Zeichnung von Richard Rost
.3n, sag' einmal, wo hast du denn den fabelhaften Tip hergehabt?"
.Sehr einfach, ich habe mir von allen Pferden das Horoskop besorgt."
DER ENTLOBUNGSGRUND
VON HANS FUNK
Herr Ja lob Rotwasser hat nur einen kleinen Fehler, der darin besteht,
daß er sich für eine Art geistigen Tausendkünstler hält, der zu jeder Zeit
mindestens drei Tätigkeiten auf einmal verrichten muß. So hat er die
üble Angewohnheit, daß er gleichzeitig Post erledigt, Besucher abfertigt
und im Klubsessel liegt, wobei seine allen Naturgesetzen hohnsprechenden
Beine auf dem Schreibtische die schönsten Jazzbandtakte improvisieren.
Um das Maß seiner Glüäseligkeit zum Ueberlaufen zu bringen, hat er
sich auch noch verlobt, doch konnte ihn dieser an und für sich unbestreitbar
hehre Umstand keineswegs veranlassen, seinen Lieblingstätigkeiten zu entsagen
und so kam es, daß er seinem
Schwiegervater in 8pe eines
Tages folgenden Brief schrieb,
der diesen erst in einen Zustand
hysterischer Gallenkiemenver-
stopfung, dann in einen Tob-
suchtsanfall versetzte.
Und schuld an all diesen un-
gemein schönen Dingen waren,
wie bereits verraten, die Lieb-
lingsgewohnheiten des Herrn
Rotwasser und die im Gegen-
sätze zu ihren körperlichen Vor-
zügen verkehrt proportionierten
geistigen Fähigkeiten seiner
Sekretärin. Zu allem Unglück
fiel auch noch das Diktat des
wohleinstudierten Briefes mit
der gleichzeitigen Abkanzlung
eines ihn eben besuchenden
Schreibmaschinenvertreters zu-
sammen:
Hochverehrter, teuerster
Schwiegerpapa!
Ihr freundl. Schreiben vom
23. d. M. habe ich erhalten und
sage Ihnen vor allem meinen
herzlichsten Dank hierfür. Es
freut mich natürlich ungeheuer
— Grüß Gott Herr Meier —
daß Sie mich demnächst mit
Emmy — Sie kommen gerade
zurecht, auf Sie Hab ich's schon
lange scharf — besuchen wol-
len. Gerade gestern sagte ich
zu Herrn Müller: Der Lackl
wenn mir ins Haus kommt,
der kann was erleben. Ich
bin Ihnen ja so unsagbar dank-
bar dafür, daß Sie mir die
Hand Ihrer Tochter überließen.
— Sie haben mir ja da einen
ganz schamlosen Schund auf-
gehängt. — Ich will Ihre
Tochter hegen und pflegen, will
sie wertschätzen, will sie hüten
wie einen Edelstein. — Gleich
bei der erstmaligen Benützung
ist das Ding nämlich schon
kaputtgegangen, an einen Wei-
terverkauf ist gar nicht zu denken
und Sie Lümmel haben auch
noch die Frechheit, bei mir vor-
zusprechen. — Mein heiligstes
Ehrenwort, ich will Ihre Toch-
ter glücklich machen, auf den
Händen will ich sie tragen. —
Richtig anfassen kann man das
Ding gar nicht, weil man be-
fürchten muß, daß man sich an
ihrem Farbband die Finger versaut. — Vielleicht bin ich dies große Glück
gar nicht wert, bin ein schlimmer Sünder gewesen in tollen Jugendjahren,
.bis ich ihre Tochter kennen und lieben lernte, nach meiner Verlobung mit
Emmy aber bin ich moralisch neu erstanden. — „Hinten und vorn springt
ja schon der Lack ab, so daß der Kasten nach kaum vierzehntägiger
Benutzung schon ausschaut — aber ich will nicht ordinär werden. —
Das Geschäft geht Gott sei Dank jetzt sehr gut, die Umsätze steigen
von Monat zu Monat, so daß meine liebe Emmy bei mir einem vollkommen
sorgenfreien Dasein entgegensetzen kann. — Am liebsten möchte ich Sie
in diesem Augenblick und auf dieser Stelle erschlagen und skalpieren. —
Ob ich Emmy liebe, ob ich sie glücklich machen werde, fragen Sie mich?
— Am liebsten würde ich Ihnen die Klapperschlange um Ihren Quadrat-
432
.3n, sag' einmal, wo hast du denn den fabelhaften Tip hergehabt?"
.Sehr einfach, ich habe mir von allen Pferden das Horoskop besorgt."
DER ENTLOBUNGSGRUND
VON HANS FUNK
Herr Ja lob Rotwasser hat nur einen kleinen Fehler, der darin besteht,
daß er sich für eine Art geistigen Tausendkünstler hält, der zu jeder Zeit
mindestens drei Tätigkeiten auf einmal verrichten muß. So hat er die
üble Angewohnheit, daß er gleichzeitig Post erledigt, Besucher abfertigt
und im Klubsessel liegt, wobei seine allen Naturgesetzen hohnsprechenden
Beine auf dem Schreibtische die schönsten Jazzbandtakte improvisieren.
Um das Maß seiner Glüäseligkeit zum Ueberlaufen zu bringen, hat er
sich auch noch verlobt, doch konnte ihn dieser an und für sich unbestreitbar
hehre Umstand keineswegs veranlassen, seinen Lieblingstätigkeiten zu entsagen
und so kam es, daß er seinem
Schwiegervater in 8pe eines
Tages folgenden Brief schrieb,
der diesen erst in einen Zustand
hysterischer Gallenkiemenver-
stopfung, dann in einen Tob-
suchtsanfall versetzte.
Und schuld an all diesen un-
gemein schönen Dingen waren,
wie bereits verraten, die Lieb-
lingsgewohnheiten des Herrn
Rotwasser und die im Gegen-
sätze zu ihren körperlichen Vor-
zügen verkehrt proportionierten
geistigen Fähigkeiten seiner
Sekretärin. Zu allem Unglück
fiel auch noch das Diktat des
wohleinstudierten Briefes mit
der gleichzeitigen Abkanzlung
eines ihn eben besuchenden
Schreibmaschinenvertreters zu-
sammen:
Hochverehrter, teuerster
Schwiegerpapa!
Ihr freundl. Schreiben vom
23. d. M. habe ich erhalten und
sage Ihnen vor allem meinen
herzlichsten Dank hierfür. Es
freut mich natürlich ungeheuer
— Grüß Gott Herr Meier —
daß Sie mich demnächst mit
Emmy — Sie kommen gerade
zurecht, auf Sie Hab ich's schon
lange scharf — besuchen wol-
len. Gerade gestern sagte ich
zu Herrn Müller: Der Lackl
wenn mir ins Haus kommt,
der kann was erleben. Ich
bin Ihnen ja so unsagbar dank-
bar dafür, daß Sie mir die
Hand Ihrer Tochter überließen.
— Sie haben mir ja da einen
ganz schamlosen Schund auf-
gehängt. — Ich will Ihre
Tochter hegen und pflegen, will
sie wertschätzen, will sie hüten
wie einen Edelstein. — Gleich
bei der erstmaligen Benützung
ist das Ding nämlich schon
kaputtgegangen, an einen Wei-
terverkauf ist gar nicht zu denken
und Sie Lümmel haben auch
noch die Frechheit, bei mir vor-
zusprechen. — Mein heiligstes
Ehrenwort, ich will Ihre Toch-
ter glücklich machen, auf den
Händen will ich sie tragen. —
Richtig anfassen kann man das
Ding gar nicht, weil man be-
fürchten muß, daß man sich an
ihrem Farbband die Finger versaut. — Vielleicht bin ich dies große Glück
gar nicht wert, bin ein schlimmer Sünder gewesen in tollen Jugendjahren,
.bis ich ihre Tochter kennen und lieben lernte, nach meiner Verlobung mit
Emmy aber bin ich moralisch neu erstanden. — „Hinten und vorn springt
ja schon der Lack ab, so daß der Kasten nach kaum vierzehntägiger
Benutzung schon ausschaut — aber ich will nicht ordinär werden. —
Das Geschäft geht Gott sei Dank jetzt sehr gut, die Umsätze steigen
von Monat zu Monat, so daß meine liebe Emmy bei mir einem vollkommen
sorgenfreien Dasein entgegensetzen kann. — Am liebsten möchte ich Sie
in diesem Augenblick und auf dieser Stelle erschlagen und skalpieren. —
Ob ich Emmy liebe, ob ich sie glücklich machen werde, fragen Sie mich?
— Am liebsten würde ich Ihnen die Klapperschlange um Ihren Quadrat-
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