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Zeichnung von Fr. Heubne

Zeitalter der Technik

„Die feinste Konstruktion, die es gibt — mein Herr..

„Gewiß, sehr nett, — ich möchte aber ne Frau mit 'nem ganz schwachen Motor, — meine
letzte Mechanische is mir bereits beim ersten Krach davongelaufen-!"

Man sieht: Bei der modernen Weiblichkeit, die
zwar in ihrem Anzug bzw. — Aufzug recht oft
über die Schnur haut, geht eben alles am —
Schnürchen!

Die „gestiefelte Dame", die in hohen russischen
Schaft-, in Cowboy- oder Jndianerstiefeln sogar
den Ballsaal betritt, ist gegenwärtig die „große
Mode"!

Daß unsere Frauen schon von jeher gern auf
großem — Fuße >ben, das ist der — Lauf dieser
(Damen-)Welt! nd daß die moderne Weib-
lichkeit, die auf e genen Füßen steht und auch
nachts noch f,f den Beinen ist, dabei einen
guten — Stiebel vertragen kann, ist ebenfalls
nichts neues für jeden, der weiß, wo sie der —
Schuh drückt. Aber jetzt hohe Russen-, Cowboy-
und Jndianerstiefel?! Wenn das man gut —
geht und nicht noch zu — spanischen Stiefeln —
führt! Sonst endet auch dieser Rausch mit
einem — (gestiefelten!) Kater!

Eine englische Tierärztin, die sich in Algier,
Tunis und Marokko der mißhandelten und ge-
quälten Esel, Maultiere und Kamele angenom-
men hat, richtete an alle tierliebenden und Mit-
leid gen Engländerinnen die Bitte, ihr abge-
tragene seidene Strümpfe zu überlassen zur An-

fertigung von schützenden Bandagen für die
Beine der nordafrikanischen Esel, die mangels
jeder ärztlichen Pflege besonders schwer unter
den Bissen der Fliegen zu leiden haben.

Warum erst in die Ferne schweifen, beste Frau
Hosali? Seidene Damenstrümpfe werden doch
gewiß in England selbst gebraucht, wenn auch
vielleicht nicht für Esel, so doch für junge —
Gänse und alte — Ziegen?!

Da sich die heutigen Frauen das Recht heraus-
nehmen, für ihre äußere Schönheit durch Puder
und Schminke in breitester Oeffentlichkeit, zum
Beispie" auch im Kolleg zu sorgen, holten nach
dem Grundsatz „Gleiches Recht für alle!" kürzlich
zwei Studenten der Universität California wäh-
rend der Vorlesung Rasiermesser, Pinsel, Streich-
riemen und Spiegel hervor und begannen, sich
umständlich zu rasieren.

Da die beiden für diese Protestaktion nicht nur
beim ganzen Auditorium Beifall ernteten, son-
dern auch von ihrem Professor ex catüscira
beglückwünscht wurden, wird erwogen, die Vor-
lesungen künftig der Einfachheit halber gleich in
den — Frisier-, Manicure- und Schönheitssalons
der Stadt stattfinden zu lassen. K i k i.

Ritus

Amerika importiert jährlich zu rituelle»
Zwecken große Mengen von heiligen
Wassern, ganz besonders aus dem Ganges.
Kürzlich wurden einige Dutzend Fässer
Rum beschlagnahmt und vernichtet, die bei
der Einfuhr als „Gangeswasser" deklariert
waren.

Es ist kein Spaß, kein Märchen oder Mythus:
Die Wassereinfuhr dient dem Zweck des Ritus!
Rach diesem soll Dollarien insgemein
Mit allen Wassern hübsch gewaschen sein!

Erklärlich ist zumal die Wahl des Ganges
In Anbetracht des heil'gen Sammeldranges,
Weil man in jenen Wässern hie und dann
Die feinsten Raritäten fischen kann!

Und sicher liegt selbst darin etwas Wahres,
Daß auf der Riesenreise von Benares,

Bis man den Hafen von Reuyork gewinnt,
Verwechslungen nicht ungebräuchlich sind.

Unglaublich aber, daß die frommen Jankees,
Wenn in dem Faß statt Dreck so ein Getränk is,
Es weder schwarz genießen noch verschieben,
— Was doch schon lange R i t u s ist da drüben!

J. A. Sowas.

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J. A. Sowas: Ritus
Friedrich (Fritz) Heubner: Zeitalter der Technik
 
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