterte am ganzen Leibe, auch Frank wurde unruhig
und blickte nach dem giftig-gelben Wolkenband im
Westen. Im selben Augenblick stand der ganze Himmel
in Glut und Flammen, ein breiter, weit verästelter Blitz
stieß gleich einem Dolche vom Himmel her in das Herz
des Meeres, und während der aufspringende Sturm
unter den Keulen des Donners ächzte und tobte,
begannen die Wasser sich aufzubäumen und zu kochen.
Knirschend und schreiend bogen sich die dünnen Spanten
des Schiffes unter den anstllrmenden Wellen, und wäh-
rend das zerbrechliche Fahrzeug zwischen zwei gewaltigen
Wasserbergen zu ertrinken drohte, warf sich Janita mit
einem Angstschrei in die Arme des Mannes am Steuer.
Frank fing sie auf und bettete sie am Boden des Fahr-
zeugs derart, daß ihr Kopf auf seinem Schoße lag.
Ueber ihren Körper warf er eine feste, geteerte Decke,
von der das Wasser ablief, ohne sie zu durchdringen.
Sie sah gerade hinauf in seine Augen, die jetzt dunkel
und mitleidig waren, und nur manchmal flog sein Blick
über Boot, Meer und Himmel, während seine Hand
das Steuer nicht losließ.
Und indessen der Sturm zum Orkan anwuchs, die
Wellen donnernd und wütend das Schiff hin- und her-
schleuderten, während das Segel schon nach wenigen
Sekunden in Fetzen ins Weite, Unermeßliche trieb,
begann Frank zu reden.
„Janita," sagte Frank und lächelte traumverloren,
„liebe, kleine Janita. Weißt du noch, wie wir als
Kinder miteinander spielten? Sicher weißt du es noch —
obgleich es so unendlich lange her ist. Ich schau dich
im Geiste vor mir, wie du damals aussahst, als Zwölf-
jährige, so hübsch, so fein, so zärtlich. Und dein Gesicht
war von makelloser Reinheit. Alle haben dich so bewun-
dert, so geliebt. Ich am meisten, und auch dieses weißt du.
Fast zehn Jahre ist es her, und fast so lange haben
wir uns nicht gesehen. Ich habe trotzdem nicht auf-
gehört, dich zu lieben. Wenn du je daran hättest zweifeln
mögen, die zwei Monate, die uns der Zufall hier
zusammen durchleben ließ, müssen dich eines Besseren
belehrt haben. Ich weiß wohl, daß auch du mich liebst
— ich weiß es trotz deines Leugnens, trotz der häßlichen
und schlimmen Worte, die du mir zuweilen gabst. Ich
weiß es, obgleich du mich belächelst, mich vernachlässigst
und dich mit anderen Männern abgibst. Gewiß ist dies
nur Maske, aber es ist eine häßliche Maske, und
ich mag sie nicht. Janita, ich wollte dich so gern Wieder-
sehen, wie du als Kind warst, so ehrlich, so rein und
so schön. Sicher würdest du versprechen, mich zu heiraten,
wenn ich dich jetzt darum bäte — denn du liebst mich
ja. Aber du hast mir wehe getan in all diesen Wochen;
und du würdest mir wieder wehe tun. Janita, schöne
Janita, warum sollen wir uns wehe tun, da wir uns
lieben?"
Janita griff nach seiner Hand. Er streichelte sanft ihr
vom Meerwasser durchnäßtes Haar, ihr tränenfeuchtes
Antlitz. Sein Gesicht war jetzt sehr blaß. Schmerz stand
darin trotz des Lächelns, das auf seinen Lippen einfror.
„Janita," fing er wieder an und seine Stimme wurde
dunkel, „da nun der Sturm uns vor sich herträgt, dieser
Sturm, den ich ahnte, ohne von ihm zu wissen, ohne
.ihn zu fürchten, so erinnere ich mich eines Wunsches
I-eierobenck
Charles Tooby
sches Pfeifen über das Wasser und verfing sich wim-
mernd in dem Segel, um einige Sekunden später
gleich dem Heulen einer Turbine anzuschwellen. Janita
zitterte am ganzen Leibe, auch Frank wurde unruhig
und blickte nach dem giftig-gelben Wolkenband im
Westen. Im selben Augenblick stand der ganze Himmel
in Glut und Flammen, ein breiter, weit verästelter Blitz
stieß gleich einem Dolche vom Himmel her in das Herz
des Meeres, und während der aufspringende Sturm
unter den Keulen des Donners ächzte und tobte,
begannen die Wasser sich aufzubäumen und zu kochen.
Knirschend und schreiend bogen sich die dünnen Spanten
des Schiffes unter den anstllrmenden Wellen, und wäh-
rend das zerbrechliche Fahrzeug zwischen zwei gewaltigen
Wasserbergen zu ertrinken drohte, warf sich Janita mit
einem Angstschrei in die Arme des Mannes am Steuer.
Frank fing sie auf und bettete sie am Boden des Fahr-
zeugs derart, daß ihr Kopf auf seinem Schoße lag.
Ueber ihren Körper warf er eine feste, geteerte Decke,
von der das Wasser ablief, ohne sie zu durchdringen.
Sie sah gerade hinauf in seine Augen, die jetzt dunkel
und mitleidig waren, und nur manchmal flog sein Blick
über Boot, Meer und Himmel, während seine Hand
das Steuer nicht losließ.
Und indessen der Sturm zum Orkan anwuchs, die
Wellen donnernd und wütend das Schiff hin- und her-
schleuderten, während das Segel schon nach wenigen
Sekunden in Fetzen ins Weite, Unermeßliche trieb,
begann Frank zu reden.
„Janita," sagte Frank und lächelte traumverloren,
„liebe, kleine Janita. Weißt du noch, wie wir als
Kinder miteinander spielten? Sicher weißt du es noch —
obgleich es so unendlich lange her ist. Ich schau dich
im Geiste vor mir, wie du damals aussahst, als Zwölf-
jährige, so hübsch, so fein, so zärtlich. Und dein Gesicht
war von makelloser Reinheit. Alle haben dich so bewun-
dert, so geliebt. Ich am meisten, und auch dieses weißt du.
Fast zehn Jahre ist es her, und fast so lange haben
wir uns nicht gesehen. Ich habe trotzdem nicht auf-
gehört, dich zu lieben. Wenn du je daran hättest zweifeln
mögen, die zwei Monate, die uns der Zufall hier
zusammen durchleben ließ, müssen dich eines Besseren
belehrt haben. Ich weiß wohl, daß auch du mich liebst
— ich weiß es trotz deines Leugnens, trotz der häßlichen
und schlimmen Worte, die du mir zuweilen gabst. Ich
weiß es, obgleich du mich belächelst, mich vernachlässigst
und dich mit anderen Männern abgibst. Gewiß ist dies
nur Maske, aber es ist eine häßliche Maske, und
ich mag sie nicht. Janita, ich wollte dich so gern Wieder-
sehen, wie du als Kind warst, so ehrlich, so rein und
so schön. Sicher würdest du versprechen, mich zu heiraten,
wenn ich dich jetzt darum bäte — denn du liebst mich
ja. Aber du hast mir wehe getan in all diesen Wochen;
und du würdest mir wieder wehe tun. Janita, schöne
Janita, warum sollen wir uns wehe tun, da wir uns
lieben?"
Janita griff nach seiner Hand. Er streichelte sanft ihr
vom Meerwasser durchnäßtes Haar, ihr tränenfeuchtes
Antlitz. Sein Gesicht war jetzt sehr blaß. Schmerz stand
darin trotz des Lächelns, das auf seinen Lippen einfror.
„Janita," fing er wieder an und seine Stimme wurde
dunkel, „da nun der Sturm uns vor sich herträgt, dieser
Sturm, den ich ahnte, ohne von ihm zu wissen, ohne
.ihn zu fürchten, so erinnere ich mich eines Wunsches
I-eierobenck
Charles Tooby