Brummen; wie sie jedoch aus dem Bette fahrend im Hemd
hinauskam, sah sie nur noch den beraubten und gerupften
Birnbaum, nichts mehr von dem Feind, der ihr den Jammer
angetan. Da wußte sie, daß es die leibhaftige Bosheit war,
die ihr so zusetzte, und ging eilends zum Priester, der bei der
"Kirche wohnte, sich Hilfe und Beistand zu erbitten.
Der Pfasf saß hinter dem Frühstückstisch, da sie eintrat, mit
einem bösen roten Gesicht. Da sie ihr Anliegen vorgebracht,
wurde er noch röter und schrie sie an: Unzüchtiges Weib, sollte
das die Strass fein für deine Unkeuschheit? — Das arme Weib
erschrak bis auf den Tod, daß jemand um ihre kleinen heimlichen
Tröstungen wußte, und sagte kleinlaut: Hochwürdiger Herr,
wem tu ich was zuleide? — Wem? brüllte er. Unseren Herrgott
beleidigst du in seine heilige Seele hinein durch dein liederliches
verbuhltes Wesen. — Da fühlte das Weib sich seltsam stark
werden in seinem Innern und sagte: Das glaub ich nicht,
Hochwürden, daß unser Herrgott einer armen Witfrau zürnt,
wenn sie ihrer brennenden Einsamkeit einen kleinen Trost sucht.
Alle Tugenden verlangt er nicht von uns. — Der Pfaff zeterte
noch ein Weilchen weiter, gab sich aber dann bereit, ihre Beichte
zu hören, absolvierte sie, nachdem er ihr harte Bußen auserlegt,
und befahl ihr, am nächsten Sonntag zur Kommunion zu
kommen. Was sie alles litt, weil ihr in Ansehung ihres Apfel-
baums, der demnächst in die Blüten kommen sollte, ein Plan
aufgestiegen war, wie sie sich geradewegs den Beistand Gottes
selber verschaffen könne, dem sie vertraute in ihrer seligen Sünde.
Als sie nun am Sonntag vor dem Altar stand, nahm sie
die Hostie heimlich aus dem Mund und verwahrte sie in den
Falten ihres Nockes. Und da am selben Mittag ihr Apfelbaum
sein weißrotes Frühlingskleid antat, stieg sie am Abend in den
Baum hinauf und legte die Hostie oben in die Krone, mitten
zwischen drei gegabelte Aestlein hinein. In der Nacht ward
es an ihrem Fenster plötzlich hell, als wäre draußen ein großes
Feuer angezündet; und dazu erklang ein feines süßes Singen,
Oie llrüebe Toni Ztsüler
468
hinauskam, sah sie nur noch den beraubten und gerupften
Birnbaum, nichts mehr von dem Feind, der ihr den Jammer
angetan. Da wußte sie, daß es die leibhaftige Bosheit war,
die ihr so zusetzte, und ging eilends zum Priester, der bei der
"Kirche wohnte, sich Hilfe und Beistand zu erbitten.
Der Pfasf saß hinter dem Frühstückstisch, da sie eintrat, mit
einem bösen roten Gesicht. Da sie ihr Anliegen vorgebracht,
wurde er noch röter und schrie sie an: Unzüchtiges Weib, sollte
das die Strass fein für deine Unkeuschheit? — Das arme Weib
erschrak bis auf den Tod, daß jemand um ihre kleinen heimlichen
Tröstungen wußte, und sagte kleinlaut: Hochwürdiger Herr,
wem tu ich was zuleide? — Wem? brüllte er. Unseren Herrgott
beleidigst du in seine heilige Seele hinein durch dein liederliches
verbuhltes Wesen. — Da fühlte das Weib sich seltsam stark
werden in seinem Innern und sagte: Das glaub ich nicht,
Hochwürden, daß unser Herrgott einer armen Witfrau zürnt,
wenn sie ihrer brennenden Einsamkeit einen kleinen Trost sucht.
Alle Tugenden verlangt er nicht von uns. — Der Pfaff zeterte
noch ein Weilchen weiter, gab sich aber dann bereit, ihre Beichte
zu hören, absolvierte sie, nachdem er ihr harte Bußen auserlegt,
und befahl ihr, am nächsten Sonntag zur Kommunion zu
kommen. Was sie alles litt, weil ihr in Ansehung ihres Apfel-
baums, der demnächst in die Blüten kommen sollte, ein Plan
aufgestiegen war, wie sie sich geradewegs den Beistand Gottes
selber verschaffen könne, dem sie vertraute in ihrer seligen Sünde.
Als sie nun am Sonntag vor dem Altar stand, nahm sie
die Hostie heimlich aus dem Mund und verwahrte sie in den
Falten ihres Nockes. Und da am selben Mittag ihr Apfelbaum
sein weißrotes Frühlingskleid antat, stieg sie am Abend in den
Baum hinauf und legte die Hostie oben in die Krone, mitten
zwischen drei gegabelte Aestlein hinein. In der Nacht ward
es an ihrem Fenster plötzlich hell, als wäre draußen ein großes
Feuer angezündet; und dazu erklang ein feines süßes Singen,
Oie llrüebe Toni Ztsüler
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