VIER
SONETTE
VON
KARL ADOLF MAYER
MIT ILLUSTRATIONEN VON
JOHANNES THIEL
I.
„Der eingebildete Kranke.“
Die Langeweile gähnt im Saal. Der Schwank
Wird hundeschlecht gespielt. Moliere vor allem
Mimt den Argan heut keinem zu Gefallen.
Gelächter: jemand schnarcht im zweiten Rang.
„Er ist mehr eingebildet, scheint’s, als krank!“
Kräht einer laut. Sie gröhlen. Pfiffe schallen.
„Blök deutlicher! Kein Schwein versteht dein Lallen.“
Ruft einer giftig von der letzten Bank.
Ein Ei klatscht auf die Bühne. „Schluck die Pille!“ ...
Doch plötzlich Schweigen. Nur des Kranken schrille
Gebrochne Worte flattern durch die Stille
Gleich wunden Vögeln hin. Ein Schrei voll Qual.
Er röchelt... stürzt. Sie merken auf einmal:
Ein dunkler Gast trat in den hellen Saal.
II.
Der Bischof und der König.
Der Hagre spricht und seine Stimme klingt
So scharf wie eine Klinge schneidet: „Nein!
Er bleibt gebannt. Kein Friedhof läßt ihn ein.“ —
Er hebt die Rechte, bischöflich beringt.
„Welch Ende, Sir! Begafft, verhöhnt, geschminkt,
In seinen letzten Worten noch gemein,
Taumelt er reulos in die Höllenpein;
Ein Narr, der sterbend noch dem Laster winkt.
Oft hat am trüben Brande seiner Kunst
Die Fackeln sich entzündet das Gelichter.
Wie schwelten Hohn, Empörung, geile Brunst... ! —
Der schlechte Komödiant, der schlecht're Dichter,
Nun liegt er stumm und Gottes ist der Sieg!“
Der König aber lächelte und schwieg.
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