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schädel herumhauen. — Mein hochverehrter Schwiegerpapa, Ihre Frage
ist vielleicht in bezug auf mein Vorleben berechtigt, nach meiner Bekannt-
schaft mit Emmy aber ist sie nicht mehr am Platze. Zwar ist Emmy manch-
mal ein klein wenig verschlossen mir gegenüber, — Warum haben Sie
mir auch nicht die bestellte und dreimal reklamierte Gebrauchsanweisung
eingesandt? — d och hoffe ich bestimmt, daß sie im Feuer meiner Liebe
und in der Sorgfalt meines Benehmens ihr gegenüber, auch diese kleine,
vorübergehende Reserviertheit fallen lassen wird. Manchmal allerdings
möchte ich ein klein wenig an ihr zweifeln. — Keine Sau kennt sich in ihrer
blödsinnigen Hebelanordnung aus, man weiß weder aus noch ein. —
Wo war ich doch? Richtig, beim Zweifeln — also zweifeln, doch sehe ich
mir dieses reizende Gesichtchen, diese seelenvollen Augen an, — Unterbrechen
Sie mich nicht und lassen Sie mich ausreden, sonst gibts Ohrfeigen —
dann weiß ich, daß ich mit ihr restlos glücklich sein werde. — Bis jetzt
habe ich noch absolut keinen Anhaltspunkt gefunden, wie soll man dann
damit vernünftig arbeiten können? — Emmy ist für mich die Krone der
Schöpfung, — Das Ding scheint ein Idiot in einem Zustande geistiger
Umnachtung erzeugt zu haben — das steht fest und nimmermehr will
ich von ihr lassen, jetzt, da ich sie nach so schwerer Mühe erobert habe. —
Warum habe ich mir aber auch nicht vier Wochen Probe und Ansicht
ausbedungen, die Retournierung hätte ich ja ganz gern auf mich genommen,
denn jeder anständige Mensch kann froh sein, wenn er den Kasten vom
Hals hat. — Ein Leben ohne Ihre Tochter kann ich mir gar nicht vor-
stellen. — Das alte Schrapnell bringt mich noch um das letzte Restchen
meines Arbeitsgeistes und macht mich reif fürs Irrenhaus. —

Es freut mich zu hören, daß Ihre Podagra etwas nachgelassen hat. —
Der Schlag soll Sie treffen, wenn Sie mir nicht sofort 25 Prozent Rabatt
gewähren. — Ich hörte kürzlich von einem hiesigen Arzte, der ein vor-

zügliches Mittel gegen diese Krankheit erfunden haben soll; — Rattengift
wäre das beste Mittel für Sie Ungeheuer — bei Ihrem Herkommen
können Sie ja den Arzt einmal konsultieren.

Meine besten Empfehlungen bitte ich auch Ihrer w. Frau Gemahlin
auszurichten, ich hoffe auch sie mobil und munter. — Ich bin mir noch
nicht ganz klar darüber, wie ich den alten Schraubendampfer umbringen
soll — bezahlen müßten ihn allerdings dann Sie. — Ich nehme an, daß
ich das Vergnügen haben werde, auch sie hier begrüßen zu können. —
Schon bei oberflächlicher Untersuchung ist mir ihr schlechter Rahmenbau
aufgefallen und gleich von Anbeginn der ganzen Geschichte hatte ich schon
eine gewisse undefinierbare Abneigung gegen ihre Maschinerie.

Ich erwarte Sie also bestimmt so bald als möglich, denn ich freue mich
schon gar so sehr darauf, meine geliebte Emmy wieder in meine Arme
schließen zu können. — Ich will mich also mit 20 Prozent Rabatt begnügen,
begaunert bin ich nun schon mal und so läßt sich eben nichts mehr daran
ändern. — Ich freu' mich ja schon so sehr auf ein Wiedersehn. — Drücken
Sie sich nun schleunigst und wenn Sie das nächste Mal wieder mit
ungeputzten Zähnen und Ihrem penetranten Mundgeruch zu mir kommen,
dann werfe ich Sie einfach raus.

In Achtung und Ergebenheit

Ihr zukünftiger Schwiegersohn
Jakob Rotwasser.

Zu den Gepflogenheiten des guten Rotwassers gehörte es auch, daß er
jeden Brief ohne ihn gelesen zu haben, mit seiner Unterschrift versah und
ihn der Sekretärin zur Weiterbehandlung überließ. — Das Unheil war
also nicht aufzuhalten.

Und wenn jemand noch an die Fortdauer dieser Verlobung glaubt, so
leidet er wahrscheinlich an krankhaft gesteigertem Optimismus.

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Friedrich (Fritz) Heubner: Fremdenverkehrssorgen
 
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